auf Safari
Lage zukommen. Die Erscheinung – für einen Löwen zu groß, für einen Elefanten zu klein – näherte sich geräuschvoll. Erst erkannte Mrs. Pollifax ein Paar zerfetzte Turnschuhe, dann Beine in blauen Jeans, schließlich Pullover und Jacke und endlich das Gesicht von Cyrus Reed.
Das konnte nur ein Traum sein, dachte Mrs. Pollifax. Da stand er in voller Größe. „Hallo“, sagte er freundlich. „Ich bin Ihren Lichtern nachgegangen. Mühsame Wanderung hier draußen im Busch.
Vielleicht ist Mrs. Pollifax hier irgendwo in der Nähe und Mrs.
Lovecraft?“
10
„ Oh, der Narr!“ sagte die unmittelbar hinter Mrs. Pollifax stehende Amy wütend, fing sich aber wieder und fuhr weniger hitzig fort: „Noch eine Geisel!“
„Ja“, sagte Mrs. Pollifax. „Aber wie mag er uns gefunden haben?“
Reuben wandte sich um, sah Mrs. Pollifax und schwang drohend sein Gewehr. Sie zog sich zurück, setzte sich auf eine der Kisten und dachte nach. Kurze Zeit darauf hob sich die Plane und Cyrus kam mit gefesselten Händen herein. Er stand im ‚Türrahmen‘, den er ganz ausfüllte und Mrs. Pollifax war in ihrem ganzen Leben noch kein Mensch so willkommen gewesen wie er. Sein Blick streifte Mrs. Lovecraft, verweilte einen Moment ausdruckslos auf Mrs.
Pollifax’ gesprungener Lippe, dann sagte er mit seiner freundlichen Stimme: „Verdammt nett, Sie wiederzusehen.“
„O Cyrus“, sagte sie, „wie in aller Welt haben Sie hierhergefunden?“
„Wichtiger ist“, sagte Amy schart, „ob Sie allein gekommen sind.“
„Tut mir leid“, antwortete er ihr. „Keine US-Kavallerie kam zur Hilfe, aber bald dürfte eine hier sein. Chanda ist auf dem Weg.“
„Chanda?“ fragte Mrs. Lovecraft ungläubig.
Cyrus nickte und sagte anerkennend: „Sehr tüchtiger Junge, der Chanda, oder ba na mâno , wie er es auf bemba ausdrückt. Auch sehr fähiger Fährtensucher. Sie hatten nur eine halbe Stunde Vorsprung.
Hat uns ein bißchen Zeit gekostet, der falsche Schlenker, den Sie da gemacht haben, doch in ein paar Minuten war Chanda hinter den Trick gekommen. Lerne eine Menge auf dieser Safari“, sagte er und sah Mrs. Pollifax lächelnd an.
„Aber sagen Sie uns doch, wie Sie hergekommen sind?“ rief Amy aus und es schien, als hätte sie ihn am liebsten geschüttelt. „Sie sagten die Landrover…“
Jetzt hätte sie sich beinah verraten, dachte Mrs. Pollifax, die sie beobachtete.
„O ja, alle Reifen waren zerschnitten“, berichtete Cyrus ihr heiter, „aber die Schurken, die Sie mitgenommen hatten, wußten nicht, daß in der Vorratshütte Ersatzreifen lagen. Julian ist in einem Wagen nach Chunga gefahren, um über Funk die Polizei zu rufen und eine Suche zu organisieren. Die Verfolgung aufzunehmen, solange die Spur noch frisch war, ist niemanden eingefallen. Aber ich habe daran gedacht, und Chanda hat daran gedacht, so hatten wir eine kleine Unterhaltung und stahlen einen Landrover.“
„Einfach so“, sagte Amy mit einem falschem Lachen. „ Wie – wie originell! Dann haben Sie also einen Landrover hierher mitgebracht?“
„Nicht gerade hierher“, räumte er ein. „Sind in eine Patsche geraten, in ein Stück Sumpfland, paar hundert Meter von hier, aber dann haben wir Ihr Licht gesehen. Chanda hat mich geführt – bloß damit ich nicht über Löwen stolpere – und dann im Dunkel der Nacht nach Kafwale aufgebrochen.“
„Zu Fuß?“
„Zu Fuß“, bestätigte Cyrus. „Warum nicht?“
„Ja natürlich, aber was für eine Geschichte“, sagte Mrs.
Lovecraft. „Dann wird Chanda bald mit Hilfe kommen?“
Am liebsten hätte Mrs. Pollifax ihm zugerufen er solle nichts mehr sagen. Doch dann hätte Amy gewußt, daß sie ihr Einverständnis mit den Entführern durchschaut hatte.
„Bald leider nicht“, gestand Cyrus. „So viele Ersatzreifen sind nicht vorhanden. Julian hat vier für seinen Landrover bekommen, weitere vier befinden sich am Wagen der draußen im Busch festliegt. Ist aber nur noch eine Sache von Stunden.“
„Wie – wie tröstlich“, sagte Mrs. Lovecraft und versuchte abermals ein dünnes Lachen.
Während Amy lachte, kämpfte Mrs. Pollifax mit den Tränen.
Niemals hatte sie sich so elend gefühlt. Bei Cyrus’ Anblick waren ihre Lebensgeister schlagartig wieder erwacht. Nachdem sie jedoch begriffen hatte, was sein Kommen für Folgen hatte, wurde sie wieder mutlos. Sie war gerührt über seinen Mut, entsetzt über
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