Auf verlorenem Posten
Ihnen eintreffen. Guten Tag.«
»Guten Tag, Commander«, antwortete Hauptmann. Honor trennte die Verbindung und warf sich in die Polster des Sessels zurück. Sie würde Nimitz in ihr Quartier bringen und ihn dort festsetzen müssen, bevor Hauptmann an Bord kam. Eine ‘Katz war viel zu empfindlich für Gefühlsregungen, als daß …
»Captain?« Honor beherrschte sich und zuckte nicht zusammen. McKeon stand wieder neben ihr. »Ja, Commander?«
»Captain – ich glaube nicht, daß Sie ihn allein treffen sollten«, sagte McKeon mit sichtlichem Zögern. Aus seinen grauen Augen sprach Besorgnis.
»Danke für Ihre Anteilnahme, Eins-O«, erwiderte Honor ruhig. »Doch ich bin Captain dieses Schiffes, und Mr. Hauptmann wird an Bord nur ein Besucher sein.«
»Verstanden, aber …« McKeon verstummte und kaute nachdenklich auf der Lippe, dann straffte er die Schultern wie ein Mann, der den Gewehren des Exekutionskommandos die Brust darbietet. »Ma’am, ich glaube keine Sekunde, daß es sich um einen einfachen Höflichkeitsbesuch handelt. Und …«
»Einen Moment, Commander.« Sie bedeutete ihm mit einer knappen Geste zu warten, erhob sich und sah Webster an. »Samuel, Sie haben die Wache. Falls Sie uns brauchen, finden Sie den Eins-O und mich in meinem Besprechungsraum.«
»Aye, aye, Ma’am. Ich habe die Wache«, bestätigte der Signaloffizier. Honor forderte McKeon wortlos auf, ihr zu folgen.
Sie begaben sich in den Besprechungsraum. Honor setzte Nimitz auf einer Ecke des Konferenztisches ab, während die Luke zufuhr und sie vor den zahlreichen Ohren der Brückenbesatzung abschirmte. Nimitz ließ sich nieder, ohne zu protestieren. Er setzte sich auf die vier hinteren Gliedmaßen und musterte McKeon eingehend.
»Nun, Commander«, wandte Honor sich dem I. O. zu, »was wollten Sie sagen?«
»Captain, Klaus Hauptmann kommt an Bord dieses Schiffes, um sich über unsere – über Ihre – Aktionen in diesem Sonnensystem zu beschweren«, antwortete McKeon geradeheraus. »Ich habe Sie beizeiten gewarnt, daß er wütend sein würde. Sie haben ihn bloßgestellt und gedemütigt, um das Mindeste zu sagen. Es würde mich überhaupt nicht überraschen, wenn ihm oder seinem Kartell ernstzunehmende Anklagen bevorstehen.«
Honor verschränkte die Arme unter den Brüsten und blickte dem Eins-O direkt in die Augen. »Das ist mir bekannt.« Ihre Stimme verriet keine Regung.
»Das weiß ich, Ma’am. Ich weiß auch, daß Ihnen sein Ruf bekannt ist.« Honor nickte. Klaus Hauptmanns rücksichtsloser Ehrgeiz, sein leidenschaftlicher Stolz und die vulkanartigen Wutausbrüche waren immer wieder ein gefundenes Fressen für die Medien.
»Ich bezweifle, daß er von so weit her gekommen wäre, wenn er sich nur bei Ihnen beschweren wollte, Ma’am.« McKeon gab ihren Blick unverwandt zurück.
Sein Gesichtsausdruck war eine Legierung aus Besorgnis und mehr als einer Spur Verlegenheit. »Ich glaube, er wird Sie unter Druck setzen, damit Sie Ihr Einsatzschema ändern. Mindestens.«
»In diesem Fall wäre er umsonst hergekommen«, entgegnete Honor knapp.
»Das weiß ich, Ma’am. Tatsächlich …« McKeon unterbrach sich. Selbst in diesem Augenblick konnte er seinen komplizierten Gefühlszwiespalt nicht erklären. Er wußte, daß Harrington bis aufs äußerste besorgt sein mußte, doch er wußte auch – und hatte von Anfang an gewußt –, daß sie sich niemals einschüchtern ließe, anders zu handeln, als sie glaubte, daß ihre Pflicht es verlangte. Die Auswirkungen, die dies auf das Schiff und auf McKeon persönlich haben konnte, waren furchterregend. Trotzdem verspürte er ungeachtet seines Grolls einen eigenartigen Stolz auf sie. Und das erfüllte ihn mit noch mehr Scham über seine Unfähigkeit, Gefühl hin, Gefühl her, ihr der Erste Offizier zu sein, den sie verdiente. »Captain, ich will sagen, daß Klaus Hauptmann dafür bekannt ist, mit harten Bandagen zu kämpfen. Er ist alles andere als zimperlich. Er ist einflußreich und arrogant. Wenn Sie seinen Wünschen nach Änderungen des Einsatzschemas nicht nachkommen, wird er alles versuchen, um Sie dazu zu … überreden.« Er verstummte wieder, und Honor hob fragend die Augenbrauen. »Ma’am, ich finde, Sie sollten ihn das nicht unter vier Augen tun lassen. Ich finde« – bevor er darüber nachdenken konnte, überschritt er die Grenze –, »daß Sie einen Zeugen für das Gesagte haben sollten.«
Honor hätte vor Überraschung beinahe den Blick gesenkt. Wie es im Augenblick aussah,
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