Auf Tour mit Bob Marley
Marvin
Nachdem ich von Bob Marley and the Wailers engagiert worden war, fühlte ich mich am meisten zu Dennis, Junior und Al Anderson hingezogen. Wenn überhaupt jemand nach einem Konzert noch ausging, waren es in der Regel meistens Dennis Thompson, Junior und ich, manchmal auch noch Al. Vielleicht komme ich deshalb schon immer so gut mit Junior zurecht, weil ich fast 20 Jahre in London gelebt habe und er dort aufgewachsen ist. Wir sind im Laufe der Jahre immer wieder zusammengekommen, und ich freue mich, sagen zu können, dass er und ich heute immer noch zusammenarbeiten, 30 Jahre nachdem wir uns kennengelernt haben. In seiner Nähe habe ich zugeschaut und gelernt – und die beste Zeit meines Lebens gehabt.
Junior ist ein hervorragender Musiker und war immer eine der treibenden Kräfte hinter Bob. Er brachte das Publikum dazu, aufzustehen und sich zu bewegen, wenn Bob von der Bühne ging oder wenn er Junior signalisierte, er solle das Publikum in Stimmung bringen. Wenn Junior mit einem seiner legendären Gitarrensoli loslegte, war die Menge hin und weg. Angeblich waren Junior und Al erbitterte Rivalen sein, aber mir ist das nie aufgefallen. Ich sah nur, dass die beiden sehr verschiedenen Gitarrenspieler Bobs Songs enorm bereicherten, dabei aber um Zeit und Raum konkurrieren mussten. Junior stand immer direkt hinter Bob in der Mitte der Bühne, während Al am liebsten ganz links oder rechts außen stand.
Junior gehörte zu den Bandmitgliedern, die sich immer Zeit für die Fans und Autogrammjäger nahmen. Er machte auch sehr offene und ehrliche Äußerungen über die Band, für die er scharf kritisiert worden ist. Während Bob distanziert blieb, gingen Tyrone und Junior in den Clinch mit Außenseitern. Und sie waren sehr gut darin.
Nach Bobs Tod war es Junior, der die Wailers zusammenhielt und dafür sorgte, dass sie weitermachten. Er bat mich 1995, wieder einzusteigen und ihm beim Management der Band zu helfen, was ich sofort tat. Wir brachten die ursprüngliche Band (ohne Seeco) wieder zusammen und machten 1997 eine eher unglückliche Brasilien- und Europatournee. Einige der anderen Bandmitglieder standen Junior leider sehr ablehnend gegenüber. Sie nörgelten ständig an ihm herum, bis er die Band schließlich nach einem Konzert im Théâtre de Verdure in Nizza verließ. Ich stand nach dem Konzert draußen, als Junior auf mich zukam und sagte, ich solle all sein Equipment und seine anderen Sachen aus dem Bus holen. Ich dachte zunächst, er wolle einfach nur allein ins Hotel gehen, aber dann sagte er mir, dass er die Gruppe verlasse. Es war ein schwerer Schlag für mich. Die ständigen Nadelstiche von Fams und Al hatten schließlich doch bewirkt, dass Junior den Kram hinschmiss.
Er bat mich, mit Fams bei der Band zu bleiben und die Tournee am Laufen zu halten, und das tat ich auch, bis ich Fams Liebe zum Geld nicht mehr aushielt und die Wailers im Dezember 1998 ebenfalls verließ. Junior Marvin ist einer der erstaunlichsten, aufrichtigsten und liebenswertesten Menschen, die ich kenne. One Love Junior …
Aston und Carlton Barrett
Carly und Family Man Barrett waren der Motor, der Bob Marley and the Wailers antrieb. Dank ihrer großen Nähe als Brüder waren sie an Schlagzeug und Bass ein perfekte eingespieltes Team. Sie spielten schon sehr lange mit Bob, und ich hatte das Gefühl, dass er – mit einer leichten Vorliebe für Carly – sehr viel von ihnen hielt. Carly war ein kleiner Mann, der sehr leise sprach, aber mit seinem One-Drop-Schlagzeugstil eine ganze Generation von Reggae-Musikern beeinflusste und bis heute beeinflusst. Fast alle Reggae-Schlagzeuger versuchen irgendwie, ihn zu imitieren, manche mit mehr, manche mit weniger Erfolg. Carly war prägend für den Sound der Wailers, und dasselbe gilt auch für Family Man. Die Kombination dieser beiden in einem Live-Konzert war einfach verblüffend, und manchmal, wenn mit der Bühne und dem Sound alles stimmte, lief mir ein Schauer nach dem anderen über den Rücken, wenn ich auf meinem Platz neben Wya stand. Tragisch: Carly wurde im Auftrag seiner eigenen Frau von einem Gangster erschossen. Tjaja, die können manchmal ganz schön spinnen, die Jamaikaner.
Family Man Barret bekam seinen Spitznamen nicht ohne Grund. Wie ich zuletzt hörte, hat er inzwischen rund um den Erdball 35 Kinder von verschiedenen Müttern. Ich weiß nicht, was er in der Hose hat, aber fast in jeder Stadt, wo wir hinkamen, wartete entweder eine junge Mutter oder ein Mädchen auf
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