Auf zehn verschlungenen Wegen einen Lord erlegen
man mich so genommen, wie ich bin.“
Leighton fuhr sich mit der Hand durchs Haar. „Tue ich das denn nicht? Georgie, was immer passiert ist … weshalb auch immer du hierhergekommen bist, ich kann es wieder in Ordnung bringen, versprochen.“
Sie erwiderte seinen Blick mit majestätischer Bestimmtheit. „Nein, das kannst du nicht, Simon. Und du brauchst es auch nicht. Ich bin froh, dass du gekommen bist, froh, dass wir uns gesehen haben. Noch mehr freut mich, dass Isabel und die anderen nicht mehr in stetiger Angst leben müssen, dass du eines Tages hier auftauchst. Aber ich komme nicht mit dir zurück. Ich bleibe hier. Das ist jetzt mein Zuhause.“
„So ein Unsinn“, schnaubte Leighton. „Du bist die Schwester des Duke of Leighton. Du hast ein Leben verdient, das einer Duchess würdig ist.“
Ein feines Lächeln huschte über Georgianas Lippen. „Was lässt dich glauben, dass ich dieses Leben nicht hier finden könnte?“
„Himmelherrgott, Georgiana, schau dich doch mal um!“
Nick sah, dass Isabel zur Verteidigung von Townsend Park ansetzen wollte, es sich dann aber anders überlegte. Sie bemerkte seinen Blick und schwieg. Er nickte wohlwollend. Kluges Mädchen . Hier ging es nicht um sie.
„Mir gefällt es hier. Und Lady Isabel war so gütig, mir eine Stellung anzubieten.“
„Eine Stellung?“, rief Leighton ungläubig.
Das Mädchen nickte. „Ja, als Gouvernante des Earls.“
Der Herzog war fassungslos. Er sah Nick an, dann Isabel, dann wieder seine Schwester. „Als Gouvernante?“, polterte er los. „Du gehörst hier zum Personal ?“
„Nun, so würde ich es nicht nennen, Euer Gnaden“, mischte Isabel sich jetzt ein.
„Ach nein? Wie würden Sie es denn nennen, Lady Isabel?“
„Jede Bewohnerin auf Townsend Park trägt ihren Teil zur Gemeinschaft bei.“
Isabel dabei zuzuhören, wie sie dem echauffierten Leighton zu erklären versuchte, nach welchen Prinzipien das gelinde gesagt ungewöhnliche Leben auf Townsend Park funktionierte, war erheiternd. Wäre die Lage nicht so ernst gewesen, hätte Nick gelacht. Allerdings schien Leighton kurz davor, Isabel oder seiner Schwester oder gleich beiden an die Gurgel zu springen, was dann doch kein Anlass zur Heiterkeit war.
„Im Klartext heißt das: Wenn ich eine Gouvernante für Ihren Bruder bezahlen würde, bräuchte meine Schwester hier nicht zu arbeiten“, fasste Leighton zusammen.
Isabel überlegte und spitzte die Lippen – Nick konnte sich kaum an ihr sattsehen. „Nein, nicht ganz.“
„Ich würde das ohnehin nicht wollen, Simon“, wandte Georgiana ein.
Der Duke verlor nun endgültig die Geduld. „Mach dich nicht lächerlich! Du kommst mit mir nach Hause.“
Georgiana sah zu Isabel, die ermutigend nickte. „Nein“, sagte Georgiana dann und holte tief Luft. „Das werde ich nicht.“
Leighton zürnte. „Dir bleibt gar keine andere Wahl. Ich bin dein Bruder und Vormund.“
„Simon.“ Ihre Stimme war auf einmal ganz sanft und voll der schwesterlichen Liebe. „Ich weiß, dass du um mich besorgt bist. Aber versteh bitte, dass ich nicht mit dir kommen kann. Nicht jetzt. Mir gefällt es hier. Ich weiß, dass ich hierher gehöre. In diesem Haus bin ich sicher.“
Der Duke senkte den Kopf. Nick bekam Mitleid mit ihm, dem elften Duke of Leighton, dem in seinem ganzen Leben noch nie etwas versagt geblieben war. Er musste völlig durcheinander und verunsichert sein, einer Situation ausgeliefert, die er so gar nicht verstand. Dabei meinte er es doch nur gut. Nick kannte dieses Gefühl; er hatte es während der letzten sechs Tage oft genug durchlebt. Wie es aussah, verstanden die Frauen von Minerva House sich prächtig darauf, jeden Mann zutiefst zu verunsichern, der ihnen in die Quere kam.
Allerdings schien sich das Mädchen nicht darüber im Klaren, dass sie ihr kleines Geheimnis nicht ewig würde wahren können. Isabel konnte sie zwar verstecken, doch es war nur eine Frage der Zeit, bis die Neuigkeit London erreichte, dass die Schwester des Duke of Leighton, die sich in Yorkshire aufhielt, ein Kind erwartete. Dann träfe der Skandal Leighton mit voller Wucht. Und mit ihm die ganze Familie.
Darauf sollte er vorbereitet sein.
Doch war es nicht an Nick, ihn darüber in Kenntnis zu setzen.
Schließlich sah Leighton wieder auf. „Sag mir wenigstens, was passiert ist.“
Verzweiflung schwang in seiner Stimme mit. Noch nie hatte Nick ihn so aufgelöst, ihn so viel Gefühl zeigen sehen. Plötzlich schienen er und Isabel nur zu
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