Auf Schreckenstein gibt's täglich Spaß
doppelt so viele wie zuvor.
„Wohl so eine Art Schulversammlung?“ spottete Werner, der sich ebenfalls dazugestellt hatte.
Es war erstaunlich, wie unhörbar sich die stattliche Gruppe durch die Dunkelheit bewegte. Stephan, der seine Dietriche eingesteckt hatte, schloss die Garage auf. Die Feuerleiter wurde herausgerollt. Drinnen auf dem Naturboden ließen sich die großen Holzspeichenräder verhältnismäßig leise bewegen, doch als die Eisenreifen auf das Katzenkopfpflaster des Burghofs rollten, drehte Stephan die Bremse zu.
„So geht das nicht! Zieht eure Pullover aus. Wir müssen einen Teppich legen“, sagte er mit einer Selbstverständlichkeit, als sei ihm diese Lösung nicht zum erstenmal eingefallen.
Der Teppich wurde gelegt, hinter den Rädern eingesammelt und vorn wieder verlängert — bis die Leiter in der richtigen Position stand. Ottokar, Stephan, Pummel und Andi kurbelten die vier Stützen herunter, Hans-Jürgen und Strehlau fuhren die Leiter aus.
„So. In fünf Minuten wissen wir Genaueres“, sagte Ottokar und verschwand nach oben im Dunkel. Bereits nach einer Minute stand er wieder auf dem Boden und schüttelte den Kopf: „Dampfwalze ist wirklich ein enormer Witzbold! Er hat die Pferde raufgebracht und versucht so eine Art Hippodrom einzurichten.“
„Irrsinnig witzig“, pflichtete Hans-Jürgen bei. „Wundert mich nur, dass die nicht mehr Radau gemacht haben!“ überlegte Andi.
„Wahrscheinlich hat er ihnen die Hufe umwickelt. Anders geht das nicht“, sagte Strehlau, der sich auch schon als Reiter versucht hatte.
„Das ist kein Streich, das ist Tierquälerei!“ Ottokar wurde richtig sauer.
Alle gaben ihm recht. Wenn Dampfwalze den Ehrgeiz hatte, Stephans und Ottokars Ausstellung unbedingt zu überbieten, dann musste er sich etwas Besseres einfallen lassen. Nach kurzem Hin und Her kam man überein, ihm die geplante Überraschung zu versalzen. Alle kehrten in die Burg zurück. Die Leiter ließen sie stehen.
Mücke holte den großen Gong. Wie ein Speisewagen-Schaffner lief er gongend über die Gänge und rief: „Platzkarten zum zweiten Mitternachtsessen! In fünf Minuten im Esssaal.“
Im Handumdrehen war die gesamte Ritterschaft, laut durcheinanderredend, vor dem Esssaal versammelt. Ottokar schloss mit dem Dietrich auf und schaltete die Deckenbeleuchtung ein.
Da standen völlig ratlos Dampfwalze, Klaus, Dieter und Werner zwischen umgelegten Tischen, die sie wohl als Boxen gedacht hatten. Und in der Ecke wieherten drei verängstigte Pferde mit dick umwickelten Hufen.
„Retourkutsche! Retourkutsche! Retourkutsche!“ rief die Ritterschaft im Chor.
Der Rex kam mit Gießkanne und Rolle.
„Das geht nicht!“ sagte er. „Sofort bringt ihr die armen Tiere in den Stall zurück. Und dann könnt ihr euch gleich auf die Socken machen. Nach Krumpingen! Zum Unterricht seid ihr rechtzeitig wieder da! Verstanden?“ So streng hatte Andi den Rex noch nicht erlebt. Nach Krumpingen waren es hin und zurück vier Stunden! Also kein Zuckerschlecken!
Hinkend und todmüde kamen die vier am anderen Morgen erst zur zweiten Unterrichtsstunde. Eine Stunde Zuspätkommen aber bedeutete automatisch einen Strafmarsch nach Hizlingen.
„Macht zusammen pro Pferd neun Komma drei Kilometer“, rechnete Hans-Jürgen aus. „Dampfwalze ist und bleibt eben ein Muskelprotz mit Spatzenhirn.“
Schulrekord
Auf Burg Schreckenstein gab es ein ungeschriebenes Gesetz: Wer an einem misslungenen Streich teilgenommen, sich im Sport oder auf sonst eine Art blamiert hatte, wurde nicht nachträglich damit aufgezogen. Dampfwalze und seine Getreuen widmeten sich ungestört dem Leichtathletiktraining für den bevorstehenden Wettkampf gegen die Ebert-Schule. Bei Mücke war das anders. Als Lokalredakteur der Schulzeitung beschäftigte er sich noch lange mit den vorausgegangenen Ereignissen.
„Eigentlich bin ich schuld an allem“, sagte er, als die Redaktion ihre Arbeit wieder aufnahm. „Hätte ich nicht geschrieben, dass wir keinen Schwung mehr haben, wäre es wahrscheinlich weder zu der Kraftfahrzeugausstellung noch zu der Sache mit den Pferden gekommen.“
„Dann bin ich dir direkt dankbar, dass du es geschrieben hast!“ antwortete Strehlau lachend.
„Ich glaube, es ist wie beim Sport“, bemerkte Andi. „Es gibt immer einen, der’s am besten kann, und andere, die weniger erfolgreich sind. Deswegen soll man aber nicht auf alle Wettkämpfe verzichten.“
„Das hast du prima gesagt“, lobte
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