Auf nassen Straßen
des Verletzten aus dem Bereich des Strudels und ließ sich mittschiffs an die Bordwand treiben. Dort standen der Ungar und der alte Baumgart und hielten ihn fest, bis man den besinnungslosen Hannes an Bord gehoben hatte und sofort hinunter in die warme Kajüte trug.
Der Ungar war bereits dabei, Hannes abzureiben und einige Kopf- und Fleischwunden an der Schulter zu verbinden, als der alte Baumgart in die Kajüte stürmte.
»Es ist halb so schlimm«, sagte der Ungar zu dem Alten. »Ein paar Prellungen! Davon erholt er sich wieder! Ich habe gedacht, er kommt nicht wieder hoch und bleibt unter dem Kiel des Schiffes.« Er lachte. Dabei leuchteten seine Zähne in dem braunen Gesicht wie bei einem Neger. »Aber jetzt haben wir ihn.«
»Jaja, wir haben ihn hier.« Der alte Baumgart nickte mehrmals. Es war ein merkwürdiges, pendelndes Nicken, so als hätte der Hals keine Muskeln und Sehnen mehr, den Kopf festzuhalten. »Warum hat er das bloß getan …«
»Das wird er uns sagen, wenn er aufwacht.« Der Ungar sah sich um. »Haben Sie Schnaps?«
»Eine kleine Flasche Kognak.«
»Her damit!« Der Ungar drückte mit den Fingern den fest zusammengekniffenen Mund des Ohnmächtigen auf und steckte den Flaschenhals zwischen die Zähne. Dann kippte er die Flasche vorsichtig und träufelte den Kognak in die Mundhöhle.
Langsam, ruckartig schluckte Hannes. Sein Brustkorb hob sich – er atmete tief und hustete dann. Dieser krampfartige Husten weckte ihn vollends auf … Stöhnend preßte er die Hände gegen die Brust und wandte den Kopf zur Seite.
Der alte Baumgart faßte fest beide Hände seines Sohnes.
»Hannes –«, sagte er leise. Er mußte leise sprechen, denn er wollte nicht zeigen, wie hoch ihm das Schluchzen in der Kehle saß. »Was hast du da für einen Unsinn gemacht! Warum bist du nicht in Koblenz bei Irene geblieben …«
Hannes schloß die Augen. Er atmete schwer, rasselnd, so, als hätten sich seine Lungen mit Blut gefüllt.
»Jochen …«
Der alte Baumgart zog die Stirn kraus.
»Was ist mit Jochen?«
»Ich muß zu Jochen! Vater …« Hannes wollte sich aufrichten, aber er sank stöhnend zurück und preßte wieder die Hände gegen die Brust.
»Hast du Schmerzen?«
»Nur wenig, Vater! – Wir müssen schnell Jochen einholen!«
»Das ist doch völlig unmöglich! Und warum auch?«
»Frag nicht, Vater. Wir müssen!«
Der Ungar verließ die Kabine. Hannes stemmte sich mit zusammengebissenen Zähnen etwas auf und lehnte sich mit dem Rücken gegen die Hinterwand. Blutgeschmack trat auf seine Zunge und die nasse Wärme von Blut. Er schluckte es tapfer hinunter. Nichts merken lassen, durchjagte es ihn. Jede Minute ist wichtig. Sie dürfen nicht wissen, wie verletzt ich bin!
»Was ist mit Jochen?«
»Man hat ihn betrogen, Vater. Man hat ihn in eine Falle gelockt, von der er keine Ahnung hat! Die ganze Ladung seines Schiffes ist ein Verbrechen …«
»Ein Verbrechen?«
»Man hat die Holzstämme angebohrt und transportiert darin Rauschgifte und Medikamente!«
»O Gott«, sagte der alte Baumgart. Es war seit Jahren das erstemal, daß er wieder Gott in den Mund nahm. Und es war nicht nur so dahingesagt, sondern es drang ihm aus dem Herzen.
»Der ganze Rauschgiftring ist aufgeflogen. Und nun wird man alle Schiffe untersuchen! Jochen aber hat nicht die geringste Möglichkeit, seine Unschuld zu beweisen. Man wird ihn verhaften und die herrliche ›Fidelitas‹ beschlagnahmen.«
»Beschlagnahmen?«
»Und an Bord befindet sich eine Frau, die Jochen heiraten will und die eine ehemalige Geliebte des Chefs der Rauschgiftschmuggelbande ist!«
Der Kopf des alten Baumgart sank auf die Brust. »Er hat es nicht anders gewollt«, sagte er schwer.
»Jochen hat keine Ahnung, was er da transportiert!«
»Das glaubst du.«
»Ich weiß es. Einer der Lumpen hat mich im Krankenhaus angerufen und es gesagt!«
»Und woher wußte er, daß du im Krankenhaus warst?!«
Hannes drückte wieder die Hände auf die Brust. Er mußte husten. Dabei brannte es in seinem Innern so fürchterlich, daß er das Gesicht verzog.
Der Alte sah es nicht – er starrte vor sich auf den Holzfußboden.
»Frag nicht so viel, Vater«, bat Hannes. Er schluckte bei diesen Worten wieder das Blut hinunter, das sich in seiner Mundhöhle angesammelt hatte. »Laß das Schiff fahren, was es hergibt! Wir müssen Jochen einholen und ihn warnen. Er muß sich selbst mit seiner ›Fidelitas‹ der Polizei stellen. Nur so glaubt man ihm! Wir müssen ihn
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