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AUFBRECHEN! - Warum Wir Eine Exzellenzgesellschaft Werden Muessen

AUFBRECHEN! - Warum Wir Eine Exzellenzgesellschaft Werden Muessen

Titel: AUFBRECHEN! - Warum Wir Eine Exzellenzgesellschaft Werden Muessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunter Dueck
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schaffte die Viehhaltung ganz ab. Er entließ fast alle Mitarbeiter, die damals noch Mägde und Knechte hießen. Nur der Treckerfahrer blieb noch da. Die anderen Bauern warnten meinen Vater eindringlich. Er würde Kuhmist oder gar Kunstdünger kaufen müssen, weil nun die Synergieeffekte fehlen würden. Wir bekamen vielen ungläubigen Besuch von vielen interessierten Bauern (»in search of excellence« oder »best practice«) – sie waren ganz gelbneidisch über den fast arbeitsfreien Winter, in dem mein Vater nur Maschinen pflegte und nie mehr um vier Uhr zum Melken aufstehen musste. In den folgenden Jahren wurden überall die Felder größer und größer, der Gemüseanbau verschwand fast ganz. Überall gab es nur noch Getreide und Zuckerrüben. Mähdrescher kamen auf. Die waren irre teuer und wurden nur ganz kurz während der Ernte gebraucht! Ein einzelner Bauer allein konnte sie weder bezahlen noch sinnvoll nutzen. Ein Mähdrescher war auch zu groß und passte kaum in die Scheunen. Wohin damit?
    Das war der Beginn des Outsourcing. Raiffeisengenossenschaften und freie Unternehmen im Markt boten »Ernte auf Anruf« an. So etwas nannte man später »Just in time« oder »On demand«. Durch das Outsourcing vermieden die Bauern große Fixkostenblöcke in Form von eigenen Mähdreschern, sie wandelten Erntekosten in variable Kosten um (Kosten pro gemähtem Hektar). Das alles hatten wir schon, nicht wahr? Vor den Zeiten des Shareholder-Value! Auch heute schauen immer noch einige Unternehmen erstaunt, wenn Berater kommen und die Fixkostenblöcke auflösen, die im Betrieb beträchtliche Risiken darstellen. Auf unserem Bauernhof fielen also nicht wirklich alle Arbeitsplätze weg – denn einige wanderten ja zu den Maschinenringen und den Genossenschaften. Aber in unserem Dorf blieb tatsächlich kaum etwas so, wie es einmal war. Viele pendelten nun in Fahrgemeinschaften zu den Volkswagenwerken nach Braunschweig. Sie mussten Autos kaufen. Wegen der Autos starben die Kleinstläden zusammen mit Tante Emma. Einige Bauern begannen, Zimmer für die Hannover-Messe und später für die CeBIT anzubieten. Sie bauten die Häuser um, wie Bauern im Süden, die von der Landwirtschaft zum Tourismus überschwenkten. Sie spekulierten wie Goldgräber auf ein halbes Jahr horrender Expo-2000-Hannover-Mieten und hatten ihren eigenen Boom und Crash. Sie erinnern sich, dass der Zuspruch zur Expo nur enttäuschend mäßig war? Diese dramatische Veränderung in der Landwirtschaft dauerte vielleicht 30 Jahre. Als mein Vater im Jahre 1980 die Pacht abgab, hatte er nur noch einen Halbtagsjob.
    Woher kam das alles? Es lag am Trecker, der ganz am Anfang nur das Pferd ersetzte, aber dann die ganze Infrastruktur zum Beben brachte. Das geschah nicht gleich. Es dauerte wohl 30 Jahre. Die Bauernhöfe wandelten sich zu kleinen Unternehmen, die Ackerwege wurden für die Trecker asphaltiert. Die Landarbeiter hatten für die neue Welt der Produktion bei VW oder des Autobahnbaus keinerlei sinnvolle Ausbildung und mussten umschulen oder als Ungelernte ihr Leben ganz neu beginnen. Noch einmal – hier ganz dick gedruckt und sehr betont: Etwa die Hälfte aller Deutschen hat sich im Verlauf eines Vierteljahrhunderts einen neuen Job suchen müssen. Das war ein »dramatischer Wandel«, wie man heute so schön sagt. Die meisten Menschen aber verstehen das nicht, weil sich dieser dramatische Wandel über Jahre mit zwingender Logik ausbreitet und ganz vollzieht. So wie sich bei tektonischen Verschiebungen die Erdschollen langsam verschieben, so hat sich in einem Vierteljahrhundert die Landwirtschaft in eine effiziente Industrie gewandelt – und wandelt sich noch immer weiter. Sie verschwindet nicht an sich, aber sie beschäftigt kaum noch Menschen!
    Ich will Ihnen in diesem Buch zeigen, dass es der Dienstleistungsgesellschaft ganz genauso gehen wird. Sie wird nach denselben Mechanismen und Grundgedanken industrialisiert und optimiert werden. Denn was bei der Landwirtschaft der Trecker war, sind in der Dienstleistungsgesellschaft das Internet und der Computer. Die Dienstleistungen werden nicht verschwinden – nein, sie werden eher zunehmen! Aber sie werden von sehr viel weniger Menschen erledigt werden können. Und die Menschen, die noch für die Dienstleistungserbringung übrig bleiben, werden viel höher qualifiziert sein müssen als bisher oder sie erledigen nur noch »das Körperliche«, wie das Putzen oder das Postaustragen.
    Das ist noch nicht morgen oder

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