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Auf und ab - Mord in Hellwege

Auf und ab - Mord in Hellwege

Titel: Auf und ab - Mord in Hellwege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Wuensche
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Fußboden war mit Nadelfilz belegt, Wände und Decke eierschalenfarben gestrichen. Man konnte ihn durch eine einzige, von außen abschließbare, massive Tür betreten oder verlassen. Gegenüber der Tür lag ein bodengehendes Fenster ohne Vorhänge, das von außen vergittert war, mit zwei Blumentöpfen, mit Kakteen bepflanzt, davor. An der einen Wand stand ein halbhohes Regal, in dem sich nichts befand, und gegenüber an der anderen hing ein Bild des Bundespräsidenten. In der Mitte stand ein kleiner Tisch, ohne Tischdecke, mit vier Holzstühlen. Außen war ein Schild angebracht, auf dem
    BESUCHERRAUM
    stand.
    Das kleine Zimmer befand sich im Gerichtsgebäude im Trakt für Untersuchungshäftlinge.
    Holten wartete darauf, dass ein des Mordes Verdächtigter gebracht wurde. Er hatte die Genehmigung bekommen, ihn zu sprechen.
    Er kannte diesen Raum, hatte allerdings während seiner Zeit als Kriminalbeamter selten hier gesessen. Meistens hatte er sich die Untersuchungshäftlinge in sein Büro bringen lassen, um sie zu befragen oder zu verhören. Heute war er Privatier, und er musste um Erlaubnis nachsuchen, um einen Gefangenen sprechen zu dürfen. Ein junger Beamter, der ihn aus seiner aktiven Zeit nicht mehr kennen konnte, hatte ihn kontrolliert und sogar auf Waffen, Rauschgift oder ähnliche verbotene Mitbringsel untersucht.
    Holten war das unangenehm gewesen, und wieder einmal bedauerte er, dass er in diese Sache hineingerutscht war und nicht die Mittel und Möglichkeiten hatte, die ihm früher als Polizist zur Verfügung gestanden hatten.
    Er hatte seinen Stuhl zurückgeschoben, die Beine unter dem Tisch ausgestreckt und betrachtete eingehend seine Schuhe. Durch das geöffnete Fenster hörte er draußen einen Sperling schimpfen.
    Er fragte sich, warum es so lange dauern musste, bis man seinen Gesprächspartner brachte. Er wartete bereits länger als eine Viertelstunde, obwohl er sein Gespräch und die gewünschte Zeit angekündigt hatte.
    Endlich hörte er Schritte auf dem Flur, und die Tür wurde geöffnet. Als Bernd Kasing in Begleitung eines Beamten den Raum betrat, sah Holten sofort, dass es ihm nicht gut ging. Er war blass und hatte Ringe unter den Augen.
    »Ich lasse Sie jetzt allein. Wenn Sie fertig sind, klopfen Sie an die Tür«, verkündete der Aufsichtsbeamte laut. Er drehte sich um, schloss die Tür, und man hörte den sich drehenden Schlüssel.
    »Hallo, Max«, lächelte Kasing verlegen.
    Holten erhob sich, ging ihm entgegen und schüttelte ihm die Hand. So förmlich begrüßten sie sich normalerweise nicht.
    »Wie geht es dir?«, fragte Holten als Erstes, als Kasing sich ihm gegenüber hingesetzt hatte.
    Kasing zuckte nur mit den Schultern und schaute gequält zu ihm hinüber.
    »Wunderbar. Ich muss nicht arbeiten, bekomme gut zu essen, habe Zeit zum Lesen und kann viel schlafen. Was will ich mehr? Billiger als Urlaub«, antwortete er mit einem Anflug von Galgenhumor.
    »Na, dann kann ich die Schokolade ja wieder mitnehmen«, scherzte Holten zurück. Er wusste, dass Bernd fast süchtig nach Schokolade war, und hatte deswegen zwei Tafeln mitgebracht.
    »Gib schon her! Danke.«
    Er nahm die zwei Tafeln, die Holten ihm hinhielt, und riss eine gleich auf.
    »Aber ich darf nicht anfangen nachzudenken.«
    Holten konnte Kasing kaum verstehen, weil der bereits den ersten Riegel kaute.
    »Dann denke ich an meine Familie zu Hause und an den Betrieb, und dann könnte ich platzen. Ohne mich läuft da nichts.«
    Er ballte die Fäuste auf dem Tisch.
    »Ich habe gute Nachrichten für dich«, sagte Holten ruhig.
    Er erzählte ihm ausführlich von seinen ersten Recherchen, den Gesprächen mit Frank Mullemann und Nicole. Außerdem erwähnte er den Nachforschungsauftrag an Wing. Von den Gesprächen mit Setter und Elke Lehmberg berichtete er nicht.
    »Ich weiß jetzt aber, dass du mit der ganzen Sache nichts zu tun hast. Vorher habe ich das ja nur geglaubt.«
    Er lächelte ihn zuversichtlich an.
    »Aber was nützt mir das jetzt?«, fragte Bernd, nachdem zwei weitere Schokoladenstücke in seinem Mund verschwunden waren.
    »Im Moment nützt es dir nichts, von Taten denkt ja nur in deine Richtung, falls es aber zum Prozess kommen sollte, werde ich zumindest das anführen können, und es wird dich entlasten. Außerdem bin ich ganz sicher, dass ich auf dem Flugplatz noch etwas finden werde. Lass uns erst einmal abwarten, was Wing herausfindet.«
    »Jetzt hilft mir das alles gar nichts. Ich muss weg hier.«
    Sie schwiegen, Kasing

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