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Auf gluehenden Kohlen

Auf gluehenden Kohlen

Titel: Auf gluehenden Kohlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phillip Margolin
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war?«
    »Ja«, sagte Brock, drehte sich zu Gary herum und lächelte ihm freundlich zu. Gary lächelte zurück. »War er als geistig behindert eingestuft?« »Ja.«
    »Wie hoch ist Garys IQ?« »Irgendwo zwischen 65 und 70.«
    »Wie hoch ist der IQ eines durchschnittlichen, normalen Menschen?« »Einhundert.«
    »Würde jemand mit einem durchschnittlichen IQ im College gut abschneiden?«
    »Nein. Die meisten College Studenten haben einen IQ von etwa 120.«
    »Mr. Brock, was unterscheidet Gary von jemandem mit einem durchschnittlichen IQ?«
    »Tja, wenn man sich ein Foto von ihm ansieht, würde man keinen Unterschied bemerken, aber wenn man sich mit Gary unterhält, stellt man nach einer Weile mehrere Dinge fest. Garys Sprache ist langsamer und weniger deutlich. Sein Wortschatz ist wesentlich kleiner. Auch seine Koordinations- und feinmotorischen Fähigkeiten sind plumper und weniger entwickelt. Gary lebt außerdem im Jetzt und Hier. Er hat nicht die Fähigkeit, Pläne zu machen, die sich sehr weit in die Zukunft erstrecken, und die Pläne, die er macht, werden vage und vielleicht unrealistisch sein.“
    Peter warf rasch einen Blick zu Gary hin über, aber der zeigte während dieser ganzen klinischen Erörterung seines Intelligenzniveaus keine Reaktion.
    »Was für Kurse hat Gary in der Schule belegt?« »Es waren sonderpädagogische Kurse, die Gary lebensnahe Fertigkeiten und berufliche Fähigkeiten vermitteln sollten. Er hat außerdem eine sehr elementare Ausbildung in Mathematik, Englisch und anderen Fächern erhalten, die normale Kinder erlernen.« »Hatte Gary einen individuellen Ausbildungsplan?« »Ja. Er wurde zum Hausmeister ausgebildet, und während er die High-School besuchte, arbeitete er mit dem Hausmeisterkollegium am College zusammen.«
    »War seine Leistung als Hausmeister zufriedenstellend?« »Ausgesprochen«, antwortete Brock begeistert. Gary setzte sich gerade hin und lächelte stolz. »An jeder Aufgabe, die man Gary stellt, arbeitet er sehr intensiv. Er braucht einige Zeit, bis er die Sachen versteht, aber er lässt nie nach im Versuch, eine Fertigkeit zu erlernen.«
    »Hat Gary irgendwelche Arbeiten für Sie erledigt?« »Ja. Er hat mich stets gefragt, ob er mir im Büro helfen könnte. Normalerweise sagte ich ihm nein, weil der Großteil der Arbeiten zu kompliziert für ihn war, aber bei Gelegenheit ließ ich ihn bestimmte Dinge fotokopieren, und großartig war er beim Briefe-kuvertieren.«
    »Ich habe gute Arbeit für Mr. Brock geleistet«, sagte Gary. »Darf ich um eine Sekunde bitte, Euer Ehren?« fragte Peter. Richter Kuffel nickte. Peter wandte sich seinem Mandanten zu und legte ihm eine Hand auf die Schulter.
    »Gary, wir haben schon mal drüber gesprochen«, sagte Peter ruhig. »Sie dürfen nicht sprechen, während ein Zeuge seine Aussage macht. Okay? Sie schreiben sich alles auf, was Sie für wichtig halten, und wir sprechen dann darüber. Aber reden Sie nicht jetzt.«
    »Es tut mir leid«, sagte Gary.
    »Mr. Brock, haben Sie Garys Schulakten?« führ Peter fort. »Ja«, sagte Brock und hielt einen Schnellhefter in die Höhe. »War Gary ein disziplinarisches Problem in der Eisenhower?“
    »Nein, Sir. Vielmehr finden sich nur sehr wenige negative Einträge in Garys Mappe.«
    »Neigen Kinder mit Garys Behinderung zu Streit?« »Nein. Im Gegenteil. Geistig behinderte Kinder neigen dazu, Streitigkeiten aus dem Weg zu gehen, auch wenn sie groß und stark wie Gary sind, es sei denn, sie kommen aus einer funktionsgestörten Familie und haben asoziale Merkmale entwickelt.« »Wie kommt das?«
    »Sie fühlen sich sogenannten normalen Menschen nicht gewachsen. Sie bekommen leicht Angst und glauben, sie brauchen eine Erlaubnis, um etwas zu tun.«
    »War Gary ein bösartiger oder aggressiver junger Mann in der Zeit auf der Eisenhower?«
    »Absolut nicht. Er war ungewöhnlich fügsam und sehr sensibel den Gefühlen anderer gegenüber. Ich will Ihnen ein Beispiel nennen. Gary liebt Football. Ich erinnere mich an ein Spiel, bei dem ein Mannschaftskamerad verletzt wurde. Geistig behinderte Kinder haben Empfindungen wie andere Menschen auch, aber es fällt ihnen schwerer, sie unter Kontrolle zu halten. Sie tragen sozusagen ihr Herz in der Hand. Ich erinnere mich, dass Gary in Tränen aufgelöst war, während der Coach sich um diesen Jungen kümmerte.« »Waren Sie als Fachmann für geistige Retardation und als jemand, der Gary persönlich kennt, überrascht, als Sie hörten, dass Gary dieser Mord zur

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