Auf verlorenem Posten
Ihnen alle Bereiche zu zeigen, die wir Ihnen zeigen dürfen.«
»Vielen Dank, aber nein.« Hauptmann lächelte McKeon an, doch die Augen nahm er nicht von Honor. »Meine Zeit ist begrenzt, Commander. Soviel ich weiß, wird der Kurier die Rückreise nach Manticore antreten, sobald er sich seiner Pflichten bei Kommissarin Matsuko entledigt hat. Wenn ich nicht mit ihm aufbreche, muß ich mich selbst um die Rückreise kümmern.«
»Darf ich Ihnen dann die Gastfreundschaft der Offiziersmesse anbieten?«
»Schon wieder nein danke.« Hauptmann lächelte erneut, doch diesmal zeigte das Lächeln Zeichen von Anspannung. »Wofür ich hingegen wirklich dankbar wäre, Commander Harrington, wären einige Augenblicke Ihrer Zeit.«
»Selbstverständlich. Wenn Sie mich in meinen Besprechungsraum begleiten würden?«
Höflich trat sie beiseite, um Hauptmann als ersten in die Liftkabine steigen zu lassen, und nach ihr schloß McKeon sich an. Während der Lift zur Brücke fuhr, herrschte in seinem Inneren Schweigen. Es war kein entspanntes Schweigen. Honor konnte unter der Oberfläche förmlich gefletschte Zähne und zuckende Krallen spüren. Sie befahl ihrem Herzen allen Ernstes, nicht zu rasen. Dies war ihr Schiff, und die Tatsache, daß das Hauptmann-Kartell die Fearless vermutlich aus der Portokasse hätte bezahlen können, änderte überhaupt nichts daran.
Der Lift erreichte die Brücke. Lieutenant Panowski hatte Wache. Der Diensttuende Astrogator erhob sich aus dem Kommandosessel, als sein Captain die Kommandozentrale betrat.
»Weitermachen, Lieutenant«, sagte sie und führte ihren Gast zum Besprechungsraum, während Panowski sich wieder in den Sessel sinken ließ. Sonst sah niemand von seiner oder ihrer Arbeit auf. Es war eine wie einstudiert wirkende Weigerung, die Anwesenheit Hauptmanns zur Kenntnis zu nehmen. Honor unterdrückte ein ironisches Grinsen über die unausgesprochene Ablehnung des Magnaten durch die Brückencrew, als die Luke des Besprechungsraums sich vor ihnen öffnete. Natürlich wußten oder vermuteten alle, warum Hauptmann hier war, und nach der lustlosen Niedergeschlagenheit und verdeckten Feindseligkeit, die diese Leute ihr einst entgegengebracht hatten, war die stille Unterstützung, die sie nun zur Schau stellten, um so mehr wert.
Die Luke schloß sich wieder. Honor forderte Hauptmann mit einer Handbewegung auf, sich in einen der Sessel zu setzen. Der Magnat stellte sich daneben, doch er setzte sich nicht und blickte McKeon an.
»Wenn es Ihnen nichts ausmacht, Commander Harrington, würde ich es vorziehen, mit Ihnen unter vier Augen zu sprechen«, sagte er.
»Commander McKeon ist mein Erster Offizier«, antwortete Honor mit unterkühlter Höflichkeit.
»Das weiß ich, doch ich habe vor, vertrauliche Angelegenheiten mit Ihnen zu bereden. Bei allem schuldigen Respekt gegenüber Commander McKeon muß ich leider darauf bestehen, unter vier Augen mit Ihnen zu sprechen.«
»Ich fürchte, das wird nicht möglich sein, Mr. Hauptmann.« Ihr Gesicht blieb unbewegt, und außer ihr durfte niemand wissen, wie schwer es ihr fiel, einen spröden Unterton aus ihrer Stimme herauszuhalten. Sie zog ihren eigenen Sessel vor und setzte sich darauf, dann bedeutete sie McKeon, sich an ihre rechte Seite zu setzen, und warf Hauptmann ein Lächeln zu.
Als sie seine Forderung zurückwies, lief der erste echte Ausdruck über das Gesicht ihres Besuchers – ein schwaches Erröten an den starken Wangenknochen und ein leichtes Flattern der Nasenflügel. Klaus Hauptmann war eindeutig nicht gewohnt, daß man sich seinen Wünschen widersetzte. Das war zwar schade, doch andererseits konnte er sich genausogut jetzt daran gewöhnen.
»Ich verstehe.« Er lächelte dünn und setzte sich in den zugewiesenen Sessel, lehnte sich zurück und schlug mit eleganter Leichtigkeit die Beine übereinander, als wollte er dem Besprechungsraum damit das Siegel seines Privateigentums aufdrücken. Honor saß einfach wartend da, hatte den Kopf leicht schräg gelegt und ein aufmerksames Lächeln aufgesetzt. McKeons Gesicht war weniger offen. Er trug den förmlichen, maskengleichen Ausdruck, den Honor kennen und hassen gelernt hatte. Wenigstens richtete er sich diesmal nicht gegen sie.
Aus der Deckung ihres Lächelns heraus musterte Honor Hauptmann und hielt sich zurück, bis er anfangen würde. Ihr Gehirn spürte noch einmal alles ab, was sie über ihn wußte und was sie über ihn gehört hatte.
Der Hauptmann-Clan war eine der reichsten Familien
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