Auf verlorenem Posten
Cardones, und McKeon wandte sich mit seltsam glänzenden Augen ab. Sein Gesichtsausdruck war eine eigenartige Mischung aus unglücklichem Stirnrunzeln und etwas, das an ein Lächeln erinnerte. Der I.O. schien tief in Gedanken versunken zu sein.
Gleich nachdem der Kurier der Krone den Eintritt in die Umlaufbahn beendet hatte, legte ein Kutter ab und senkte sich in die Atmosphäre des Planeten. Honor saß im Kommandosessel. Sie beobachtete die Spur des absinkenden Landebootes auf dem Display und gab sich Mühe, ruhiger auszusehen, als sie sich fühlte.
Ein Schatten fiel von der Seite auf sie. Als sie aufblickte, stand McKeon neben ihr. Sein besorgtes Gesicht war der gewohnten Panzerung aus Förmlichkeit beraubt, als auch er das Display betrachtete.
»Gibt es Neues von Dame Estelle, Ma’am?« fragte er leise.
»Nein.« Auf Honors Schoß schnatterte Nimitz mit gelinder Besorgnis. Ohne hinabzugehen, streichelte sie ihm den runden Kopf. »Sie ist angewiesen worden, eine persönliche Depesche von Gräfin Marisa zu erwarten; davon abgesehen wurde mit keinem Wort darauf eingegangen, wer sich sonst noch an Bord befindet.«
»Ich verstehe.« McKeons Stimme klang leise und angespannt. Er wollte ansetzen, noch etwas zu sagen, doch dann zuckte er die Achseln und sah sie beinahe entschuldigend an, bevor er zur eigenen Station zurückkehrte. Abwartend richtete Honor die Aufmerksamkeit wieder auf das Display vor sich. Hinter ihr erklang ein Glockenspiel.
»Captain?« Lieutenant Websters Stimme war nervöser als üblich. »Ich habe eine persönliche Mitteilung vom Kurierboot für Sie, Ma’am.« Er machte eine Pause.
»Soll ich sie auf den Bildschirm des Besprechungsraums legen?«
»Nein, Lieutenant«, antwortete Honor im gewohnt ruhigen und höflichen Ton, doch den scharfen Ohren des Signaloffiziers blieb die Anspannung darin nicht verborgen. »Legen Sie sie auf meinen Bildschirm hier.«
»Aye, aye, Ma’am. Übertragung läuft.« Der Combildschirm des Kommandosessels erhellte sich, und Honor sah sich dem möglicherweise reichsten Menschen im Sternenkönigreich von Manticore gegenüber. Sie war ihm niemals persönlich begegnet, doch das breite Bulldoggengesicht hätte sie überall erkannt.
»Commander Harrington?« Die Stimme des Fragenden war Honor aus zahlreichen Interviews im HD bekannt: ein tiefer, rollender Bariton, zu samtig, um echt zu sein. Der Tonfall klang höflich genug, doch die blauen Augen in dem allzu gutaussehenden Gesicht glänzten hart.
»Ja?« fragte sie höflich, doch sie weigerte sich, ihren Kotau vor seinem Ruf zu machen oder auch nur zuzugeben, daß sie wußte, wer er war. Sie bemerkte, daß seine Augen sich um einen Millimeter verengten.
»Ich bin Klaus Hauptmann«, sprach der Bariton nach einem Augenblick. »Gräfin Marisa war so freundlich, mir zu gestatten, ihr Kurierboot zu benutzen, nachdem ich feststellte, daß sie eins absandte.«
»Ich verstehe.« Hauptmanns Gesicht war viel zu gut trainiert, als daß es etwas verraten hätte, das er verbergen wollte, doch sie glaubte, ein Aufflackern der Überraschung über ihre anscheinende Ruhe zu erkennen. Vielleicht hatte er nicht daran gedacht, daß ihre Leute bei Basilisk Control die Bedeutung seiner Ankunft begreifen und sie rasch genug darauf vorbereiten würden. Oder vielleicht hatte er auch ihr Vorwissen vorausgesetzt und war erstaunt, daß sie nicht bereits vor Furcht bebte. Nun, die Furcht, die er nicht sehen konnte, versicherte sie sich fest, würde ihm auch nichts nützen.
»Der Zweck meiner Reise, Commander«, fuhr Hauptmann fort, »ist ein … Höflichkeitsbesuch bei Ihnen. Wäre es möglich, daß ich Sie während meiner Anwesenheit im Basilisk-System in Ihrem Schiff aufsuche?«
»Selbstverständlich, Mr. Hauptmann. Es ist der Navy stets ein Vergnügen, einer prominenten Person wie Ihnen einen Gefallen zu erweisen. Soll ich Ihnen einen Kutter schicken?«
»Jetzt gleich?« Hauptmann konnte sein Erstaunen nicht ganz verhehlen, und Honor nickte freundlich.
»Wenn Ihnen das recht wäre, Sir. Im Moment stehen keine dringenden Aufgaben für das Schiff an. Wenn Sie Ihren Besuch lieber später abstatten würden, wäre es mir eine Freude, Sie jederzeit zu empfangen, so weit ich es einrichten kann. Wir müßten dann natürlich unsere Terminplanung aufeinander abstimmen.«
»Nein, nein. Jetzt gleich paßt mir sehr gut, Commander. Ich danke Ihnen.«
»Keine Ursache, Mr. Hauptmann. Mein Kutter wird im Laufe der nächsten halben Stunde bei
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