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Auf nassen Straßen

Auf nassen Straßen

Titel: Auf nassen Straßen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Taue an Bord der ›Guter Weg‹ geworfen. Mit großen Sprüngen setzten Matrosen über und vertäuten die Schiffe miteinander. Dann sprang Jochen an Bord und umarmte seine Mutter.
    Ein Maschinist, ein Hilfsmaschinist, zwei Matrosen und ein Rudergänger kamen mit ihren Seesäcken auf die ›Guter Weg‹. Der alte Baumgart sah plötzlich die Tür seines Ruderhauses aufgehen, und ein Matrose ergriff das große Rad.
    »Geh zum Öfchen. Opa«, sagte der Matrose und lächelte den alten Baumgart breit an. »Wir werden jetzt den Kahn schaukeln.«
    Wutschnaubend, mit der Eile eines Stieres und mit ebenso gesenktem Kopf, rannte der Alte über Deck zu der Kajüte, wo Erna Baumgart immer und immer wieder ihren Sohn Jochen in ihre zitternden Arme nahm. Er trat ein.
    »Was soll das?« brüllte der alte Baumgart. »Was ist das für eine neue Schweinerei?!«
    »Ich gratuliere dem Opa zu einem Mädchen!« sagte Jochen fröhlich.
    »Was sollen die Flegel an Bord? Kommt da einer rein, nennt mich Opa und nimmt mir das Ruder aus der Hand!«
    »Sie sollen dir helfen, Vater. Es ist doch unmöglich, daß du allein …«
    Der alte Baumgart fuhr mit beiden Armen durch die Luft.
    »Helfen?« schrie er. »Das sind ja Piraten!«
    »Nachkommen von Piraten, Vater.«
    »Und die gehören zu deiner Besatzung?«
    »Alle meine Leute sind so. Einschließlich Kapitän. Aber sie gehen durchs Feuer für dich, sie lassen sich vierteilen. Es ist eine Mannschaft, mit der ich die neuen Kessel des Teufels in die Hölle fahren könnte.«
    »Das kann ja lustig werden«, sagte der Alte ahnungsvoll.
    »Sie werden dich bis Stuttgart bringen und dort mit der ›Guter Weg‹ warten, bis ich aus Basel zurückkomme.«
    »Ich bin also ein Gefangener auf meinem eigenen Schiff!« knurrte der Alte grimmig.
    »Vater!« Jochen Baumgart schüttelte lächelnd den Kopf. »Wann hörst du endlich auf, den wilden Mann zu spielen. Du weißt ja so gut wie ich, daß es für dich unmöglich ist, allein, nur mit Mutter, das ganze Schiff zu führen!«
    Der alte Baumgart nickte.
    »Irene geht es gut?« fragte er dann.
    »Leidlich. Es war eine schwierige Sache. Hannes wird bei ihr bleiben, bis sie wieder entlassen werden kann.«
    »Wie lange dauert das?«
    »Mindestens drei Wochen. Deshalb habe ich die Seeräuber an Bord gebracht, damit dein Schiff nicht wieder stilliegt, sondern der Betrieb weitergeht.«
    Jochen streckte ihm die Hand hin. Zögernd nahm der Vater sie.
    Dann verließ er die Kajüte, und Jochen blieb allein zurück.
    Draußen hatte sich einiges verändert. Der alte Baumgart sah es mit äußerem Mißfallen, aber innerlich mit stiller Freude.
    Die neue Besatzung hatte einige Kisten und Körbe mitgebracht. Frischgemüse, Kartoffeln, Konservenbüchsen, Wein, zwei Kasten Bier, gefrorenes Geflügel. Säckchen mit Mehl, Zucker, Nudeln und Reis. Mutter Erna war dabei, alles zu sichten und gab zwei Matrosen Anweisungen, wo alles hingetragen werden sollte. Es war, als würde die ›Guter Weg‹ mit unheimlichen Schätzen beladen.
    Im Krankenzimmer seiner Frau nahm Hannes Baumgart den Hörer ab.
    »Baumgart«, sagte er leise. Irene schlief.
    »Hannes Baumgart«, wiederholte er und preßte den Hörer fest an Ohr und Lippen, um Irenes Schlaf nicht zu stören.
    »Ich gratuliere zu dem Kind«, sagte die fremde Stimme. Herbert Willke sprach etwas tiefer als sonst. Jetzt, da alles verloren war, da man Pierre Domaine hatte und ihn, Herbert Willke, jagen würde, jetzt wollte er eine kleine Rache nehmen an dem, was ihm auf der ›Fidelitas‹ widerfahren war. Er hatte nichts mehr zu verlieren als nur noch seine Freiheit.
    »Wer ist denn am Apparat?« fragte Hannes zurück. »Ich danke Ihnen für die Gratulation. Aber wer ist denn da?«
    »Einer, der klüger ist als Ihr Bruder.«
    »Als mein Bruder? Jochen? Was soll das?«
    »Ihr Bruder ist dabei, die größte Dummheit seines Lebens zu machen! Eine Dummheit, die ich ihm gönne!«
    Durch Hannes' Körper zog ein Strom des Schreckens. »Wer sind Sie?« fragte er lauter, als er wollte. Irene wälzte den Kopf unruhig in den Kissen. Er legte wieder die Hand über die Sprechmuschel. »Was soll dieser Quatsch?!«
    »Nennen Sie es ruhig Quatsch! Für Ihren sauberen Bruder bedeutet es Wegnahme seines Schiffes und mindestens drei Jahre Zuchthaus.«
    »Ich glaube, Sie sind betrunken!«
    »Das werde ich sein, wenn mich die internationale Polizei irgendwo auf der Welt schnappt.«
    »Die internationale Polizei«, sagte Hannes leise und gedehnt.
    »Dämmert

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