AUFBRECHEN! - Warum Wir Eine Exzellenzgesellschaft Werden Muessen
Super-Talenten. Das Fernsehen weidet sich genüsslich an den zum Teil haarsträubenden Fehlleistungen der Kandidaten in den ersten Runden. Für mich geht diese Darstellung von Unfähigkeiten ziemlich weit über ein ethisch vertretbares Maß hinaus. Egal, fragen wir uns als Voyeure: Warum sind diese Kandidaten vor laufender Kamera und nach möglichem langem Üben im Vorfeld so grottenschlecht?
Viele scheinen gar nicht geübt zu haben und denken, ihr Talent würde reichen.
Sie haben keine Vorstellung, was eigentlich Stars ausmacht, obwohl sie solche jeden Tag im TV sehen können. Sie scheinen sie nicht zu beobachten.
Sie wissen nicht, was sie selbst wirklich können. Sie scheinen ihre Darbietungen nicht zu Hause kritisch selbst in Aufnahmen anzuhören.
Ihnen fehlen Maßstäbe für das Exzellente oder auch nur für das Mögliche, im Grunde fehlt ihnen eine gute Bildung.
Ihre Umgebung himmelt sie unkritisch an und feuert sie an. Das scheint ihnen genug.
Sie glauben den Sieg ohne viel Anstrengung als Glückslos zu bekommen, obwohl sie sehen, dass sich viele andere neben ihnen erheblich mehr anstrengen.
Sie denken nicht darüber nach, was die Jury von ihnen erwartet.
Sie weisen gute Anregungen der Jury als ungerechte Kritik zurück.
Sie entwickeln nicht ihre Talente, sondern setzen ihre KonkurrentInnen herab, sie »zicken« und »giften«.
Sie glauben an ihre Berufung zum Star auch dann noch, wenn sie das Publikum schon lange verhöhnt.
In einem Wort: Diese Kandidaten wissen nicht, worum es bei den Castingshows eigentlich geht, und haben in der Familie oder Umgebung niemanden, der es ihnen beibringt. Wenn das so wäre, könnten sie um Längen und Größenordnungen besser sein. In den Castingshows sind aber auch viele Talente, die dann Runde für Runde schnell und stark reifen, die sich Mühe geben und an sich arbeiten. Nur diese tauchen später als Sieger auf, wenn die nur aus kommerziellen Quotengründen mitgeschleppten schrillen und prollig grellen Kandidaten endlich zum Ende hin rausgesiebt werden. Das ist auch kein Geheimnis, dass Anstrengen nötig ist, davon redet ja beispielsweise Heidi Klum penetrant zu oft. Sie staunt bestimmt darüber, wie wenig es hilft.
Ja, staunen Sie denn nicht auch, wie einerseits Kandidaten peinlichst und unsäglich versagen und wie aber andere in wenigen Monaten harter Arbeit doch halbwegs passable »Super- XYZ « werden? Sehen Sie nicht ganz klar, wie viel Potenzial sich aus normalen Mädchen und Jungen herauslocken lässt, wenn sie sich nur einigermaßen engagiert professionell leiten lassen?
Nach nur ein paar Monaten?
Und dann glauben Sie nicht, dass man in vielen Jahren Schule passabel Englisch, Biologie und den Aufbau unseres Staatssystems lernen kann? Es geht dabei um die Haltung zur Bildung, nicht so sehr um die Bildung selbst. Die Einstellung zum Lernen muss gut sein, das Lernen selbst ist dann das kleinere Problem. Wer eine schlechte Haltung hat wie die schlechten Kandidaten der ersten Runde, schafft nichts! Fragen Sie sich für Ihre Umgebung, was gute Mitarbeiter von schlechten unterscheidet. Gute versuchen stets gut zu sein, schlechte halten trotz allgemeiner Kritik am Glauben fest, dass sie gut sind. Gute stellen die Frage nach dem Gutsein immer wieder neu und beantworten sie neu. Sie werden und werden und werden gut, immer neu. Schlechte sind zufrieden, wenn sie einmal gut waren. Sie sind dann »fertig«. Dieses Gefühl, »fertig« zu sein, ist der größte Hemmschuh in einer sich ständig wandelnden Zeit. Gute Mitarbeiter entschuldigen sich für schlechte Arbeit, schlechte Mitarbeiter rechtfertigen sich mit schwierigen oder neuen Umständen. Sie wandeln sich nicht.
Im Kern geht es darum, etwas aus uns zu machen, also zuerst das Bonbon unter der Glocke zu bekommen. Es geht darum, dass wir unsere eigene Kurzfristigkeit beim Lernen und Arbeiten überwinden. Hören wir auf, über die Kurzfristigkeit der Raubtierkapitalisten und Dauerwahlkampfpolitiker zu schimpfen.
Wir müssen als Einzelne und zusammen ausbrechen und auch einmal längerfristig in die Zukunft sehen.
Ganz Deutschland muss wie ein Kandidat einer Castingshow ein paar Jahre lang gestylt werden. Deutschland muss das wie ein guter Castingkandidat nur selbst fest wollen.
Höhere Qualitätsanforderungen – die Service-Schere
Gute Arbeitskräfte müssen verstehen und verinnerlichen, was andere zu Recht von ihnen erwarten. Sie müssen am besten genau das in eigener Verantwortung umsetzen oder
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