Auf und davon
Kinder
waren unwahrscheinlich dick. Da waren die Mutter und der Vater, ein klebriges
Baby mit Eiscreme bis hinter die Ohren und ein Junge, ungefähr im selben Alter
wie Nathan und Julia, der sie ständig so merkwürdig ansah. Er starrte sie ganz
unverfroren an, zuerst Julia, dann Nathan, dann wieder Julia. Schließlich stieß
er seinen Vater in die Seite und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Was er sagte,
verstanden Nathan und Julia nicht, weil das Baby inzwischen angefangen hatte zu
brüllen wie am Spieß. Der Vater drehte ruckartig den Kopf und schaute Nathan
und Julia eindringlich an.
„Rede keinen Unsinn“, sagte er mit
vollem Mund zu dem Jungen. „Es ist kein Unsinn“, widersprach der Junge in
lautem Flüsterton, „sie sind es.“
„Das Mädchen ist viel älter“, zischte
der Vater.
„Aber der Junge trägt sonst eine
Brille, sieh doch die Druckstellen auf seiner Nase.“
„Nicht so laut!“
Julia wurde rot. Nathan rutschte
unruhig auf seinem Stuhl hin und her und kickte mit den Füßen gegen das
Tischbein. „Laß uns abhauen“, murmelte er, gedeckt von dem fortdauernden
Gebrüll des Babys.
„Komm, Charlie“, sagte Julia, „wir
machen uns besser auf den Weg. Mutter wartet bestimmt schon auf uns.“
Sie wußten, daß sie ganz normal gehen
sollten, doch sobald sie aus dem Café waren, kamen sie in Panik und rannten
los. Julia zog sich die Schuhe von den Füßen und hielt sie in der Hand, während
sie durch den Regen liefen. Ein Blick zurück sagte ihnen, daß der dicke Junge
sie verfolgte, ein triumphierendes Grinsen auf dem roten Gesicht. Doch bald
blieb er atemlos stehen. Julia sah noch seine Enttäuschung, bevor sie um eine
Ecke bogen und außer Sichtweite waren.
„Komm, laß uns zurückgehen zu Mrs.
Parsons“, sagte Julia zu Nathan. Der Zwischenfall hatte sie ziemlich
mitgenommen. „Nein, ich will hierbleiben. Bei Mrs. Parsons ist es so langweilig.“
„Wir können fernsehen.“
„Ich bleib lieber hier.“ Nathan hatte
festgestellt, daß sie nicht weit von seinen geliebten Spielautomaten entfernt
waren. „Und wenn der Junge uns findet?“ fragte Julia ängstlich.
„Das macht nichts, er kann nicht
rennen.“ Nathan spuckte verächtlich auf den Kies. „Er rennt wie eine
Schildkröte.“
Sie spielten eine Weile an den
Automaten, und Julia hätte fast gewonnen. Jedesmal, wenn sie eine Münze in den
Schlitz steckte, brachte diese um ein Haar den ganzen Münzenberg zum Einsturz.
Nathan war der Meinung, daß er es besser könne, doch Julia ließ ihn nicht dran.
Sie wollte den Preis und die Anerkennung ganz für sich allein. Also schaute
Nathan zu und feuerte sie an. In diesem Fall war es ihm egal, wer gewann,
solang es nur einer von ihnen beiden war.
Beide hatten ihre Angst völlig
vergessen. Es war nicht schwer, sie zu überrumpeln.
„Hallo, Nathan, wie geht’s?“ kam eine
Stimme aus dem Nichts, und Nathan tappte mitten hinein in die Falle. Ohne
nachzudenken hob er den Kopf und schaute sich um, um zu sehen, wer ihn da rief.
Zu spät bemerkte er seinen Fehler, als er in das Gesicht des dicken Jungen sah,
der ein paar Meter von ihm entfernt stand.
Julia bekam von allem nichts mit. Ihre
Münze hatte den Berg zum Einsturz gebracht, und die Pennies ratterten nur so in
die Auffangrinne. „Ich hab gewonnen! Ich hab gewonnen!“ rief sie triumphierend
und schaufelte das Geld mit beiden Händen aus der Rinne. „Nathan, ich hab
gewonnen!“
„Halt die Klappe“, sagte Nathan.
Doch es war bereits zu spät. Julia
hatte seinen Namen gesagt. Der dicke Junge kam grinsend auf den völlig
benommenen Nathan zu.
„Ich kenne dich, Nathan Browne“, sagte
der dicke Junge. „Ich hab dich erwischt, was?“
Julia hörte auf, das Geld aus der Rinne
zu schaufeln. Vor Verwirrung und Schreck klappte ihr der Unterkiefer herunter.
Sie sah, wie Nathan einen Schritt zur Seite machte und losrennen wollte. Doch
auf der anderen Seite des Automaten stand der Vater des dicken Jungen! Nathan
wich zurück, lief um Julia herum, wobei er sie fast über den Haufen rannte, und
sah sich wieder dem dicken Jungen gegenüber.
Verzweifelt schlug Nathan mit den
Fäusten um sich. Der dicke Junge war größer und sehr viel schwerer, doch Nathan
war drahtig und flink. Er boxte den Jungen mit aller Kraft in den Bauch, und
als der aufheulte und sich krümmte, sprintete Nathan an ihm vorbei und über die
Promenade zum Strand. Julia überließ er ihrem Schicksal.
„Dich kriegen wir aber, junge Dame“,
sagte der Vater
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