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Auf zwei Planeten

Auf zwei Planeten

Titel: Auf zwei Planeten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurd Laßwitz
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schwimmenden Kabel umzogen, dessen Berührung durch ein Schiff ihnen sofort die getroffene Stelle anzeigte. Und keine Nachricht von außen! Der Handel unterbrochen, alle Arbeiter, deren Beschäftigung von der Schiffahrt abhing, ohne Tätigkeit. Und schon begann die mangelnde Einfuhr der Lebensmittel in einer drückenden Erhöhung der Preise sich zu zeigen.
    England war aus der Welt gestrichen. Aber die Welt ging weiter. Neue Raumschiffe kamen an mit neuen Luftbooten. Diese gingen nicht zur Verstärkung der Blockade ab, sondern sie suchten die englischen Kriegsschiffe in den Kolonien auf und bedrohten sie mit Vernichtung, soweit nicht die Befehlshaber sich in den Dienst der Kolonien stellten. Letztere sahen sich plötzlich auf sich selbst angewiesen. Indien, Kanada, die australischen Kolonien und das Kapland erklärten sich für unabhängig und setzten selbständige Regierungen ein. Dasselbe tat Irland. Die Marsstaaten erkannten sie als souveräne und neutrale Staaten an, und so gewaltig war der Eindruck, den die Vernichtung der englischen Flotte auf der ganzen Erde gemacht hatte, daß kein Staat Einspruch gegen diese Veränderungen erhob. Keine Hand rührte sich für England. Die anderen Nationen beeilten sich vielmehr, die bisherigen Handelsgebiete Großbritanniens für sich zu sichern. Von den kleineren Kolonien zog jede Macht an sich, was sie zur Abrundung oder zur besseren Verbindung ihres Besitzes für nötig hielt. Die Beute war vorläufig so reich, daß man sich an diejenigen Gebiete noch nicht machte, die zu Streit unter den Erbteilern hätten Anlaß geben können. Im stillen verhandelten die europäischen Großmächte über eine Teilung des englischen Besitzes am Mittelmeer und eine Auflösung der Türkei.
    Jetzt erst ließen die Martier Zeitungen der auswärtigen Staaten nach England gelangen. Was man dort längst befürchtet hatte, war eingetroffen. Die Völker teilten sich in die englische Erbschaft, ohne sich viel darum zu bekümmern, ob der Erblasser wirklich tot sei. Das gab den Ausschlag. Die Furcht, auch das Letzte zu verlieren, bändigte den englischen Nationalstolz. Man bat um Frieden.
    Alles, was die Martier verlangt hatten, wurde zugestanden, nur den Kapitän Keswick und den Leutnant Prim konnte man nicht mehr bestrafen. Sie waren bei einem Versuch, die Blockade zu brechen, mit ihrem Schiff untergegangen, von den Martiern aber gerettet worden. Sie befanden sich als Gefangene bereits am Nordpol. Aber auch den gegenwärtigen Zustand in den Kolonien und die Abmachungen der Mächte über die Türkei mußte England anerkennen. Dafür erklärten die Marsstaaten, das nun wehrlose England gegen alle etwaigen weiteren Angriffe auf seinen nunmehrigen Bestand schützen zu wollen. England hatte einen Protektor. –
    Nach einer durch ungeheuren Repulsitverbrauch beschleunigten Fahrt von nur siebzehn Tagen war Ill auf dem Nordpol der Erde eingetroffen. Am fünften April war der Präliminarfriede geschlossen und die Blockade aufgehoben worden.
    Aber nicht nur das gedemütigte England beugte sich dem Sieger, der unter den Kanonen von Portsmouth dreihundert Kriegsschiffe binnen drei Stunden durch ein halbes Dutzend Luftschiffe mit nur 144 Mann Besatzung vernichtet hatte. Was die Nachrichten über die hohe Kulturaufgabe der Martier nicht vermocht hatten, das Entgegenkommen der zivilisierten Erdstaaten zu gewinnen, das brachte die Bezwingung Englands durch Nihilit und Repulsit alsbald zustande. Es begann ein förmlicher Wetteifer der Regierungen, die Gunst des martischen Machthabers zu gewinnen, der aus dem reichen englischen Besitz Länder und Meere verschenkte. Die Marsstaaten waren unter dem Namen ›Polreich der Nume‹ nicht nur als ein Faktor im Rat der Großmächte anerkannt, sie nahmen bereits tatsächlich die führende Stellung ein. Unter dem Titel eines Präsidenten des Polreichs und Residenten von England und Schottland übte Ill die Regierungsgewalt im Auftrag der Marsstaaten aus. Alles dies war geschehen, ohne daß ein Martier sein Luftschiff verlassen hatte. In dem großen, in einem Park Londons auf weiter Wiesenfläche ruhenden Luftschiff empfing Ill die Minister Englands und die Gesandten der fremden Staaten. Es erregte daher trotz allem Ungewöhnlichen, das man im letzten Jahr erlebt hatte, nicht geringe Spannung und Befriedigung, daß der Präsident des Polreichs bei den Höfen und Regierungen in Berlin, Wien, Petersburg, Rom, Paris und Washington um einen persönlichen Empfang nachsuchen ließ.

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