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Auf zehn verschlungenen Wegen einen Lord erlegen

Auf zehn verschlungenen Wegen einen Lord erlegen

Titel: Auf zehn verschlungenen Wegen einen Lord erlegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Maclean
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Grafschaft gestraft werden. Und Nick ahnte auch, wer den Zorn der himmlischen Mächte auf sich gezogen hatte.
    Wie ein gewissenloser Schuft hatte er allen Ernstes erwogen, Lady Isabel zu küssen – hier, mitten auf dem Dach, nachdem sie ihm kurz zuvor ihre missliche Lage gestanden hatte.
    Als sie ihn mit großen braunen Augen angesehen hatte, war ihm sofort klar gewesen, dass sie sich küssen lassen würde – wenn auch wohl nur, weil sie ihm dankbar war.
    Dankbarkeit war indes kein hinreichender Grund, sich auf eine schwindelerregende Liaison einzulassen. Und so wurde seine Frustration von der Erleichterung aufgewogen, gerade noch rechtzeitig davongekommen zu sein.
    Als der erste Blitz schwefelgelb und grell herabfuhr, war Nick im Nu auf den Beinen, legte Lady Isabel seinen Arm um die Schultern und eilte mit ihr durch den Regen zur Dachluke. Kaum dort angelangt, duckte Isabel sich blitzschnell unter seinem Arm hindurch und lief in beängstigendem Tempo dorthin zurück, wo sie vorhin gearbeitet hatte.
    „Unsere Teerpaste!“
    Angesichts der nassen Ziegel, des strömenden Regens und der nicht unbeträchtlichen Gefahr eines Blitzschlags war es um seine Geduld geschehen. „Isabel!“ Ihr Name gellte über das Dach, laut und unheilvoll wie Donnerschläge. Abrupt blieb sie stehen und sah sich mit fragendem Blick um. „Lass sie stehen!“
    „Das kann ich nicht!“ Sie eilte weiter, das Dach hinab. Der Wind trug ihre Worte zu ihm. „Wir haben Stunden gebraucht, sie zuzubereiten!“
    „Du wirst sie stehen lassen und kommst sofort zurück!“, brüllte er.
    Sein Ton brachte sie dazu, einen zornigen Blick über die Schulter zu werfen. „Sie sind nicht mein Aufpasser, Mylord.“
    Ihr Zorn ließ sie unachtsam werden.
    Was ein Fehler war.
    Mit der Schuhspitze stieß sie gegen einen losen Ziegel, der hinab bis ans Gesims schlitterte und sie aus dem Gleichgewicht brachte. Nick sah die ungläubige Furcht in ihren Augen, als sie ins Straucheln geriet – doch da war er längst losgelaufen, sie zu retten.
    Sie ruderte mit den Armen, versuchte sich zu fangen, doch schon lösten sich weitere Ziegel und landeten krachend in der Tiefe. Die Angst machte sie unbedacht, und sie versuchte hastig hinaufzuklettern, was alles nur noch schlimmer machte.
    Jetzt war er bei ihr, griff nach ihrer Hand, hielt ihren Fall auf. Er sagte nichts, als ihre Blicke sich trafen. Er brauchte nichts zu sagen. Sein Zorn war offensichtlich und schien ihre Furcht zu vertreiben.
    Er schwieg auch, während sie mit den Füßen nach Halt suchte und sich von ihm aufhelfen ließ, als sie einige Male tief durchatmete, um ihren rasenden Pulsschlag zu beruhigen.
    Ebenfalls stumm hob er sie auf seine Arme und trug sie zurück zur Dachluke.
    Erst als er sie sicher dort abgesetzt hatte, sprach er wieder. „Ich bin vielleicht nicht Ihr Aufpasser, Isabel, aber irgendjemand muss es ja tun, wenn Sie es nicht selbst können.“ Er zeigte auf die offene Luke. „Und jetzt hinein mit Ihnen. Sofort.“
    Ob es an seinem Ton lag, am Regen oder einem Gefühl drohender Gefahr, auf jeden Fall tat sie, wie ihr geheißen. Ein Wunder!
    Nick sah zu, wie sie hineinkletterte, vergewisserte sich, dass sie in Sicherheit war, und ging dann die verdammte Paste holen, die ihr so wichtig war.
    Den Eimer in der Hand, ließ er seinen Blick über die verhangene Landschaft zu den Stallungen schweifen, wo der impertinente Bursche, mit dem er vorhin schon das Vergnügen gehabt hatte, sich mit aller Kraft gegen das Tor stemmte. Als er es geschlossen hatte, rannte er hinauf zum Herrenhaus. Wind und Regen prasselten ihm ins bartlose Gesicht. Um sich vor dem Ansturm der Naturgewalten zu schützen, zog er den Kopf zwischen die Schultern – wobei ihm die Kappe vom Kopf flog und seine Haare den Elementen preisgab.
    Sein sehr langes Haar.
    Nick stand wie gebannt, sah den Jungen die Kappe einfangen, die von unsichtbarer Hand davongetragen wurde. Wie lange rote Bänder flatterte sein Haar im Wind und war im Nu durchnässt. Als der Junge sich umdrehte und weiter hinauf zum Haus marschierte, konnte kein Zweifel mehr daran bestehen, was das Geheimnis von Townsend Park war.
    Nick ließ alle Dienstboten im Geiste noch einmal an sich vorbeiziehen: den jungen Stallburschen, den weibischen Butler, die zierlichen Diener.
    Das ganze Haus war voller Frauen!
    Deshalb kletterte Lady Isabel hier oben auf dem Dach herum und brach sich schier das Genick.
    Weil kein Mann im Haus war, der ihr diese Arbeit hätte abnehmen

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