auf Safari
immer wieder durch den Kopf.
Als sie Reuben mit Cyrus auf sich zukommen sah, dachte sie wiederum was für ein erstaunlicher Mensch Cyrus doch war und wie tröstlich sein Anblick. Bestimmt war er müde, doch er blieb vollkommen gelassen, eine Mann, der auch mitten in Sambia nicht vergaß, wer und was er war. Und plötzlich wußte sie, daß sie sich sehr verlassen fühlen würde, wenn sie ihn nie wiedersähe.
„Sogar hier sehen Sie aus wie ein Richter“, sagte sie matt lächelnd.
„Fühle mich sehr unrichterlich im Augenblick“, erwiderte er und hockte sich neben sie. „Ich würde jedem von dieser Bande sechs Monate Einzelhaft geben. Ohne Kaution. Sie gehen zu schnell.“
„Ich finde“, sagte sie, von Dankbarkeit überwältigt, „ich finde es ja sehr selbstsüchtig von mir, aber ich bin so schrecklich froh, daß Sie gekommen sind, Cyrus. Sie sind eben nicht zu übersehen.“
„Hab’ ich Ihnen ja gesagt.“ Seine Stimme klang erfreut.
„Es war so tapfer“, erklärte sie. „Nur, wenn, wenn Sie es mit dem Leben bezahlen müßten…“
„Nicht nötig, soweit im voraus zu denken, meine Liebe“, unterbrach er sie ruhig. „War mein freier Wille, wissen Sie, mußte ja nicht kommen. Viel wichtiger“, fuhr er heiter fort, „ist mir das Abendessen, zu dem ich Sie einzuladen gedenke, wenn wir wieder in Lusaka sind. Das Menü beschäftigt mich seit Stunden.“
Ihr war klar, das Cyrus nur zu gut wußte, wie nahe sie dem Friedhof waren. „Es muß in seinem Pullover oder in seiner Kappe stecken“, sagte sie leise. „Das Messer meine ich – falls er eins hat.“
„Hmmm“, murmelte Cyrus, „hoffen wir, daß es bis dahin kalt wird.“ Er hob die Hände und sah auf seine Uhr. „Fast vier Uhr“.
„Oh, lieber Himmel, und in zwei Stunden ist es dunkel?“
„Müssen an die dreißig Kilometer gelaufen sein. Hab’ übrigens einen Data-Vogel gesehen. Tat mir leid, daß ich Sie nicht darauf aufmerksam machen konnte.“ Er brach ab weil Simon auf sie zukam. Jonesi trottete neben ihm her und Amy ging einen Schritt hinter ihm.
„Aufstehen“, sagte Simon und somit war ihre Unterhaltung zu Ende.
Ungefähr zehn Minuten später stieß Jonesi einen scharfen Laut aus, deutete nach links und plapperte eine Weile in seiner eigenen Sprache, die niemand verstand. Er schien das Gelände jetzt zu erkennen, denn nachdem sie links abgebogen waren, kamen zie auf einen schmalen, hartgetretenen Pfad und bald zu den Überresten mehrerer Hütten.
Und dann waren sie plötzlich auf dem Friedhof.
Im Sonnenschein lag er am Rande einer weiten Savanne und wenn Jonesi sie nicht geführt hätte, hätten sie ihn wohl kaum gefunden. Er war nicht groß. Vielleicht hatte hier einmal eine Schlacht stattgefunden, vielleicht wurden hier auch die Häuptlinge oder die Medizinmänner des Dorfes begraben, Mrs. Pollifax zählte nur zwölf Gräber. Hier war einmal ein Dorf gewesen, hier hatten Menschen gelebt und die Gräber gepflegt. Als dann das Land zum Wildpark geworden war, hatte man das Dorf verlegt, aber der Friedhof schien den Einheimischen immer noch etwas zu bedeuten, denn die Pfähle an Kopf-und Fußende der Gräber standen aufrecht, waren unversehrt, und die Scherben der irdenen Töpfe, die bei der Beerdigung zerbrochen worden waren, lagen noch zwischen den Pfählen. Eine schöne Sitte, dachte Mrs. Pollifax, so viel persönlicher als Blumen. Ein Topf gehörte zu den persönlichen Dingen eines Menschen und war jeden Tag gebraucht worden.
Cyrus unterbrach ihre Gedanken. Er stieß sie an und als sie seinem Blick folgte, sah sie, daß Jonesi den Pullover abnahm. Sie beobachtete, wie er ein trockenes Blatt von ihm entfernte, ihn glatt strick und dann über den Kopf zog. Da kein Messer zum Vorschein gekommen war, blieb nur noch die Kappe.
„Wir warten jetzt auf Sikota, er kommt in der nächsten Stunde“, erklärte Simon und zu Mrs. Pollifax gewandt fügte er mit leisem Triumph in der Stimme hinzu: „Sidoka hat noch niemand Widerstand geleistet. Er kennt vielerlei Tricks, das verspreche ich Ihnen.“ Dann forderte er die Gruppe auf: „Sie können jetzt wieder die ‚Toilette‘
aufsuchen.“
„Bitte“, sagte Amy, sprang auf und folgte Simon ins Gebüsch.
Als die beiden außer Sicht waren, schaute Mrs. Pollifax auf dn am Boden sitzenden Jonesi hinunter und dann auf Cyrus, der seinen Platz neben ihm hatte. Nicht weit entfernt von ihnen saßen Mainza und
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