AUFBRECHEN! - Warum Wir Eine Exzellenzgesellschaft Werden Muessen
sehen. Ein Referat über Hexenverbrennungen wird bei sehr vielen Schülern mehr Leistung abrufen als die Entwicklung des Symbolbegriffs seit Goethes Iphigenie . Unser Bildungssystem siebt also tendenziell Schüler aus, die sich mit dem offiziellen Lernstil des fleißigen Stillsitzens schwertun.
Internettechnologien ermöglichen ein viel besseres Eingehen auf verschiedene Lernstile. Das sollte dazu führen können, dass sehr viel mehr junge Menschen höhere Bildungsgrade erwerben können als bisher. Das Nebeneinander verschiedener Lehrkulturen ist besser und wird in Zukunft kommen. Die klassischen Bildungskulturen werden sich wehren. Sie äußern sich stets fast verächtlich über »verwöhnende« Versuche des »spielerischen Lernens«, das glaubt, ohne harte Arbeit und unhinterfragenden disziplinierten Fleiß Erfolge einheimsen zu können.
Vermutlicher O-Ton gegen die unerträgliche Leichtigkeit des Seins des experimentellen und spielerischen Lernens: »Man muss sich anstrengen müssen. Es muss keinen Spaß machen, ja, es darf fast keinen Spaß machen, weil es zu ernst und wichtig ist. Was gelernt werden muss, muss eben gelernt werden. Man kann nicht erwarten, dass einem alles zufällt. Der Versuch, alles als Lernspaß verkaufen zu wollen, muss in schlechtester Qualität der Abschlüsse enden. Man muss lesen. Man kann nicht alles aus der Kiste dudeln lassen. Bildung ist kein Spiel und kein Spaß.«
Im Grunde spiegeln solche kämpferischen Ansagen einen Dissens im Menschenbild wider. »Der Mensch muss lernen, damit er arbeiten kann« steht gegen »Der Mensch hat intrinsisches Interesse am Lernen und will sich entwickeln« und gegen »Lernen befriedigt die Neugier des offenen expansiven Menschen – Lernen ist Freude am Neuen«. Darauf will ich in einem gesonderten Kapitel eingehen, das verschiedene Bildungs- und Menschenauffassungen zur Debatte stellt.
Ich will dort argumentieren, dass nicht einfach eine der Auffassungen mehr recht hat als eine andere, sondern dass jeweils andere Bildungsauffassungen mehr an Bedeutung gewinnen – je nachdem, wie weit die Gesellschaft entwickelt ist. Ein Agrarland sieht Bildung anders als eine Produktions- und Dienstleistungsgesellschaft oder als eine Wissensgesellschaft. Ein Land, das sich selbst automatisiert und standardisiert, um sich in den Niedriglohnsektor hineinzusparen, wird anders über Bildung denken als eines, das seine Zukunft in Bildung sieht. Ein sich automatisierendes Land sucht nach Möglichkeiten, die Menschen durch automatische Workflows oder Prozesse zu ersetzen. Es wünscht sich geradezu eine Welt der Roboter und setzt Menschen nur noch dort ein, wo ein menschlicher Körper gebraucht wird. Ein innovatives Land aber braucht so viel Intelligenz und Bildung wie irgend möglich. Das Beste ist kaum gut genug.
Welche Auffassung wir von der Bildung haben, hängt also stark mit der Arbeit zusammen, die wir in Zukunft tun wollen.
Im Grunde müssen wir entscheiden, wie unsere Zukunft aussehen soll – und danach wählen wir den besten Bildungsansatz.
»The Brighter Planet« – made in Germany
Stellen Sie sich vor, wir würden mit dem Aufbau der Bildungstechnologien beginnen. Wie viel kostet es, für jedes Tier und jede Pflanze eine Homepage anzulegen? Vielleicht 1000 Euro pro Art? Dazu die Produktion von Videos für ein paar Tausend Euro? Da wären wir schon im Bereich von bald dreistelligen Millionenbeträgen.
Wie viel kosten Spiele? Jedes etliche Millionen.
Was kostet es, eine Superausgabe von Goethes Faust mit allen Anmerkungen, Interpretationen, Illustrationen und Theateraufführungen perfekt aufbereitet ins Internet zustellen? Ich denke, auch in der Gegend von einer Million.
Alles, was ich oben vorgeschlagen habe, kostet einzeln Millionen. Das schreckt mich nicht ab, es trotzdem zu wollen. Google Earth und Google StreetView kosten ja auch viele Millionen. In jeder Stadt fahren die Autos von Google herum und filmen jedes Haus in jedem Winkel der Welt ab. Das ist ein gigantisches Unternehmen eines einzigen Unternehmens. Wir befürchten jetzt schon, dass Google die Weltherrschaft übernehmen wird! So steht es immer öfter mit Fragezeichen in der Presse. Kein anderes Unternehmen geht aber an so eine gigantische Aufgabe wie das Abfotografieren der ganzen Welt so energisch heran. Das müssten wir doch eigentlich bewundern und wertschätzen.
Nein, wir nutzen alle Google Earth und Google Maps und diskutieren über Probleme des Entstehens einer neuen
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