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Auf Treu und Glauben: Commissario Brunettis neunzehnter Fall (German Edition)

Auf Treu und Glauben: Commissario Brunettis neunzehnter Fall (German Edition)

Titel: Auf Treu und Glauben: Commissario Brunettis neunzehnter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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›Talisman‹, so hat sie sich ausgedrückt – und Sie seien noch einmal losgegangen, um ihn zu suchen.«
    »Hat sie Ihnen erzählt, dass ich ihn gefunden habe?«
    »Ja, und dass Sie ihr das bei Ihrer Rückkehr erzählt haben.«
    »Und dann?«
    »Und dann, sagt sie, sei sie eingeschlafen.«
    »Hat sie Ihnen zufällig auch gesagt, wie lange ich fort war? Um den Pullover zu suchen?«
    »Sie war sich nicht sicher, meinte aber, etwa eine halbe Stunde.«
    »Verstehe«, sagte Fulgoni. Er rückte auf dem Sofa nach hinten und richtete sich etwas höher auf. Ihre Blicke trafen sich kurz, aber dann schaute er weg und starrte die Wand gegenüber an. Brunetti störte ihn nicht in seinen Überlegungen.
    Fulgoni schwieg mindestens eine Minute; schließlich sagte er: »Meine Frau hat mir erzählt, Sie – die Polizei – hätten auf dem Hof Spuren von mir und Signor Fontana gefunden. An derselben Stelle des Hofs, um genau zu sein.«
    »Das stimmt.«
    »Was für Spuren?«, fragte er. Er räusperte sich. »Und wo?«
    Gefangen in seiner Lüge, ließ Brunetti sich mit der Antwort Zeit. Fulgoni sah ihn an, sah wieder weg, und Brunetti riskierte die Bemerkung: »Ich denke, die Antwort auf diese beiden Fragen wissen Sie selbst, Dottore.«
    Nur jemand, der entweder von Grund auf ehrlich ist oder hinreichend naiv, sich von Brunettis sicherem Auftreten täuschen zu lassen, hätte dies für eine befriedigende Antwort auf seine Fragen gehalten.
    Fulgoni stieß ein langgezogenes »Ah« aus, wie ein Schwimmer, der sich am Ende des Wettkampfs aus dem Becken stemmt. »Könnten Sie bitte wiederholen, was meine Frau gesagt hat?«, bat er, krampfhaft um einen ruhigen Ton bemüht.
    »Dass Sie, um der Hitze in Ihrer Wohnung zu entgehen, mit ihr einen Spaziergang gemacht haben; bei der Rückkehr hätten Sie festgestellt, dass Sie Ihren Pullover verloren hatten, worauf Sie ihn suchen gegangen und nach ungefähr einer halben Stunde damit zurückgekommen sind.«
    »Verstehe«, sagte Fulgoni. Er sah Brunetti in die Augen. »Und Sie meinen, ich hätte also genug Zeit gehabt, nach unten zu gehen und Fontana zu töten? Seinen Kopf an diesem Marmorlöwen zu zerschmettern?«
    Brunetti sagte, ohne zu zögern: »Ja. Die Zeit hätte ausgereicht.«
    »Aber das heißt nicht, dass ich es getan habe?«, fragte Fulgoni.
    »Solange kein Motiv erkennbar ist, zählen Sie nicht zu den Verdächtigen«, antwortete Brunetti.
    »Natürlich«, sagte Fulgoni. »Überaus fair von Ihnen, mir das mitzuteilen.«
    Brunetti registrierte verwundert den wehmütigen Ton, in dem Fulgoni das sagte.
    »Und diese Spuren, die Sie angeblich gefunden haben, liefern Ihnen ein Motiv?«, fragte Fulgoni.
    »Ja, das tun sie«, antwortete Brunetti, alarmiert von dem Wort »angeblich«.
    Zu Brunettis Verblüffung stand Fulgoni plötzlich auf. »Ich möchte jetzt lieber nicht mehr in der Bank bleiben, Commissario.«
    Brunetti erhob sich ebenfalls, sagte aber nichts.
    »Wie wär’s, wenn wir uns dann mal in meiner Wohnung umsehen würden?«, schlug Fulgoni vor.
    »Wenn Sie meinen, dass uns das weiterhilft«, sagte Brunetti, der selbst kaum wusste, was er damit meinte.
    Fulgoni griff nach seinem Telefon und bat, ihm ein Taxi zu holen.
    Die zwei Männer standen schweigend nebeneinander auf dem Deck des Taxiboots; sie fuhren den Canal Grande hinauf und unter der Rialto-Brücke hindurch. Der Himmel war wolkenlos, aber Fahrtwind und Wasser ließen sie die Hitze nicht spüren. Nach Brunettis Erfahrung brachte innere Anspannung die meisten Leute zum Reden, und wie angespannt Fulgoni war, war mühelos an den weißen Knöcheln der Hand zu erkennen, mit der er sich an die Reling klammerte. Andererseits brachte Wut sie ebenso oft zum Schweigen, während sie ihr Gedächtnis fieberhaft nach dem Zeitpunkt durchwühlten, wo etwas schiefgelaufen oder außer Kontrolle geraten war.
    Das Taxi hielt an derselben Anlegestelle, die Foa am Tag des Leichenfundes benutzt hatte. Fulgoni bezahlte den Fahrer und gab ein üppiges Trinkgeld dazu, dann stieg er an Land. Als er sich umdrehte, um Brunetti hinauszuhelfen, stand der bereits neben ihm.
    Immer noch schweigend gingen sie über die Brücke. Vor dem portone blieben sie stehen, und Brunetti wartete, während Fulgoni seinen Schlüsselbund nahm und das Tor öffnete.
    Fulgoni ging voran zu dem Lagerraum mit den Vogelkäfigen und blieb vor der mit einem Vorhängeschloss gesicherten Kette stehen. »Ich nehme an, da drin haben Sie die Spuren gefunden?«, sagte er und zeigte

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