Auf und ab - Mord in Hellwege
den Geländewagen auf der Einfahrt stehen und warf einen Blick auf die Reifen.
»Hier muss Tessmann auch noch Abdrücke nehmen«, murmelte er vor sich hin.
Klüger war Holten auch jetzt nicht. Auch Elke hatte Motiv und Möglichkeit gehabt, ihren Mann ins Jenseits zu befördern, und nach ihrem unkontrollierten Auftreten traute er es ihr auch zu. Wer war diese Frau? Eine trauernde Witwe, eine sexuell frustrierte Nachbarin oder eine tief in ihrem Innern verletzte Frau, die in einem Verzweiflungsakt zur Mörderin geworden war?
Der Flugbetrieb in der Weser-Wümme begann an den Wochenenden im Winter morgens um zehn, im Sommer um neun. Holten wusste jedoch, dass die Technik und die Flugleitung immer bereits so rechtzeitig am Platz waren, dass das Fliegen pünktlich beginnen konnte.
Er war deshalb zeitig um halb neun mit dem Fahrrad losgefahren, sodass er die Cessna 172 D-ELPA, eine viersitzige Maschine, selbst aus der Halle rangieren und auf einen Ausflug vorbereiten konnte.
Diesen Schulterdecker, der vom Verein als luxuriöse Reisemaschine ausgestattet worden war, flog er am liebsten. Das Flugzeug besaß Langstreckentanks, die bei normaler Leistungseinstellung eine Flugdauer von fast acht Stunden ermöglichten. Die Instrumentierung war auf dem neuesten Stand der Technik, und sogar ein Autopilot war eingebaut. Natürlich hatte dieser Komfort seinen Preis, die Charterkos-ten waren die höchsten von allen Vereinsmaschinen, aber das musste Holten ja nicht mehr kümmern.
Das Wichtigste, was er prüfen musste, war die Betankung. Mit drei Personen besetzt, durften die großen Tanks nur zum Teil befüllt sein, weil die Maschine sonst zu schwer zum Abheben gewesen wäre. Doch der Pilot, der das Flugzeug zuletzt geflogen und dann betankt hatte, hatte mitgedacht und richtig – also nicht voll – getankt. Schließlich holte er das Bordbuch vom Tower und überprüfte die Eintragungen. Alles in Ordnung.
Die Flugschüler begannen ihre Platzrunden, und Holten gönnte sich im Clubraum noch einen Kaffee und eine Zigarette.
Kurz darauf erschienen seine Fluggäste. Frank Mullemann, dem die Vorfreude anzusehen war, und seine Freundin Nicole mit sorgenvollem Gesicht. Sie begrüßten sich herzlich und gingen sofort zum Flugzeug. Auf dem Weg dorthin musste er viele Fragen beantworten, wie es immer war, wenn er Passagiere hatte, die zum ersten Mal flogen. Frank interessierte hauptsächlich, wohin, wie hoch und wie schnell sie fliegen würden, während Nicole im Grunde nur wissen wollte, was alles schiefgehen und ob man auch abstürzen konnte.
Holten führte einen ausführlichen Außencheck durch und erklärte den beiden genau, was er tat und warum. Er hatte sich dieses Vorgehen zur Gewohnheit gemacht, um Fluggästen, die für das Fliegen begeistert werden sollten, mehr Sicherheit zu geben und ihnen die Flugangst zu nehmen. Dann stiegen sie in die Maschine, Nicole auf einen der hinteren Sitze, die beiden Männer vorn.
Beim Innencheck ging Holten ebenso vor. Obwohl er den Ablauf in- und auswendig kannte, machte er diese Vorflugprüfung immer nach der Checkliste und zeigte den beiden dabei alle Instrumente, Hebel und Schalter und ihre Funktion. Auf eine Kursberechnung hatte er allerdings verzichtet, denn es sollte ja ein Ausflug › ins Blaue ‹ werden, im wahrsten Sinne des Wortes. Das Wetter war hervorragend, sie hatten eine außergewöhnlich gute Sicht, und Holten kannte wegen seiner vielen Gastflüge im Umkreis von zweihundert Kilometern jeden Baum und jeden Strauch aus der Luft.
Er hatte sich vorgenommen, mit den beiden einige Runden über Nicoles Heimatort, Hintzendorf, zu drehen und dann, wenn es beiden gut ging, bis zur Nordseeküste zu fliegen und einige der ostfriesischen Inseln von oben zu betrachten. Die zwei Stunden, für die er die Maschine gechartert hatte, sollten dafür gut ausreichen.
Er meldete den Flug über Funk an und rollte zum Startpunkt, dann schob er den Gashebel nach vorn, und nach kurzer Zeit waren sie in der Luft. Der Motor der D-ELPA schnurrte zuverlässig wie immer, doch kurz nach dem Start stellte Holten fest, dass der Transponder nicht richtig funktionierte. Er hatte den richtigen Code eingestellt und das Gerät eingeschaltet, trotzdem zeigte es das Auftreffen von Radarstrahlen nicht an, was es normalerweise mit einem kurzen Aufblinken der grünen Kontrolllampe tun musste. Einen Flug wie den heute geplanten konnte man jedoch problemlos auch ohne Transponder machen. Seinen Fluggästen verschwieg er
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