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Auf zehn verschlungenen Wegen einen Lord erlegen

Auf zehn verschlungenen Wegen einen Lord erlegen

Titel: Auf zehn verschlungenen Wegen einen Lord erlegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Maclean
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„Spurlos verschwunden, ebenso wie unsere Pferde. Nur ein plötzlicher Todesfall kann entschuldigen, dass es so lange dauert, ein Pferd zu satteln.“
    „Plötzlicher Tod des Pferdes?“
    „Ich dachte eher an den Stallburschen“, brummte Rock und machte sich auf in Richtung Stallungen. Nick blieb allein im Hof zurück und konnte dem Dörfchen Dunscroft nun seine ungeteilte Aufmerksamkeit widmen.
    Sie waren nahe dran.
    Die beiden waren Lady Georgianas Fährte quer durch England bis nach Yorkshire gefolgt, wo ihre Spur sich verlaufen hatte. Der letzte Anhaltspunkt fand sich hier, in Dunscroft, wo der Junge von der Post sich an eine Dame, „so schön wie ein Engel“, erinnerte, die vor ein paar Tagen der Postkutsche entstiegen war. Leider konnte er sich nicht daran erinnern, wohin der schöne Engel danach entschwebt war. Nick war jedoch zu dem Schluss gelangt, dass es nicht weit gewesen sein konnte. Sie war noch hier in Dunscroft. Oder ganz in der Nähe.
    Er ließ seinen Blick über das Dorf schweifen, das sich im Wesentlichen entlang einer einzigen Straße reihte: Kirche, Gasthof und ein paar Ladengeschäfte als letzte Ausläufer der Zivilisation. Dem Gasthof gegenüber lag der Dorfanger, ein kleiner Flecken Grün, auf dem noch der abgeschmückte Maibaum stand. Die Maifeier dürfte hier vermutlich die aufregendste Nacht des Jahres gewesen sein. Während er so über den Anger schaute, fiel Nicks Blick auf eine Frau, die über die Wiese geschlendert kam.
    Sie las beim Laufen, den Blick fest auf einige Papiere gerichtet, die sie in den Händen hielt, und Nick fiel als Erstes auf, wie mühelos sie die Richtung halten konnte, obwohl sie ihre Umgebung kaum wahrzunehmen schien.
    Sie trug Trauer, ein einfaches schwarzes Tageskleid, schlicht, doch gut geschnitten, wenngleich schon etwas aus der Mode; aber das war hier, in dieser ländlichen Abgeschiedenheit, kaum anders zu erwarten. Ihr Kleid ließ vermuten, dass sie die Tochter eines Landadeligen war. Auch ihre Bewegungen wirkten so ungeziert, dass sie wahrscheinlich kaum mit den Manieren und Marotten der feinen Gesellschaft in Berührung gekommen war.
    Er betrachtete sie aufmerksam, registrierte, dass sie von auffallend hohem Wuchs war – er wüsste nicht, wann er je eine so große Frau gesehen hätte. Ihr schneller, entschiedener Gang war eine erfrischende Abwechslung zu den winzigen Trippelschritten, die man jungen Damen der Gesellschaft als den Gipfel der Anmut lehrte. Unweigerlich fiel sein Blick auf ihre Röcke, die sich bei jedem ihrer weit ausholenden Schritte an ihre langen, wohlgeformten Beine schmiegten. Der Rocksaum wurde aufgewirbelt und enthüllte schlichtes, robustes Schuhwerk, das eher praktisch als modisch war.
    Den schwarzen Haubenhut hatte sie tief in die Stirn gezogen, sodass er die Augen vor der Sonne schützte. Zwischen Hutkrempe und Briefbögen konnte Nick wenig mehr erkennen als eine sehr gerade, sehr kecke Nase. Müßig sann er über die Farbe ihrer Augen nach.
    Mittlerweile war sie fast bei der Straße angelangt, ohne auch nur einmal von ihrer Lektüre aufgeblickt zu haben. Er sah sie eine Seite umblättern, ohne aus dem Tritt zu geraten oder den Faden beim Lesen ihrer Korrespondenz zu verlieren. Ihre Fähigkeit sich zu konzentrieren faszinierte ihn; er fragte sich, wie es wohl wäre, selbst das Objekt solch ungeteilter Aufmerksamkeit zu sein. Ob sie alles, was sie tat, so ausschließlich anging?
    Er straffte sich und sah sich nach Rock um. Vermutlich hatte er einfach zu lange keine Frau mehr gehabt, wenn er schon anfing, über eine Unbekannte zu fantasieren, die zufällig in sein Blickfeld marschiert war.
    Und dann ging auf einmal alles ganz schnell.
    Es gab einen lauten Krach, dann Geschrei und Gewieher und ein Poltern, das Nick zunächst nicht einzuordnen wusste. Er wandte sich in die Richtung, aus der das Getöse kam, und sah erst einmal gar nichts. Dann ging ihm auf, dass sich die Ursache des Aufruhrs hinter der nächsten Straßenbiegung befinden musste – doch sollte es nicht lange dauern, bis der Ernst der Lage sich klar und deutlich zeigte.
    Zwei kräftige, robuste Gäule kamen mit stampfenden Hufen die Straße heruntergejagt. Hinter sich zogen sie einen Lastkarren her, der zwei Räder verloren und starke Schlagseite hatte. Pflastersteine fielen von der Ladefläche auf die Straße – was das Poltern erklärte, welches wiederum die Pferde noch mehr aufscheuchte, die in halsbrecherischem Tempo die Straße hinabgaloppierten. Der

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