Auf und ab - Mord in Hellwege
niemand weiß, wohin?«, fragte er nach einer kleinen Pause.
»Das kommt darauf an, wie man fliegt und wohin man will«, erklärte Holten.
»Was soll das heißen?«
»An und für sich kann man überall hinfliegen und braucht niemandem Rechenschaft abzulegen, wenn man nicht gerade in verbotene Lufträume eindringt. Wenn man sich allerdings wie die großen Jets im Blindflug bewegt, muss man sehr wohl so fliegen, wie es die Flugsicherung vorschreibt. Und wenn man ins Ausland fliegt, muss man den Flug bei der Flugsicherung anmelden. Zum einen zur Kontrolle, zum anderen aber auch aus Sicherheitsgründen. Wenn man nämlich nicht zur vorgeplanten Zeit ankommt, wissen die, dass man dich suchen muss.«
Von Taten schaute interessiert, rieb mit der rechten Hand sein Kinn und verzog dabei seinen Mund.
»Dann lass’ uns doch gleich einmal eine Runde machen«, schlug er vor. Ihm war es anscheinend gleichgültig, dass er als Leiter einer Mordermittlung hier am Flugplatz war.
»Nun ja, einen Flugleiter braucht man schon, wenn man auf einem Landeplatz wie diesem starten will, und unserer liegt draußen, tot«, bremste Holten ihn.
»Also ganz ohne Kontrolle geht es dann doch nicht«, bemerkte der Kurze.
»Ja, leider. Ebenso wenig dürfen wir auf irgendeiner Wiese oder einem Acker landen. Diese Vorschriften stammen, glaube ich, noch aus dem Dritten Reich, und niemand will sie ändern, weil es niemanden interessiert«, bedauerte Holten.
»In anderen Ländern geht das«, fügte er noch an.
Tessmann und Nase klopften an die Tür, und Holten schloss wieder auf. Der Reporter wartete nun in seinem Wagen, weil Nase ihm klargemacht hatte, dass derzeit noch keine Ergebnisse zu erwarten waren und er seine Fotos später machen müsse. Die beiden setzten sich mit an den Tisch, und nachdem Holten etwas zu trinken gebracht und Tessmann sich eine Zigarette angezündet hatte, begann er seinen ersten Bericht:
»Tja, viel haben wir nicht, nicht eine brauchbare Spur.«
Er klang enttäuscht, denn meistens fand er zumindest irgendeine verwertbare Kleinigkeit.
»Der Arzt sagt, viel länger als eine Stunde hat er dort noch nicht gelegen, es muss also so zwischen sieben und halb acht geschehen sein. Die Kugel ist ein großes Kaliber, wahrscheinlich aus einem Gewehr abgeschossen, aber das werden wir sicher noch herauskriegen. Das Projektil haben wir noch nicht gefunden, es hat seinen gesamten Brustkorb durchschlagen. Doch auch das finden wir noch. Der Schuss muss ungefähr aus süd-östlicher Richtung gefallen sein.«
Er nahm einen Schluck Cola.
»Tja, und das ist es schon.«
Nachdenklich nahm er einen weiteren Schluck und schwieg. Von Taten blätterte in einer Fliegerzeitschrift.
»Können Sie uns noch etwas über den Toten erzählen? Sie kennen ihn doch«, fragte Tessmann und zog einen Block und einen Stift aus der Innentasche seiner Jacke.
Holten hatte nie privaten Kontakt zu Riecker gehabt und wusste nur das, was allen im Verein bekannt war. Das berichtete er jetzt, und Tessmann schrieb alles mit: Der Platzwart war als Hausmeister bei einer großen Wohnungsbaugesellschaft angestellt gewesen und hatte nach seiner Entlassung vor sechs Jahren hier seine Arbeit aufgenommen. Vor vier Jahren war seine Frau gestorben, und seitdem war er so gut wie immer am Platz gewesen, selbst an seinen freien Tagen. Er hatte seine Arbeit immer gern, fleißig und zuverlässig erledigt, › seinen ‹ Platz immer in Ordnung gehalten und während der Woche, außer dienstags, den Flugleiterdienst übernommen. Er hatte ein kleines Gehalt bezogen und mietfrei in der vereinseigenen Wohnung am Platz gelebt. Das war alles, was Holten erzählen konnte. Er wusste noch nicht einmal, wie alt Riecker war.
»Also nichts Besonderes«, sagte Nase, die aufmerksam zugehört hatte. »Dann können wir uns ja gleich mal seine Wohnung ansehen. Vielleicht ist dort etwas zu finden, was uns weiterbringen kann.«
Holten konnte nun seine Ortskenntnis zur Verfügung stellen: »Die Wohnung ist unverschlossen, ich war vorhin schon drin. Ich habe ihn dort gesucht, als ich angekommen bin, und sie sieht nicht aufgebrochen aus.«
»Sollte zuerst nicht vielleicht doch die Spurensicherung...«, meldete sich Tessmann.
»Ach was, die können später kommen«, winkte von Taten ab.
»Ich geh mal voran«, bot Holten an.
Holten war froh, dass er sich noch einmal in der Wohnung umsehen konnte, bevor sie polizeilich versiegelt wurde. Vielleicht würde er etwas erfahren, was ihm helfen
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