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Auf nassen Straßen

Auf nassen Straßen

Titel: Auf nassen Straßen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Barthels drehte sich lachend zu Baumgart um. »Welch eine Welle von Selbstanzeigen!« Da Baumgart verbissen zu Boden sah und nicht antwortete, wandte sich Barthels wieder an Betty. »Sie sind gekommen, um Herrn Baumgart zu entlasten?«
    »Ja.«
    »Sie wollen sagen, daß er von nichts gewußt hat.«
    »Ja.«
    »Dachte ich's mir doch! Alles sind Unschuldslämmer!« Er drehte sich wieder zu Baumgart herum. »Und nun behaupten Sie, daß Betty Kahrmayr durch widrige Umstände in diesen Club gekommen und im Wesen rein wie ein Engelchen ist!«
    »Nein! Bitte behandeln Sie uns nicht wie Gangster«, sagte Baumgart energisch, »ehe Sie nicht wissen, wie alles in Wahrheit ist …«
    »Darüber wird der Haftrichter entscheiden und später das Gericht.«
    »Der Haftrichter?«
    »Haben Sie geglaubt, ich lasse Sie frei herumlaufen?« Kriminalinspektor Barthels lächelte. »Zuerst werden Sie mitgenommen, Herr Baumgart. Ob unschuldig oder nicht, bei der Polizei ist zunächst jeder erst einmal verdächtig! Alles andere stellt sich nach den Verhören und der Beweisaufnahme heraus.«
    »Es wäre mir ein leichtes gewesen, meine Fahrt fortzusetzen und nach Basel zu kommen. Sie sagten selbst, daß Sie eine Holzladung durchgelassen hätten.«
    »Das ist kein Beweis. Man kann den Kopf verlieren. Weiß ich, ob Sie jetzt nicht innerlich bereuen, sich angezeigt zu haben, und sich einen Riesenidioten nennen?«
    »Fast bin ich versucht, das zu tun.« Baumgart nahm seinen Mantel von einem Haken und warf ihn sich über. »Wir können gehen, wenn Sie es so eilig haben.«
    »Vergessen Sie nicht Zahnbürste und Seife«, sagte Barthels sarkastisch. »Handtücher und Bettwäsche werden gestellt.«
    »Danke.«
    »O bitte, bitte! Dafür zahlten Sie ja Steuern.« Er nahm eine der kleinen Kapseln in die Hand, die Bunzel aus einem Stamm geholt und zu Baumgart gebracht hatte. »Ist das solch ein Röhrchen?«
    »Ja.«
    »Meine Beamten werden das Schiff untersuchen. In 20 Minuten werden die Wagen hier sein. Sie haben eine unorthodoxe Art, Anzeigen aufzugeben. Unser Betrieb geht erst um 8 Uhr los. Wer ist noch an Bord?«
    »Meine Mannschaft. Der Kapitän wird sie Ihnen vorstellen. Und meine Eltern. Beide sind durch die Aufregungen und die tragischen Ereignisse der letzten Tage und Stunden krank. Der Arzt kommt auch gleich. Ich habe ihn zur gleichen Zeit mit Ihnen angerufen. Ferner mein toter Bruder …«
    »Wir werden die Leiche beschlagnahmen und dem gerichtsmedizinischen Institut überstellen.«
    »Tun Sie, was Sie müssen«, sagte Baumgart grob. »Können wir endlich gehen? Ich möchte so kurz wie möglich in Ihrer Gesellschaft sein.«
    An Bunzel und an der wie zur Parade auf Deck angetretenen Mannschaft vorbei verließen Barthels, Betty und Jochen Baumgart die ›Fidelitas‹.
    Der Kriminalinspektor sah sich ein paarmal verwundert um. »Das ist Ihre Mannschaft?« – »Ja.«
    »Haben Sie die aus einem Filmatelier nach Aufnahmen zu einem Seeräuberfilm weg engagiert? Das sind ja alles Halsabschneider!«
    »Es ist die beste Mannschaft der Welt!«
    »Hm.« Barthels schlug den Mantelkragen hoch. Durch den Hafen und über den Rhein pfiff ein kalter Morgenwind. »Auch diese Kerls werden wir unter die Lupe nehmen …«
    Am Kai drehte Baumgart sich noch einmal nach seinem Schiff um.
    Lang, weiß, herrlich, lag es unter der kalten Morgensonne. An Deck stand die Mannschaft, unbeweglich, ausgerichtet, parademäßig. Karl Bunzel grüßte jetzt – er legte die Hand an die Mütze.
    Baumgart würgte es im Hals. Wann sehe ich sie wieder, dachte er. Sehe ich sie überhaupt wieder?
    Kriminalinspektor Barthels blickte über die Schulter zurück auf die ›Fidelitas‹.
    »Ob Sie die je wiedersehen?« sprach er die Gedanken Baumgarts laut aus.
    »Ich werde es!« sagte Jochen rauh. »Wenn es eine Gerechtigkeit gibt.«
    »Dazu sind wir ja da.« Barthels faßte Baumgart leicht an den Mantelärmel. »Kommen Sie, Baumgart! Je länger Sie Abschied nehmen, um so weher tut es.«
    Die Mannschaft stand still und regungslos, bis das schwarze Auto den Kai verließ und zwischen den Baracken und Hallen verschwand. Da erst sagte Karl Bunzel laut: »Rühren!« Er sah sich um. »Wißt ihr, was das alles ist?«
    »Mist!« schrie der Ungar.
    »Genau das, mein Junge! Und jetzt machen wir ›rein Schiff‹, damit der Mister sich freut, wenn er zurückkommt. Lange wird's ja nicht dauern …«
    Es dauerte sechs Monate.
    Der Prozeß, der gegen den Rauschgiftring begann, war keine große Sensation.

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