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Auferstehung 1. Band

Auferstehung 1. Band

Titel: Auferstehung 1. Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo N. Tolstoi
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Nechludoff bald darauf erfuhr, die Wirtin des öffentlichen Hauses, in welchem die Maslow arbeitete.
    Man nahm nun den Zeugenaufruf vor und fragte dieselben nach ihrer Religion, Vornamen, Namen und so weiter und so weiter. Als man sie dann gefragt, ob sie unter ihrem Eide oder nicht vernommen werden wollten, erschien der alte Pope mit mühsamen Schritten wieder auf der Estrade; von neuem wandte sich der Greis, indem er das auf seiner Brust hängende Kreuz tätschelte, dem Kruzifix zu, wo er den Zeugen und den Sachverständigen den Eid abnahm, immer mit derselben Ruhe und in derselben Ueberzeugung, er übe eine ungeheuer ernste und nützliche Thätigkeit aus.
    Als diese Ceremonie beendet war, ließ der Präsident alle Zeugen hinausgehen, mit Ausnahme der dicken Dame, einer Frau Kitajeff, welche aufgefordert wurde, alles zu sagen, was sie über die Vergiftungsgeschichte wüßte. Mit affektiertem Lachen, wahrend sie den Kopf bei jedem Satze hin- und herwiegte, erzählte die Dame mit stark ausgesprochen deutschem Accent sorgfältig und ausführlich, wie der reiche sibirische Kaufmann Smjelkoff zum erstenmal in ihr Haus gekommen war, und wie er schließlich, weil er nicht genügend Geld bei sich hatte, die »Lubka« in das Hotel geschickt, in welchem er wohnte.
    »Möchte die Zeugin uns ihre Meinung über die Maslow sagen?« fragte der Verteidiger der letzteren, ein junger Mann, der sich dem Beamtenstande zuwendenwollte, und den das Gericht zum Offizialverteidiger der Angeklagten bestimmt, die Frau Kitajeff.
    »Meine Meinung über sie ist die denkbar beste,« versetzte Frau Kitajeff. »Sie ist eine junge Person von ausgezeichneten Manieren, die viel »Chik« besitzt, ist in einer vornehmen Familie erzogen worden und kann sogar französisch. Sie trank wohl manchmal ein bißchen zu viel, hat sich aber nie eine einzige Minute vergessen.«
    Katuscha sah Frau Kitajeff noch immer an, richtete die Blicke dann auf die Geschworenen, besonders auf Nechludoff, der in demselben Augenblick einen ernsten, fast strengen Ausdruck annahm. Lange Zeit blieben diese beiden Augen mit ihrem seltsamen Ausdruck auf Nechludoff gerichtet, und trotz seines Entsetzens konnte er die seinigen nicht von ihnen abwenden. Er dachte wieder an jene für sein Leben ausschlaggebende Nacht, an das Krachen des Eises auf dem Flusse, den Nebel und den abnehmenden Mond, der gegen Morgen aufgegangen war und etwas Düsteres und Schreckliches beleuchtet hatte.
    »Sie hat mich erkannt!« dachte er und erhob sich unwillkürlich auf seinem Sessel.
    Thatsächlich hatte sie ihn aber gar nicht erkannt, denn sie stieß einen leisen Seufzer aus und wandte ihre Augen dem Präsidenten zu. Auch Nechludoff seufzte und dachte: »Ach, es wäre besser gewesen, wenn sie mich gleich erkannt hätte!«
    Er hatte eine Empfindung, wie er sie manchmal auf der Jagd gehabt, wenn er einen verwundeten Vogel vollends tot geschossen; der verwundete Vogel zappelt in der Jagdtasche, er thut einem leid, man zögert und möchte ihm doch so schnell wie möglich den Garaus machen.
    Gefühle dieser Art erfüllten in dieser Stunde die Seele Nechludoffs, während er auf die Zeugenaussagen hörte.
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    Wie absichtlich zog sich die Sache in die Länge. Nachdem man alle Zeugen und den Sachverständigen verhört, und der Staatsanwalt und die Verteidiger wie üblich mit der wichtigsten Miene von der Welt eine Reihe unnützer Fragen, gestellt, forderte der Präsident die Geschworenen auf, von den Beweisstücken Kenntnis zu nehmen, die in etwa zehn Pokalen, dem Filter, mit demman das Gift untersucht, und einem ungeheuer großen Ringe mit einer Brillantrose, der wohl auf einem Zeigefinger von ungewöhnlicher Dicke gesteckt haben mußte, bestanden. Alle diese Gegenstände waren versiegelt und mit einem Etikett versehen. Die Geschworenen wollten sich bereits von ihren Sitzen erheben, um die Gegenstände zu prüfen, als der Staatsanwalt aufstand und um die Verlesung der an dem Leichnam des verstorbenen Smjelkoff vorgenommenen ärztlichen Untersuchung bat.
    Der Präsident, der die Sache so viel wie möglich beeilte, wußte recht wohl, daß die Verlesung dieser Dokumente keine andere Wirkung hatte, als eine allgemeine Langeweile herbeizuführen. Er wußte, daß der Staatsanwalt die Verlesung nur forderte, weil er das Recht dazu hatte. Er wußte aber ebenso, daß er sich dem nicht widersetzen konnte, und so ordnete er denn die Verlesung an. Der Aktuar nahm Papiere zur Hand und begann mit seiner einschläfernden

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