Auf Inseln (German Edition)
geprüft, wie wir sein würden. Paul interessierte das Thema Aurelia sehr, das Geheimnis direkt in unserer kosmischen Nachbarschaft. Was verbarg sich dort? In seinen jungen Jahren war Paul etwas stürmisch in seinen Ansichten. Er diskutierte mit mir offen über seine Ideen, die Kontinente zu erobern und selbstverständlich wollte er auch Aurelia erobern, als ein Platz, wo die Menschheit Milliarden Jahre überleben konnte. Wie naiv! Unsere Rasse würde keine weiteren hunderttausend Jahre überleben, da war ich mir sicher. Die einzige Chance für die Menschheit für die Menschheit länger zu überleben, war kulturell auf Steinzeitniveau zurückzufallen und zu bleiben. Auch wir würden das Tabu brechen. Mich reizte der Gedanke auch, dass der Planet Aurelia, würde sich seine Bahn um Helena nicht wesentlich ändern, Hort von Leben sein könnte, wenn unsere Sonne längst verloschen war. Aber irgendwann hat alles ein Ende in diesem Universum, das nach den Gesetzen der Entropie funktionieren muss. Die Gesellschaftsform von New Avignon neigte dazu, bestimmte Dinge unter den Teppich zu kehren. Eine Gesellschaft, deren Geschick in Gottes Händen lag, musste nicht alles wissen. Meines Erachtens hätte die Gesellschaft von New Havanna expansiver sein müssen, vom Fortschrittsglauben beseelt. Aber auch sie hatten Angst. Hinter allem lag eine tiefe Angst, es könne sich in Aurelia etwas verbergen, gegen das eine aggressive Menschheit keine Chance hatte. Über den Zusammenhang zwischen den Aborigines und Aurelia konnte nur wild spekuliert werden; es bestand die Möglichkeit eines Zusammenhangs. Nicht immer waren die Religionen so vernünftig. Mit Gott an seiner Seite eroberte der Islam, eine der wichtigsten Religionen der Erde, mehrere Kontinente. Dieses Gottvertrauen hatten unsere Bischöfe hier nicht und das war gut so. Ein Paul konnte das nicht verstehen. Der Kompromiss war eine friedliche Mission nach Aurelia, sie konnte Aufklärung bringen. Aber wie konnte man die Friedfertigkeit einer Mission beweisen. Es musste in einer universalen Sprache, in einer universalen Logik geschehen. Im Grunde war ich ein Freund des Lebens. Ich mochte den Gedanken, dass das Universum belebt war, mit vielen Wesenheiten, die sich bewusst waren in einem Universum oder was auch immer, zu leben. Wesenheiten, die sich letztendlich nach darwinistischen Regeln entwickelt hatten: die letztlich Kontrolle über ihre Umwelt und den Selektionsdruck hatten. Dann musste so eine Art Metadarwinismus einsetzen. Ich war zwar auch eine Wesenheit, aber gelegentliche Bauchkrämpfe, ein verkaterter Kopf, mein sexueller Trieb, die Fürze, die ich noch in die Welt setzen würde, erinnerten mich daran, dass ich nicht sonderlich weit entwickelt war. Die Bischöfe verkündeten lauthals, wir, also auch ich, wären die Krone der Schöpfung. Andererseits hatten sie Angst vor Aurelia und selbst vor den Aborigines, die über keine erkennbare Industrie verfügten und in primitiven Lehmhütten lebten. Ich fragte mich, ob das Größte, was die Menschheit hervor gebracht hatte, die platonische Liebe und die reine Ästhetik, von universalem Charakter waren. Zweifellos haben auch diese Dinge etwas mit Evolution und Darwinismus zu tun. Sexuelle Liebe, Mutterliebe und Weggefährtenschaft waren der primitive Nährboden für die platonische Liebe, die mehr ist als eine Idee. Welcher körpereigene Drogencocktail war für sie verantwortlich? Es gab eine Linie vom Gefieder eines Pfaus zu einem Sinn für Schönheit, bis zur Entwicklung eines ästhetischen Empfindens. Ich konnte mir gut vorstellen, dass Mathematik und Logik universell waren, aber lohnte es sich, ihretwegen zu leben? Was war Freude? Die Freude an einem Fleischschmaus wurde zu einer Freude über einen ästhetischen Entwurf. Ästhetik beinhaltete vielleicht sogar Freude. Ethik konnte sich in vielfacher Weise im Universum entwickeln. Vielleicht war es in der Galaxis en vogue, die Anderen zu quälen und zu fressen. Ethik entwickelte sich direkt aus dem Darwinismus, gehorchte einer inneren Logik, war letztendlich eine Strategie auf seine Umwelt zu reagieren. Ich verblüffte Paul manchmal mit meinen Ansichten, wobei ich mied zu betonen, dass platonische Liebe mir von hohem Wert war, ich, der sich, all abendlich in den Kneipen besoff und dessen Blicke sich an Messdienerinnenausschnitte heftete. Hedonismus, Opportunismus, Scheinheiligkeit gehörten zu meinen ethischen Mitteln, was nicht bedeuten sollte, dass ich nicht zu Größerem
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