Auf zehn verschlungenen Wegen einen Lord erlegen
wolltest. Und richte dem Duke of Leighton aus, dass er mit einer Armee anrücken muss, wenn er Georgiana holen will. Solange sie bei uns bleiben möchte, werde ich sie mit aller Macht beschützen.“
„Und ich werde dir dabei zur Seite stehen.“
„Hör auf!“ Seine Worte brachten sie dazu, die Fassung zu verlieren. „Meinst du, ich könnte vergessen, was geschehen ist? Du hast uns verraten! Hast mich verraten!“ Sie hielt kurz inne und dachte an alles, was sie ihm erzählt hatte. „Glaubst du allen Ernstes, dass ich – nach allem, was du getan hast – dieses Haus, die Mädchen, in deine Hände geben würde? Ganz gewiss nicht. Nicht, wenn deine Loyalität wie Vieh an den höchsten Bieter geht.“
Ihre Worte senkten sich zwischen sie; sie war zu weit gegangen. Nun verlor auch er die Beherrschung. Er packte sie bei den Schultern und zwang sie, ihn anzusehen. „Ich höre mir deine Vorwürfe an, ich stelle mich deinem Zorn. Aber ich werde mich nicht in meiner Ehre verletzen lassen!“
Sie wollte etwas erwidern, doch er ließ sie nicht zu Wort kommen. „Nein, Isabel, jetzt hörst du mir zu. Ich bin hier, um diesem Mädchen zu helfen, nicht, um ihr etwas zuleide zu tun. Hätte ich gewusst, dass sie hier in Sicherheit ist, hätte ich den Auftrag nicht angenommen. Doch wie sollte ich das wissen? Mein Freund war außer sich vor Sorge, und ich wollte ihm helfen. Dabei bin ich auf dein Amazonennest gestoßen, und auch deine Geheimnisse haben sich mir bei der Gelegenheit erschlossen – wenngleich es nicht allzu schwer war, sie zu erraten. Aber nichts davon ist Leightons Angelegenheit. Leighton geht allein nur dieses Mädchen an …“, er zeigte zur Tür, durch die Georgiana verschwunden war, „… und das Kind, das sie trägt. Ich habe dir mein Wort gegeben, und ich werde es halten. Ich habe dir versprochen, dich zu schützen und deine Geheimnisse zu wahren. Genau das werde ich tun.“
Isabel wusste kaum, was sie sagen sollte, als er sie losließ und zur Tür marschierte. Erst als er die Hand schon auf die Klinke gelegt hatte, fand sie wieder Worte. „Woher wusstest du es?“
Er sah nur kurz über die Schulter, sein Ton war barsch. „Woher wusste ich was?“
„Dass Georgiana ein Kind erwartet?“
Er schien mit seiner Geduld am Ende. „Wie ich bereits sagte, Isabel: Ich bin sehr gut in dem, was ich tue.“
„Ich auch!“, rief sie gereizt.
„Ja, du bist sehr gut darin, etwas zu verbergen.“
„Ich bin sehr gut darin, sie zu verbergen“, korrigierte sie und dachte an die Mädchen. Sie dachte immer an die Mädchen.
Langsam drehte er sich um, ein Lächeln auf den Lippen, das ihr nicht gefiel. „Du tust das alles für sie, was?“
„Ja, natürlich.“
„Das glaube ich dir nicht.“
Sie blinzelte. „Doch!“
„Nein. Ich glaube, du tust es für dich, Isabel. Damit du dich hier verstecken kannst und dich der Welt jenseits deines kleinen Königreichs nicht zu stellen brauchst – und allem, was damit einhergeht.“
Seine Worte ließen sie erstarren.
Das stimmte nicht.
Es stimmt einfach nicht!
Er wartete eine Weile, dass sie etwas erwiderte, doch sie schwieg. „Morgen früh bin ich fort. Ich werde Yorkshires langsam müde.“
Und damit verließ er das Zimmer und schloss die Tür fest hinter sich.
Sowie er gegangen war, kroch Isabel in ihr Bett. Die Auseinandersetzung mit ihm hatte sie aufgewühlt, erschöpft. Sie wusste kaum noch, was sie denken, was sie fühlen sollte. Er schien so ehrlich, so aufrichtig, so verletzt .
Aber was war mit ihr?
Wie wundervoll war es gewesen, als sie bei der Suche nach Georgiana diesen starken, zupackenden Mann an ihrer Seite gehabt hatte! Welch schönes Gefühl, einen Verbündeten zu haben! Oder nach all den Jahren ihre Last mit jemandem teilen zu können. Und der Trost, den sie bei ihm gefunden hatte!
Doch dann die schreckliche Leere, als er ihr all das wieder nahm.
Vielleicht hatte er recht. Vielleicht hatte sie Angst – vor der Welt, vor ihrem Leben.
Isabel rollte sich auf der Seite zusammen; sie würde diesen Gedanken nicht zulassen.
Sie musste wütend bleiben.
Denn sie wusste nicht, ob sie die Finsternis ertrüge, wenn sie die Trauer zuließ, die nur darauf zu lauern schien, sich auf sie zu stürzen.
Nick konnte nicht schlafen und hatte in den Stallungen Zuflucht gesucht. Rastlos marschierte er auf und ab, hielt die Pferde wach und ließ sich die letzten paar Tage noch einmal durch den Kopf gehen, dachte an all die Gelegenheiten, bei denen
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