Auf in den Urwald (German Edition)
einem spöttischen Grinsen verzog. »So trifft man sich wieder!«
»Ach, du«, sagte Edek, erleichtert darüber, dass es nur Berthold war.
»Ja, ich! Ich soll dir noch schöne Grüße bestellen.«
»Von wem?«
»Du weißt schon, von wem!«
»Weiß nicht«, sagte Edek knapp. Er hatte keine große Lust, sich mit Berthold zu unterhalten.
»Wirst du aber gleich wissen, wenn du eine auf die blöde Schnauze kriegst!« Berthold spuckte zu Boden. Das Grinsen aus seinem Gesicht war verschwunden und er hatte die Hände aus den Hosentaschen gezogen.
Edek wurde wach. Ganz offensichtlich hatte sich heute Abend die Welt gegen ihn verschworen. Aber wenn Jeschke und Berthold glaubten, ihn, Edek, einfach so fertigmachen zu können, dann hatten sie sich gewaltig verrechnet! Bei seinem Onkel in Texas war er schon mit ganz anderen Banditen fertig geworden.
»Okay«, sagte Edek. »Machen wir Kampf wie richtige Gringos. Ich zieh nur Jacke aus, damit sie nicht wird dreckig von deine Blut!«
»Jacke aus?«, meinte Berthold überrascht.
»Genau«, sagte Edek, zog die Jacke aus und warf sie hinter sich. »Und Schuhe aus!«
»Schuhe aus?« Berthold glaubte, sich verhört zu haben.
»Genau. Bei meine Onkel in Texas Gringos kämpfen immer ohne Schuhe!« Edek bückte sich.
Eine Sekunde später lag Berthold auf dem Boden. Edek hatte ihm blitzartig den Kopf in den Bauch gerammt, sich auf ihn gestürzt, saß nun rittlings auf seinem Brustkorb und drückte ihm mit den Beinen die Arme zu Boden.
»Gringos kämpfen immer ohne Schuhe«, keuchte er, »und immer ohne Haare!« Er packte Berthold an den Haaren und zog, bis dieser vor Schmerz aufjaulte. »Nicht so laut, Berthold. Kommt noch Jeschke und lacht sich tot. Sag leise: ›Ich will nicht mit Edek kämpfen!‹«
»Ich will nicht mit Edek kämpfen!«, schrie Berthold los, weil ihn Edek noch einmal mit aller Kraft an den Haaren zog.
»Leise, Berthold! Sag leise: ›Ich will nicht mehr mit Edek kämpfen!‹«
»Ich will nicht mehr mit Edek kämpfen«, flüsterte Berthold, obwohl ihm der Schmerz die Tränen in die Augen trieb.
»Weil Edek ist bessere Gringo!«
»Weil Edek ist besserer Gringo!«
»Du bist ein lieber Berthold«, meinte Edek. »Und jetzt geh zurück zu Jeschke und sag: ›Schöne Grüße von Edek!‹ Vielleicht schenkt er dir dann neue Kamm für deine schöne Haare!«
Edek ließ los und richtete sich auf. Das war ein Fehler. Noch ehe er begreifen konnte, was geschah, packte ihn Berthold an den Armen, bäumte sich auf und schleuderte ihn über sich hinweg. Edek wollte sich wegdrehen, aber Berthold war schneller. Er warf sich auf ihn, packte ihn mit der linken Hand an der Kehle und drückte ihn zu Boden.
»Du kleine Scheißratte«, japste er, »ich mach dich jetzt fertig! Ich mach Hackfleisch aus dir!« In seiner Rechten blitzte das Springmesser auf.
Edeks Herz blieb stehen. Er versuchte, sich aufzurichten, aber vergeblich. Berthold drückte ihm so stark die Kehle zu, dass Edek zu röcheln begann. Helle Funken leuchteten vor seinen Augen auf. Er hatte verloren! Schon näherte sich das spitze Messer seinem Gesicht ...
Plötzlich zuckte Berthold, als schüttele ihn ein Erdbeben, dann wurde er wie von einer riesigen Kraft zum Himmel emporgehoben.
Edek bekam wieder Luft. Noch tanzten vor seinen Augen die Funken wie helle Mücken. Aber dann sah er ihn immer deutlicher. Wilfried! Es war Wilfried! Er hatte Berthold an einem Bein hochgerissen und dieser zappelte jetzt, mit dem Kopf nach unten hängend, hoch in der Luft und ruderte hilflos mit den Armen.
Edek rappelte sich auf. Seine Kehle schmerzte und ihm war schwindelig.
»Lass los, du Scheißkerl«, fluchte Berthold. »Lass los!«
Aber Wilfried ließ nicht los. Sicherheitshalber hob er Berthold sogar noch ein Stückchen an.
»Au, mein Bein! Lass los!« Berthold wand sich wie ein gefangener, riesiger Vogel.
»Lass ihn los, Wilfried«, sagte Edek. Seine Zunge fühlte sich wie ein trockenes Stück Holz an.
Wilfried gehorchte und ließ los. Der völlig überraschte Berthold sauste wie ein abgeschnittener Sack nach unten. Es gelang ihm nicht mehr, sein Gesicht wegzudrehen, bevor er der Länge nach hinschlug. Er war auf etwas Hartes gefallen. Auf einen Stein. Und in seinem Mund hatte etwas geknackt. Berthold rappelte sich auf.
Er befühlte mit der Zunge die riesengroße Lücke, die in seinem Oberkiefer klaffte. »Wo ist mein Zahn? Mein Zahn ist weg!«, jammerte er. Verzweifelt begann er, seinen abgebrochenen Zahn zu
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