Auferstehung
dir bereitwillig.
»Zu bereitwillig!«, sagte Dragosani bitter. »Ich habe dieser Frau wehgetan – oder du tatest es, durch mich. Deine Lust in meinem Körper ... ich konnte es kaum kontrollieren. Ich hätte sie leicht töten können!«
Du hast es genossen, flüsterte es verschlagen.
»Nein, du hast es genossen! Ich wurde davon mitgerissen. Vielleicht hat sie es verdient – aber ich habe es nicht verdient, dass du dich in meinen Geist schleichst, um mir wie ein Tagedieb meine Gedanken zu stehlen. Deine Lust ist in meinem Körper geblieben . Du musst das gewusst haben. Meine Einladung war nicht auf Dauer, alter Drache. Jedenfalls habe ich meine Lektion gelernt. Man darf dir nicht vertrauen. Auf keinen Fall. Du bist heimtückisch.«
Was?, spottete die Stimme in Dragosanis Kopf. Ich, heimtückisch? Dragosani, ich bin dein Vater ...
»Vater der Lügen!«
Wie habe ich gelogen?
»Auf vielerlei Art. Vor drei Jahren warst du schwach, und ich brachte dir Nahrung. Ich gab dir einen Teil deiner Stärke zurück. Du hast Schweineblut verschmäht und meintest, es sei nur dazu gut, um die Erde aufzufrischen. Lüge! Es belebte dich! Es verschaffte dir eine dauerhafte Stärke, die dazu ausreichte, noch drei Jahre später bei vollem Tageslicht in meinen Geist einzudringen! Von mir bekommst du nichts mehr. Du sagtest auch, Sonnenschein würde dich nur irritieren. Noch eine Lüge, ich habe gefühlt, wie es dich verbrennt. Wie viele andere Lügen hast du mir noch erzählt? Nein, Thibor, du tust nichts, außer zu deinem eigenen Vorteil. Ich habe es immer vermutet, aber nun weiß ich es sicher.«
Und was willst du dagegen unternehmen? Spürte Dragosani einen Hauch von Furcht in der mentalen Stimme? War das Ding aus der Tiefe besorgt?
»Nichts.«
Nichts? Diesmal schwang Erleichterung mit.
»Überhaupt nichts. Vielleicht habe ich einen Fehler gemacht, als ich so sein wollte, wie du warst, den Wunsch hatte, einer der Wamphyri zu sein. Vielleicht verschwinde ich jetzt von hier, für immer, und lasse die Zeit ihre Arbeit an dir vollenden. Vielleicht habe ich deinen stinkenden Knochen etwas Fleisch zurückgegeben, etwas Leben, aber ich bin überzeugt, die Jahrhunderte werden alles wieder an sich nehmen.«
Dragosani, nein! Nun war die Stimme voller Angst, geradezu panisch. Hör zu: Ich habe meine Kraft nicht ausprobiert. Erinnerst du dich, wie ich dir sagte, dass ich nicht einzigartig bin, dass selbst heute noch andere Wamphyri existieren? Ich sagte, dass ich Jahrhunderte darauf gewartet habe, dass sie kämen und mich befreien oder rächen würden, und sie doch nicht erschienen. Erinnerst du dich daran?
»Ja, und?«
Begreifst du denn nicht? Wenn unsere Rollen umgekehrt wären, hättest du widerstehen können? Du gabst mir die Gelegenheit, etwas über die anderen herauszufinden, über das, was mit ihnen geschehen war. Der alte Faethor, der mein Vater war, endlich tot! Und Janos, einer meiner Brüder, der mich immer hasste, explodierte in den Gasen dessen, was er in seinen Verliesen hielt. Ja, tot und dahin, alle beide – und ich bin froh darüber! Warum? Ließen sie mich nicht ein halbes Jahrtausend hier in der Erde verrotten? Oh, sie haben mich gehört, als ich in all den bitteren Nächten rief, das versichere ich dir – aber kamen sie, um mich zu befreien? Nein! Und Ladislau Giresci, der sich selbst für einen Vampirforscher hält? Ich hätte ihm gezeigt, wie er sie hätte aufspüren können, jene, die mich dem Dreck und den Würmern und dem Dahinkriechen der Jahrhunderte überlassen haben! Nun sind sie fort und meine Rache ging mit ihnen ...
Dragosani lächelte grimmig. »Thibor, ich möchte wirklich wissen, warum sie dich im Stich ließen? Zum Beispiel dein eigener Vater, Faethor Ferenczy: Wer könnte dich besser kennen als er? Und warum hasste dich dein Bruder Janos so sehr? Da steckt doch mehr dahinter, oder? Ein schwarzes Schaf unter den Vampiren? Wer hat je von so etwas gehört? Aber warum nicht – du hast deine Ausschweifungen ja mehr als einmal erwähnt. Machen deine Taten selbst deinem Gewissen zu schaffen? Oder sind die Wamphyri, und besonders du, ohne Gewissen?
Du machst aus einer Mücke einen Elefanten, Dragosani.
»Wirklich? Das glaube ich nicht. Ich fange erst an, dich zu verstehen, Thibor. Wenn du nicht richtig lügst, dann verschleierst du die Wahrheit. So bist du eben: Du kennst es nicht anders.«
Der Vampir war wütend. Es ist leicht, mich zu beleidigen, weil du genau weißt, ich kann mich nicht wehren!
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