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Auf in den Urwald (German Edition)

Auf in den Urwald (German Edition)

Titel: Auf in den Urwald (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Waluszek
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Frage von Minuten. Edek schaute noch einmal auf die Uhr. Es war zehn nach neun und der Mann wollte nicht Schluss machen. Edek fluchte. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als zur Geisterbahn zurückzulaufen und kurz nach dem Rechten zu schauen.
    Nachdem er sich dort durch einen Kontrollgang vergewissert hatte, dass alles problemlos lief, gelang es ihm zwanzig vor zehn, sich noch einmal in Richtung der Telefonsäule wegzuschleichen. Diesmal, das sah er schon von Weitem, war niemand dort. Edek rannte los und stürzte völlig außer Atem an den Apparat.
    Er hob den Hörer ab und steckte die Karte ein. Er wählte die erste Nummer, dann hängte er wieder ein. Er war noch nicht bereit. Er musste sich erst kurz beruhigen. Sein Atem ging noch zu schwer, so konnte er nicht sprechen und schon gar nicht gelassen.
    Eine Zeit lang versuchte Edek, langsamer zu atmen, dann merkte er, dass er es nicht schaffte. Er war zu aufgeregt. Das Hin und Her wegen des Fetten hatte ihn aus der Bahn geworfen und nun lief ihm auch noch die Zeit davon. Gleich musste er wieder an der Geisterbahn zurück sein, denn um zehn Uhr war Schluss.
    Edek wählte. Am anderen Ende meldete sich Vanessa Jagenberg.
    »Hier ich«, sagte Edek wie gewohnt, nur dass heute seine tiefe Stimme nicht so richtig funktionieren wollte. »Geld bringen Sie morgen um zwölf Uhr nach Lüdinghoven. Sie fahren Oberkasseler Straße ...«
    »Einen Moment, Herr Stermann!«, unterbrach ihn Vanessa Jagenberg heftig. »Ich muss mir das aufschreiben, damit ich nichts falsch mache!«
    Der Hörer wurde hart auf den Tisch gelegt, dann war Vanessa Jagenberg wieder dran.
    »Sprechen Sie langsam und vor allem lauter, ich kann bei dem Krach kaum etwas verstehen!«, sagte sie ziemlich bestimmt.
    »Gut«, rief Edek in den Hörer. »Schreiben Sie: Oberkasseler Straße, und dann ...«
    »Moment«, unterbrach ihn Vanessa Jagenberg schon wieder, »in Lüdinghoven, sagten Sie?«
    »Ja.« Edek wurde ungeduldig. Wollte Vanessa Jagenberg das Gespräch künstlich verzögern? Hatte sie irgendwelche Hintergedanken? »Schreiben Sie schnell, ich hab wenig Zeit!«
    »Ja, weiter!«
    »Wenn Oberkasseler Straße zu Ende kommt, äh, kommt Allee, mit ... mit komischer Name ...« Verflucht. Edek hatte den Namen vergessen, es war nicht zu fassen!
    »Sie meinen sicher Lützchens Allee«, half ihm Vanessa Jagenberg.
    »Genau, Lützchens und so weiter. Sie parken Auto und gehen geradeaus weiter. Dann kommt Wald.«
    »Ja, ich kenne den Wald, man kann dort schön spazieren.«
    »Ja, spazieren ...« Edek stutzte. Die Unterhaltung mit Vanessa Jagenberg gefiel ihm nicht. Ganz und gar nicht. »Jetzt schnell weiter«, befahl er entschieden. »Sie gehen in Wald und biegen erste Weg links ein. Dann geradeaus. Dann kommt Bach. Dann rechts, kommt See. Dort warten Sie und ich komme!«
    »Gut, alles klar. Den Bach und den See kenne ich. Und wie erkenne ich Sie?«
    »Gar nicht!« Edek hatte sich wieder im Griff. Darüber hatte er sich in seinem perfekten Plan natürlich schon jede Menge Gedanken gemacht. »Sie kommen mit große Koffer und warten. Und dann komme ich und nehme Koffer!«
    »Selbstverständlich«, sagte Vanessa Jagenberg. »Ich schlage vor, die Übergabe erfolgt Zug um Zug. Erst bekommen Sie den Koffer und führen mich zu der Leiche von Ludwig. Dann zählen Sie das Geld nach und anschließend findet der Austausch von Wilfried statt.«
    Zug um Zug? Austausch von Wilfried? Edek glaubte, sich verhört zu haben.
    »Nichts Zug um Zug«, sagte er. »Ich nehme Koffer und zähle Geld später nach, und wenn alles ist in Ordnung, dann sage ich, wo Wilfried und sein tote Onkel sind!«
    »Sie scherzen, Herr Stermann«, sagte Vanessa Jagenberg und lachte kurz auf. »Sie glauben doch wohl nicht, dass ich Ihnen einfach so die drei Millionen übergebe? Ich brauche Beweise.«
    »Keine Beweise!«, sagte Edek. Die Frau machte ihn wütend. So hatte er sich die ganze Sache auf keinen Fall vorgestellt. Sollte er etwa Wilfried und den toten Onkel am helllichten Tage auf den Tieflader packen und mitnehmen?
    »Dann gibt es kein Geld. Weiß ich, ob Sie überhaupt die Leiche meines Schwagers besitzen? Die Leiche ist das Mindeste, was Sie mir als Beweis liefern müssen!«
    »Keine Leiche, kein Wilfried!«, rief Edek in den Hörer.
    »Dann bin ich eher geneigt, die Sache der Polizei zu übergeben. Oder glauben Sie, dass ich mich von einem dahergelaufenen Kriminellen einfach so übers Ohr hauen lasse?«
    »Nein, keine Polizei«, erschrak Edek.

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