Auf nassen Straßen
Rauschgifthändler, einmal hinter feste Gardinen zu kommen.
»Warum zögern Sie, Monsieur?« fragte Domaine freundlich.
»Sie verlangen etwas, was bisher noch nie in der Binnenschiffahrt geschehen ist. Ich soll eine übernommene Fracht einfach ausladen! Das geht gegen alle Schiffermoral.«
»Ihre Moral wiegen wir mit Gold auf! Genügt das nicht?«
Jochen Baumgart zögerte. Domaine spürte dieses Schwinden des Widerstandes. Er füllte den Scheck aus und schob – nachdem er das Blatt herausgerissen hatte – den Scheck zu Jochen Baumgart hin.
»Bitte!«
Willke las die Zahl und hielt den Atem an. Baumgart sprach das aus, was er dachte.
»Sie sind verrückt, Herr …«
»Domaine. Pierre Domaine.«
»Ich bitte um Bedenkzeit.«
»Bis morgen früh. Am Mittag müssen wir verladen.«
Domaine erhob sich. Den Scheck ließ er auf dem Tisch liegen. Baumgart nahm ihn und hielt ihn Domaine hin.
»Ihr Papierchen.«
»Ich lasse es Ihnen da. Als Anschauungsmaterial und als Anreiz. Sie können es auch verbrennen – ganz wie Sie wollen. Sie sollen sehen, daß wir großzügig sind, um mit einem Mann wie Ihnen in ein Geschäft zu kommen.«
Baumgart begleitete die beiden Besucher bis an das Fallreep.
Nachdenklich, nach einem Entschluß ringend, ging Jochen Baumgart zurück in seine Privaträume. Mit Betty, die er fragte, konnte er nicht darüber sprechen. Sie hatte sich ins Bett gelegt und behauptete, sie habe eine tolle Migräne und könne keinen Gedanken fassen.
Als er ihr Zimmer verließ, weinte sie in die Kissen hinein. Aber sie war zu feige, ihm die Wahrheit über die Firma ›Transocean‹ zu sagen.
Am Abend fragte er beim Binnenschiffahrtsamt Duisburg an, wo die ›Guter Weg‹ sei. Man wußte es nicht genau … Sie hatte Fracht nach Ludwigshafen, das wußte man. Was von Ludwigshafen aus geschehen war, wußte niemand.
Jochen Baumgart rief die Ludwigshafener Hafenbehörde an. Von ihr erfuhr er, daß die ›Guter Weg‹ im Hafen lag und wie viele Schiffe auf das Wunder eines neuen Auftrages wartete.
Dieses Wunder schaffte Baumgart. Er gab ein Telegramm auf.
»Sofort nach Köln-Hafen kommen. Übernahme einer Ladung nach Stuttgart. Ladung liegt bereit im Hafen. F.«
Das F. bedeutete ›Fidelitas‹. Und weil er wußte, daß es niemand deuten würde, war er zufrieden.
In Ludwigshafen wurde das Telegramm zwei Stunden später durch einen radfahrenden Postboten an Deck der ›Guter Weg‹ gebracht. Der alte Baumgart riß selbst den Umschlag auf und las das Telegramm laut vor. Dann setzte er sich und starrte auf das Blatt Papier.
»Wer ist F.?« fragte er. »Wer schickt solch ein Telegramm? Keine Firma, keine Angaben, das ist ein übler Scherz!«
Er wollte das Telegramm schon zerreißen und in den Ofen werfen, als Hannes ihm das Papier aus der Hand nahm. Er las es noch einmal durch und schüttelte den Kopf.
»Aufgegeben im Hauptpostamt Köln. Ich glaube nicht, daß es ein übler Streich ist.«
»Wir bleiben in Ludwigshafen, bis ein reelles Angebot kommt! Basta!«
Erna Baumgart hob die Schultern, als ihr Sohn sie ansah. Wenn der Vater basta sagte, gab es keine Diskussion mehr. Sie kannte das aus dreißig Jahren Ehe.
In der Nacht, als der alte Baumgart schlief, legte die ›Guter Weg‹ ab. Mit gedrosselten Maschinen, mit halber Kraft, ganz langsam schob sich das alte Schiff aus dem Hafen hinaus in den breiten und nachtdunklen Rhein. Die Eisschollen krachten leise an die Bordwand. In einen dicken Mantel gehüllt, stand Irene an der Bordwand und stieß mit einer langen Stange die herantreibenden Eisschollen weg.
Langsam erst, dann schneller mit der Strömung, trieb die ›Guter Weg‹ den breiten Fluß hinab in Richtung Köln.
Während die ›Guter Weg‹ die Nacht durch nach Köln fuhr, erlebte der Kölner Hafen ein seltenes, ein fast einmaliges Bild.
Ein Schiff wurde entladen, und zwar nicht, wie es sich gehörte, auf Lkw oder in Güterzüge oder in Silos und Lagerhallen, sondern ein Heer von Arbeitern und einige große Kräne setzten Kisten mit Maschinenteilen einfach auf die Lagerplätze neben einen Haufen Bauholz.
Herbert Willke dirigierte die Arbeiter – da war er in seinem Metier –, während Domaine wieder bei Baumgart in der Kajüte saß und einen höllisch scharfen Pernod trank.
»Ihr Entschluß ist zu loben, Monsieur«, sagte er und hob prostend das Glas. »Auf eine Dauerverbindung!«
Sie legten pünktlich gegen ein Uhr ab.
Mißtrauisch beobachtete Betty von ihrem Kabinenfenster aus, wie Domaine
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