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Auf in den Urwald (German Edition)

Auf in den Urwald (German Edition)

Titel: Auf in den Urwald (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Waluszek
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mir die Augen zugefallen ...«
    Edek küsste Mirja noch einmal und stand dann auf.
    »Also bis morgen«, sagte er.
    »Bis morgen, schlaf gut.«
    »Du auch.«
    »Liebst du mich?«
    »Ja.«
    »Viel?«
    »Ganz viel.«
    Mirja lächelte traurig.
    »Soll ich noch bleiben?«, fragte Edek.
    »Ja, bleib. Bleib die ganze Nacht. Ich will hier nicht allein schlafen.«
    »Äh ...«, räusperte sich Edek. »Okay, ich hole nur Schlafanzug!«
    »Gut, aber beeil dich!«
    Wenige Augenblicke später war Edek schon wieder zurück.
    »Ich bin schon im Bett, komm schnell, mir ist so kalt!«, rief Mirja hinten aus dem Schlafabteil des Wohnwagens.
    Edek schloss die Tür ab und ging zu Mirja. Sie hatte sich bis zum Kinn zugedeckt und zitterte.
    »Mach schnell, ich erfriere!«
    »Klar ...«
    Edek löschte das Licht, legte die Jacke ab, knöpfte sein Hemd auf und zog es aus. Dann die Stiefel, die Hose und die Socken. Irgendwie war es hier plötzlich heiß im Wohnwagen. So als liefe noch die Heizung. Aber sie lief nicht. Auf einem Bein hüpfend, stieg Edek mit dem anderen in die Schlafanzughose hinein. Er schaffte es aber nicht. Ein Hosenbein des verdammten Schlafanzugs war auf unerklärliche Weise in das andere verkeilt, es ging nicht!
    »Edek?«
    »Ja?«
    »Lass alles weg und komm einfach so. So wird es viel schöner.«
    Edek blieb auf einem Bein wie eine Statue stehen.
    »Du meinst, ich soll ...«
    »Ja.« Mirja zog unter der Decke ihre Sachen aus und warf sie auf den Boden. »Du bist so nackt wie damals im Krankenhaus und ich wie im Planschbecken. Komm jetzt schnell!«
    »Äh, genau, wie in Planschbecken ...«
    Edek warf die mittlerweile hoffnungslos verknotete Schlafanzughose hinter sich, zog sich ganz aus und stieg unter die Bettdecke.
    »Komm näher ...«
    Edek rückte vorsichtig näher an Mirja heran.
    »Noch näher!«
    Edek schob sich noch näher heran, bis er ihre Haut spürte. Sie war so unglaublich weich, dass es ihm beinahe den Atem verschlug.
    »Du bist ja ganz heiß!«
    »Ich bin immer so heiß wie Ofen in warme Stube«, meinte Edek.
    »Das ist schön!«
    »Das ist wie bei Engel in Himmel!« Edek umfasste Mirja und zog sie so fest an sich heran, bis sie sich ganz in ihm verkuschelt hatte.
    »Wie im Sommer in der warmen Sonne«, flüsterte Mirja.
    »Mhm.«
    Edek schloss die Augen und atmete nur ganz vorsichtig.
    »Weißt du was, Edek?«, fragte Mirja nach einer Weile.
    »Nein.«
    »Vielleicht schaffen wir es doch.«
    »Klar, hab ich schon immer gesagt.«
    »Wenn es Vater wieder besser geht, fahr ich noch mal nach Renzberg und rede mit der Sparkasse.«
    »Wenn der Mensch will, kommt Glück von allein.«
    »So wie jetzt?«
    »So wie jetzt.«
    Mirja drehte sich um und gab Edek einen Kuss.
    »Schlaf gut«, sagte sie.
    »Ich hab schon Augen zu«, sagte Edek. »Und ich schlafe.«
    Aber das war nur so gesagt, denn einschlafen konnte er nicht. Ganz im Gegenteil: Er war plötzlich hellwach und hatte das Gefühl, er könnte losfliegen und für Mirja die Welt aus den Angeln heben, als sei sie nur ein kleiner Tischtennisball. Er würde schon dafür sorgen, dass sie wieder glücklich wurde. Und wenn er dem Jeschke den Revolver an den Kopf hielt und ihn zwang, das ganze Geld herauszurücken, all die Tausender, die er mit seinen krummen Geschäften verdiente, dieser Bandit! Und überhaupt – sollte er sich noch ein einziges Mal an der Geisterbahn vergreifen oder Mirjas Vater mit den Schulden erpressen, dann würde ihn Edek endgültig zerquetschen. Wie eine Wanze. Und dann würde Mirja erkennen, wie sehr er sie liebte. Und dass er der Größte war. Er, der kleine große Gringo Edek.
     

Der größte Gringo
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     

     

· 1 ·
     
    E dek stellte die Kasse auf den Wohnwagentisch und schloss das Handy an das Ladegerät an. Dann schaute er im Kühlschrank nach und in den Schränken. Außer einem kleinen Stück Brot, einem fast leeren Glas Marmelade und zwei Tüten Suppe fand er nichts. Sein Magen knurrte. Mirja hatte gestern recht gehabt. Trotz des Montags war noch so viel Publikum zur Kirmes gekommen, dass Edek und Wilfried pausenlos beschäftigt waren und keiner von beiden auch nur für eine Minute seinen Platz verlassen konnte.
    Edek warf einen Blick auf die Uhr. Es war Viertel nach zehn. Um halb acht hatte Mirja angerufen und gesagt, ihr Vater sei jetzt nicht mehr auf der Intensivstation, es gehe ihm aber immer noch sehr schlecht. Sie wolle jedenfalls erst mit dem letzten Bus fahren und Edek solle nicht

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