Auf Pilgerfahrt nach Santiago de Compostela
Ignacio — der Platz, an dem Ignatius von Loyola
verwundet wurde — , Santo Domingo — eine Renaissancekirche aus dem 16.
Jahrhundert — , San Saturnin — Herz der Altstadt. Das alles sind nur Namen und
Beispiele für viel größeren Reichtum.
Von Pamplona fahren wir über
herrliche Orte mit großen Kunstschätzen, von denen viele schon erwähnt wurden,
nach Burgos. Nach der Königsstadt Navarras kommen wir nun in die Residenz der
kastilischen Grafen und Könige. Burgos war deren Residenz vom 10. Jahrhundert
bis zum Ende der Reconquista 1492, also über fünf Jahrhunderte! So etwas
hinterläßt seine Spuren, besonders, nachdem nicht nur 1037 die Königreiche
León, Asturien und Kastilien sich vereinigen, sondern das so gestärkte
Kastilien zur beherrschenden Macht des christlichen Spanien wird. —
Kastilisches Königtum: Nichts ist an der gewaltigen Kathedrale von Burgos so
beeindruckend wie die Puerta de la Coroneria, das Königsportal, und dann im
Innern der Kirche die an die Puerta anschließende Königstreppe, die Escalera
dorada. Diese Treppe ist in ihrer Anlage und ihren Proportionen das
Majestätischste, was ich je gesehen habe. Man kann sich das Hofzeremoniell
vorstellen, die Farben ahnen und die Musik inwendig hören, den ganzen
feierlichen Pomp und das dahinterstehende, sehr ernsthafte Sendungsbewußtsein
empfinden, wenn die katholischen Majestäten über die Escalera dorada ihren Dom
betraten!
Die Kathedrale von Burgos: Als
Baumeister wird Hans von Köln gerufen, der den Dom zu Köln geplant hat. Auch sein
Sohn Simon und sein Enkel Franz sind an der Arbeit beteiligt. — Es entsteht ein
Baukomplex, bei dem jeder Kundige den hochgotischen Einfluß aus Deutschland
spürt und die zweitürmige Westfassade geradezu als „Kölner Kopie“ empfindet —
und doch die „spanische Emotion“, den so starken Impuls der Südländer auf das
gotische Angebot, registriert: Gotik wird „spanisch vereinnahmt“.
„Die prachtvollen Türme
erinnern unverkennbar an nördliche Vorbilder. Sie wurden in der Tat vom
deutschen Baumeister Johannes von Köln geplant.“ 20 Eine Liebesgeschichte — wenn es sie unter Königen gibt — steht am Anfang.
Ferdinand III., König von Kastilien, geboren 1199, herrschend von 1217 bis
1252, wirbt um die Prinzessin Beatrice von Schwaben, eine Stauferin.
Brautwerbung und Initiativen der Braut und Königin führen zu den „gotischen
Ideen“, die schon 1221 die Grundkonzeption entstehen lassen und den Baubeginn
der gotischen Kathedrale von Burgos einleiten. — Der Kern der Kathedrale ist
also frühgotisch. Aber ihre heutige prachtvolle Gestalt erhält sie erst etwa
zwei Jahrhunderte später. Da kommt „Juan de Colonia“ ins Spiel, der Baumeister
des Kölner Doms. Die Türme der Portalfront von Burgos sind ganz unverkennbar
Kölner Stil. — Aber die Einvernahme — die Vereinnahmung? — der rheinischen
Gotik in den spanischen Kathedralbau — sind wieder eine Sache für sich.
Unser Reiseleiter Helmut Deutz
macht einen sehr guten Vorschlag. Er meint, die „Kirchenstadt“ von Burgos könne
man nur verstehen, wenn man den Kathedralkomplex zunächst von außen umschreite,
um seine Dimensionen und Ideen auf sich wirken zu lassen. Das tun wir dann
auch. Wir lernen dabei, daß wir trotz allen Einflusses aus Deutschland einen
Baukomplex vor uns haben, der zutiefst spanisch geprägt ist.
Machen wir den Rundgang.
Beginnen wir ihn dort, wo die alte Pilgerstraße ankam: an der Puerta de la
Pellejería, an der Nordseite der Kirche. Jakobus, links neben dem Portal,
begrüßt uns. Dann gehen wir zur Puerta de la Coroneria, von der „Pilgertüre“
zur „Königstüre“. Über eine große, fallende Rampe kommen wir im Westen zum
Hauptportal. Hier bewundern wir die gotische Kirchenfront des Hans von Köln.
Die beiden Türme sind 84 m hoch, also nur gut halb so hoch wie die Kölner
Türme. Aber Größe, Monumentalität wird nicht in Metern berechnet. Domke
erläutert: „Bischof Alonso von Cartagena... seit 1435 Bischof, beschloß, die
Fassade... mit zwei Türmen zu krönen, wie er sie 1431 auf seiner Reise zum
Konzil von Basel, wohl mit dem Schiff den Rhein aufwärts fahrend, gesehen
hatte. Freiburg und Straßburg sind in der Tat die Vorbilder zu diesen
herrlichen Schöpfungen geworden. Er brachte einen Meister von seiner Fahrt mit,
der die Türme aufführte, Juan de Colonia oder Hans von Köln, der hernach eine
Spanierin heiratete und mit ihr einen Sohn hatte, Simon de Colonia,
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