Auf zehn verschlungenen Wegen einen Lord erlegen
schrecklich beklommen zumute.
Sie würde wieder allein sein.
„Densmore“, sagte sie tonlos.
„Nein.“ Lara schüttelte den Kopf. „Der Duke of Leighton. Er ist gekommen, um seine Schwester zu holen.“
19. KAPITEL
K urz darauf stand Isabel vor dem Schulzimmer des Earls und presste das Ohr an die schwere Mahagonitür. Von drinnen drangen gedämpfte Männerstimmen, doch kein Wort war zu verstehen. Sie verfluchte ihren Vorfahr, der so robust hatte bauen lassen.
„Ist das Nick?“, flüsterte sie.
„Ja“, erwiderte Jane leise. „Er ist sofort heruntergekommen.“
Gereizt wandte Isabel sich zu ihrer Butlerin um. „Und warum darf er noch vor mir mit Leighton reden?“
Jane sah entschuldigend drein. „Bei seiner Ankunft hat Lord Leighton darum gebeten, dich, Lord Nicholas und seine Schwester zu sprechen. Da seine Schwester nicht infrage kam und du noch geschlafen hast, habe ich mich für Lord Nicholas entschieden, um unseren Besucher schon mal ein bisschen zu besänftigen.“
„Er ist verärgert?“
„Gar keine Frage. Er kocht vor Wut.“
„Nun, wahrscheinlich sollte uns das nicht überraschen“, meinte Isabel und presste das Ohr wieder an die Tür.
„So wirst du nichts hören“, raunte ihre Butlerin.
„Danke, Jane, das habe ich auch schon festgestellt.“
Worüber die beiden wohl gerade sprachen?
Ob Nick sich für sie einsetzte?
Oder verriet er sie einmal mehr?
Isabel verwarf den Gedanken wieder. Denn nach letzter Nacht …
„Du könntest ums Haus herumschleichen und dich unter eines der Fenster stellen“, schlug Jane vor.
Isabel zog es in Erwägung, befand diese Möglichkeit dann jedoch für ziemlich feige. Und unwürdig. Musste sie jetzt schon in ihrem eigenen Haus lauschen? Seufzend lehnte sie sich an die Tür und schaute zur Treppe hinüber, wo Lara mit Georgiana stand. „Nein, ich werde hineingehen“, sagte sie und wollte gerade die Tür öffnen, als Lara sie zurückhielt. „Willst du nicht erst klopfen?“
„Nein, will ich nicht. Und zwar aus zwei Gründen: erstens schätze ich den Überraschungseffekt, und zweitens ist es mein Haus. An den Gedanken sollte der Duke sich besser gewöhnen.“
Drei zweifelnde Augenpaare folgten ihr, als sie das Arbeitszimmer betrat und die Tür entschieden hinter sich schloss.
„Verdammt noch mal, Leighton, jetzt hör mir doch mal zu …“ Nick verstummte, als sie hereinkam, und grüßte sie mit knapper Verbeugung. Seine blauen Augen blickten besorgt, und Isabel wusste nicht, ob es nur daran lag, dass ihr auf einmal das Herz bis zum Hals schlug.
Er sah einfach zu gut aus .
Rasch wandte sie ihr Augenmerk dem Besucher zu.
Auch nicht viel besser.
Der Herzog sah aus wie ein Engel. Noch nie hatte sie einen Mann wie ihn gesehen – einen Mann, den man wirklich nur als schön bezeichnen konnte. Groß war er, mit breiten Schultern und einem Schopf goldblonder Locken, mit hohen, markanten Wangenknochen und Augen, die denen seiner Schwester glichen: goldbraun wie warmer, süßer Honig.
Gewiss konnte dieser engelsgleiche, göttlich schöne Mann unmöglich jener arrogante, anmaßende Aristokrat sein, für den alle Welt ihn hielt.
„Und Sie sind wahrscheinlich das Mädel, das meine Schwester versteckt hält“, empfing er sie. Seine Stimme war tonlos und kalt.
Wie es aussah, war er sowohl arrogant und anmaßend als auch ausgesprochen unhöflich.
„Leighton“, warnte ihn Nick.
Isabel freute sich zwar über seinen Beistand, doch das würde sie ihm nicht zeigen.
Sie brauchte seine Hilfe nicht. Sie schaffte das auch ohne ihn.
„Ich bin Lady Isabel“, sagte sie und straffte die Schultern.
Was dem Herzog herzlich gleichgültig schien. „Schön, dass Sie endlich die Güte haben, sich zu uns zu gesellen.“
Seine unverschämten Worte brachten sie noch mehr auf. Welch unausstehlicher Mann. Kein Wunder, dass Georgiana von zu Hause weggelaufen war. „Was kann ich für Sie tun?“
„Ich habe schon alles mit St. John besprochen.“
Nun reichte es ihr aber. „Wie schön für Sie. Doch leider wird Lord Nicholas Ihnen nicht weiterhelfen können, denn ich bin es, die auf Townsend Park das Sagen hat.“
Er musterte sie wie ein lästiges Insekt. „Soweit ich unterrichtet bin, Lady Isabel “, sagte er spöttisch, „haben Sie keinerlei rechtlichen Anspruch auf Townsend Park, können weder über das Haus verfügen, noch über seine Verwendung bestimmen.“ Seine Worte ließen sie erstarren. „Weshalb es reine Zeitverschwendung sein dürfte,
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