Auf Tour mit Bob Marley
ihn. Es war schon verblüffend. Ich würde Fams nicht als besonders attraktiven Mann bezeichnen, er ist eher klein und reserviert, und wenn er spricht, hört er sich an wie ein Motor im unteren Drehzahlbereich. Er hatte immer einen Joint oder eine Zigarette im Mund und wirkte wie eine lebende Karikatur seiner selbst.
Bob delegierte manchmal Aufgaben an Fams, wahrscheinlich weil er schon so lange mit den Brüdern zusammen war, dass er ihnen vertraute. Und die beiden waren sehr fürsorglich in Bezug auf Bob, besonders was die Musik betraf.
Mit der Zeit übernahm Fams auch die Soundchecks. Er hatte ein sehr genaues Gefühl dafür, wie alles auf den Monitoren klingen musste. Manchmal brauchten er und Dennis ewig, bis alles stimmte.
Nach Juniors Ausscheiden arbeitete ich stärker mit Fams zusammen. Wir ließen den Namen »Legendary Wailers Band« auf seinen Namen registrieren, und das ganze Geschäft mit den Wailers wurde das erste Mal seit Bobs Tod ordentlich organisiert. Bobs Buchhalter Marvin Zolt half uns sehr dabei, alles in die richtige rechtliche Form zu bringen. Für mich war das alles ein ganz normales Geschäft, bis es mir dann am Schluss zu viel wurde. Und das war, wie gesagt, wegen Fams Liebe zum Geld. Gegen Ende meiner Verbindung mit ihm saß ich in meinem Hotelzimmer und bereitete die Auszahlung der Bandmitglieder vor, als er in meinem Zimmer erschien und Bargeld verlangte. Er nahm sich einen Gutteil des Geldes, das ich an die Band auszahlen wollte, und als ich fragte, wie ich den anderen ihren Lohn auszahlen sollte, sagte er: »Die sollten mir was zahlen müssen, weil sie bei den Wailers spielen dürfen« und: »Sag ihnen, wir bezahlen sie auf der nächsten Tournee.« Bevor es das zweite Mal, passierte, rief ich Élan Atas in mein Zimmer. Élan ist ein junger Sänger, den Al Anderson Fams und mir vorgestellt hatte und den wir für die Tournee engagiert hatten. Ich brauchte einen neutralen Zeugen für Fams Umgang mit den Finanzen, damit die Band nicht dachte, dass ich das Geld selbst veruntreute, falls ich es erneut nicht auszahlen konnte. Tatsächlich kam Fams erneut und nahm sich wieder einen großen Teil von dem Geld, das für die Band bestimmt war. Zum Glück konnte ich trotzdem alle ganz auszahlen, nur Karl Topping, unser Toningenieur, ging, soviel ich weiß, leer aus auf dieser letzten Tournee. Danach ging ich mit dem festen Vorsatz nach Hause, nie wieder mit Family Man Barrett auf Tour zu gehen. Jahre später ruinierte er sich durch seine Geldgier. Er verklagte Rita Marley und Chris Blackwell, den Chef von Island Records, in London und verlor ein Verfahren, bei dem fast niemand geglaubt hatte, dass er es gewinnen könnte.
Er verlor zwei seiner Häuser, Autos in seinem Besitz wurden beschlagnahmt, und er schuldet Rita, Chris, seinen Anwälten und dem britischen Staat vermutlich noch Millionen Dollar. Sie werden wohl nie einen Penny davon sehen. [1] Fams ist inzwischen schon recht alt und wird in 100 Jahren nicht das Geld verdienen, das der Richter Rita und Chris zugesprochen hat. Nie im Leben …
Earl »Wya« Lindo
Für den unbefangenen Beobachter war Wya Lindo ein großer schlaksiger Mensch, der mit Lichtgeschwindigkeit Orgel spielen konnte. Seine Hände waren riesig und überspannten mit Leichtigkeit zehn Tasten. Wenn er die Hammond B3, sein Lieblingsinstrument, spielte, flogen seine Hände nur so über die Tasten. Die wenigsten wissen es, aber Wya war vielleicht der begabteste Musiker von allen Wailers. Er konnte fast jedes Instrument spielen, und als Bob »Redemption Song« herausbrachte, ging das Gerücht, Wya habe den Song geschrieben oder wenigstens mitgeschrieben. Wya war ein sehr offener Mensch, wenn wir mit Bob unterwegs waren, und verhielt sich ihm gegenüber sehr reserviert und respektvoll. In der zweiten Hälfte der siebziger Jahre hatte ihm leider jemand schlechte Drogen verabreicht, die Wyas Persönlichkeit radikal veränderten. Manchmal erstarrte er plötzlich mitten im Spiel bei einem Konzert. Fams sagte, es habe etwas mit dem Publikum zu tun, aber meiner Erinnerung nach war es anders. Als wir mit den Wailers nach Bobs Tod auf Tournee waren, stellten Fams und dessen Vetter Ken (der angestellt wurde, um Wya zu beaufsichtigen) Wya manchmal fast unter Hausarrest, weil er immer wieder ohne Vorwarnung verschwand. Wir mussten Ken zweimal in einer Stadt zurücklassen, als Wya allein das Hotel verließ. Sie gaben ihm Medikamente wie Lithium oder andere Psychopharmaka, damit er ruhig
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