Auf und ab - Mord in Hellwege
wollte das natürlich nicht verpassen. Er versprach seiner Susanne, sie und Robert nach dem Spiel zu einem großen Eisbecher in die Eisdiele einzuladen, und so erklärten sich beide bereit, mitzukommen, besonders auch, weil für sie ein Sonntagnachmittag mit einem solchen Wetter ohne eine Fahrradtour ein vertaner Tag war.
Als die Spieler aufliefen, waren die Holtens am Stadion, und pünktlich zum Anpfiff hatten sie einen guten Platz auf der alten Holztribüne gefunden.
Die erste Halbzeit lief gut, denn die Heimmannschaft legte ein flottes Spiel hin, und als der Schiedsrichter die erste Spielhälfte abpfiff, lag sie 2 : 0 in Führung.
Das schöne Fußballwetter hatte viele Zuschauer und Fans ins Stadion gelockt. In der Halbzeitpause schwärmten alle aus, einige zu den Toiletten, um Erleichterung zu finden, die Ersatzspieler zu den Toren, um sich für den zweiten Durchgang aufzuwärmen, die Durstigen zum Bierstand, um Erfrischungen zu erstehen, und die Eltern mit ihren kleinen Kindern auf die Aschenbahn, um dem Bewegungsdrang der Kleinen Rechnung zu tragen.
Susanne stieß Holten an und zeigte ihm eine dreiköpfige Familie, die sich auf die lange Reise um das Oval der Aschenbahn gemacht hatte. Es handelte sich scheinbar um einen Wettlauf zwischen Vater und Sohn. Der Große lief voraus, der ungefähr fünfjährige Sohn mit pendelnden Beinen hinterher, und auf dem Gras des Fußballplatzes, die Strecke abkürzend, die junge Mutter, die ihren Sprössling anfeuerte. Der Vater kannte jedoch keine Gnade, und schnell hatte er einen großen Vorsprung. Doch plötzlich, auf der Gegengeraden, stoppte er und setzte sich ins Gras. Provozierend zog er eine Packung Kekse aus der Tasche, aß in aller Ruhe und ließ den Kleinen vorbeiziehen. Erst als der kleine Renner fast schon in die Zielgerade einbog, stand er auf und rannte los. Er passte seinen Wiederstart gut ab, denn er konnte, wie es sich für einen anständigen Vater gehört, diesen Vorsprung nicht mehr aufholen. Der Kleine fiel als Sieger keuchend, aber glücklich in die Arme seiner Mutter, und für den überlegenen Vater blieb, knapp zwar, aber auch froh, nur der zweite Platz.
»Machst du das auch einmal mit deinem großen Sohn?«, fragte Susanne, die das Schauspiel gespannt verfolgt hatte.
»Kein Problem, sehr gern, ich warte nur, bis er mal wieder an Krücken geht«, antwortete ihr unsportlicher Gatte.
Nach dem Wiederanpfiff wendete sich das Blatt, die Sottrumer ruhten sich auf ihrem Vorsprung aus, die Gastmannschaft wurde stärker, und bald fiel der Anschlusstreffer. Kurz vor Schluss schossen die Gäste sogar noch das Ausgleichstor. Das hieß Elfmeterentscheidung. Martin war als dritter Schütze an der Reihe, verwandelte sicher, und schließlich siegten die Sottrumer mit einem Tor Vorsprung.
»Na, Gott sei Dank hat er sein Tor noch geschossen«, bemerkte Holten, als sie sich auf den Weg zum Eiscafé machten. Er war stolz auf seinen Ältesten.
Einen Tag wie diesen hatte er gebraucht, um die Seele wieder einmal durchschnaufen lassen zu können. Ein schöner Sonnentag, am Vormittag ein ausgedehnter Ausflug durch die Luft, nachmittags eine Fahrradtour, ein erfolgreiches Fußballspiel seines Sohnes und schließlich ein T ê te- à -T ê te mit der lieben Gattin in der Eisdiele.
Eigentlich brauchte er keine Mordfälle, um sich wohlzufühlen, doch leider brauchte Bernd ihn, um seine Unschuld nachzuweisen. Das erinnerte ihn daran, dass Frank Mullemann noch anrufen wollte, und er drängte zum Aufbruch.
Sie waren noch nicht lange zu Hause, als das Telefon läutete. Es war tatsächlich Frank, der es nicht aushalten konnte, die Planung seiner Pilotenlaufbahn noch länger hinauszuschieben. Holten ließ sich in den Ledersessel fallen, steckte sich noch eine Zigarette an und hob den Hörer auf.
»Ah, hallo, Herr...äh, Maximilian, hier ist Frank Mullemann. Du wolltest mir doch noch etwas über die Pilotenausbildung in eurem Verein erzählen. Hast du jetzt Zeit?«
»Ja klar, natürlich. Aber ich erzähle dir nur kurz die wichtigsten Punkte, die kompletten Unterlagen dazu musst du dir im Verein abholen.«
Eigentlich musste er zuerst mit Nicole sprechen.
»Du kannst nur fliegen, wenn du gesund bist. Ob du’s bist, sagt dir der Fliegerarzt. Zu dem musst du zuerst. Dann solltest du das Funksprechzeugnis erwerben, und danach wird, theoretisch und praktisch parallel, bei uns am Platz geschult. Wenn du fleißig bist, hast du den Schein nach einem halben Jahr in der Tasche.
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