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Auf Inseln (German Edition)

Auf Inseln (German Edition)

Titel: Auf Inseln (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcel von Treppen
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und Erde vermutet, die er erleben will. Womöglich wird er Florence um ein Schlafmittel bitten, weil er sich nicht vorstellen kann, bei dieser unerträglichen Nüchternheit einschlafen zu können. Es kann sich nicht vorstellen, dass er in der kommenden Verfassung seine Freunde sehen will. Im Grunde genommen ist er krankgeschrieben und kann sich die Zeit vertreiben, Löcher in die Wand starren oder die Sterne zählen, die man vom Panoramafenster mit bloßem Auge erkennen kann. Die Sonne mit ihrer Erde ist nicht dabei. Wird er sich an die Nüchternheit gewöhnen können? Es liegt Jahre zurück. Da hatte er dies auf sich genommen, um bei einer Expedition dabei sein zu können. Es war eine Nüchternheit auf Zeit, nicht länger als ein viertel Jahr. Paul hatte ihn begleitet und malte sich aus, wie es sei, wenn man wieder trinken könnte. Seine Leber wird vielleicht Jahre brauchen, um sich von ihrem Schaden zu erholen. Robert ist etwas gruselig zumute. Wie werden die nächsten Tage sein? Schweißausbrüche werden kommen, womöglich fällt er in ein Delirium. Niemand wird ihm Händchen halten, wenn es ihm so richtig dreckig geht. Und nach allem wird die Sinnkrise kommen, die von der Nüchternheit impliziert ist. Zuerst wird es ihm so dreckig gehen, dass Fragen nach Sinn und Sinnlosigkeit irrelevant sind. Aber nach Schweiß und Zittern wird die Leere kommen, die unzensierte Sicht auf ein unerträgliches Leben. Warum ist sein Leben unerträglich? Weil jemand wie Vanessa dort keinen Platz hat? Die Alkoholikerseele hat sich über die Jahre soweit gehend entfaltet, dass womöglich auch ein Leben mit Vanessa, aber ohne Alkohol sinnentleert erscheint. Das Leben unter Alkohol ist insofern nicht sinnentleert, da unter dem Einfluss von Alkohol viel weniger ein Bedürfnis nach Sinn besteht. Nüchternheit wird zur Sinnleere, so wie der leere Raum alleine sinnlos ist. Die erhöhte Sensibilität der Nüchternheit ist gnadenlos, da sie zuerst nichts anderes wahrnimmt als sinnbefreite Leere. Die Objekte im Raum zeigen ihren sinnlosen Charakter. Dies sind denn alles schon Gedanken von Robert, die ein nie Alkohol abhängiger in der Regel nicht nachvollziehen könnte. Er erinnert sich an den letzten Tag, an die kleine Chance, die sich auftat. Vanessa ist großartig. Robert greift zu einer Zigarette, die ihn mit ihrem Feuer, ihren Rauchkringel, mit dem in die Lunge eingezogenen Rauch, dessen Wirkstoff schnell ins Blut übergehen, ablenkt. Er bläst Rauchkringel und denkt über die Vergänglichkeit der Welt nach. Er wird keine Erlösung finden. Die Kirche hat ihm nie versprochen, dass er in ein Paradies kommt, indem er ohne Ende saufen kann. Womöglich wird im Paradies gevögelt – Jungfrauen wurden versprochen – aber das im Paradies gesoffen wird, hat Robert noch nicht gehört. Wie soll man sich das Paradies vorstellen, wenn man sich in einer Art Hölle befindet? Folter, Hunger, Schmerzen und Krankheiten sind das Sinnbild der gewöhnlichen Hölle. Robert hungert nicht, ist schmerzfrei, wird nicht gefoltert, nicht gedemütigt, zumindest nicht direkt, ist allerdings leberkrank, was seine allgemeine Befindlichkeit verschlechtert, befindet sich aber, wenn man ihm glaubt, in einer Art Hölle, zumindest Vorhölle, deren Präsenz er nun mit Alkohol nicht verdrängen kann. Eine weitere Zigarette ist nötig. Er wird wohl in der nächsten Zeit sehr viel rauchen. Unter Einfluss von Alkohol hat er allerdings auch zu viel geraucht. Robert vertreibt sich mit der Art Gedanken die Zeit. Er möchte nicht an Vanessa denken, sich nicht ihren Körper vorstellen. Es nähert sich die Uhrzeit, zu der er gewöhnlich den ersten Drink zu sich nehmen würde. Vielleicht muss er sich irgendwie ablenken, aber er hat im Grunde zu nichts Lust. Die Arbeit, die er an Bord hat, kann ihn nicht ausfüllen. Zigaretten können nicht hinreichend genug ablenken. Trotzdem muss eine weitere her. Wie wird die Freundschaft zu Paul, der weitertrinken darf? Wird er ihn angetrunken neben sich ertragen? Die sinnlose Zeit wird es zeigen. Robert versteht langsam, dass sich seine Gedanken im Kreise drehen. Vielleicht sollte er sich zum Panoramafenster begeben. Möglicherweise bekommen seine Gedanken dann eine philosophische Note; rauchen kann er da ohne Ende. Er nimmt einen starken Tee, isst ein wenig, greift sich Wasser zum Trinken, seine Zigaretten und will seine Kabine verlassen, aber erblickt rechtzeitig den kreischenden Affen mit dem Messer, kriegt noch rechtzeitig die Tür zu, ist

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