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Auferstehung

Auferstehung

Titel: Auferstehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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unter dem Eis verborgen bleiben konnte. Zudem war viel Schlamm von den Hügeln gespült worden, der sie zweifellos bedeckt hatte. Wie dem auch war, ihre Leiche wurde nie gefunden.
    Innerhalb von sechs Monaten hatte Michael sein Versprechen erfüllt; Harry Keogh lebte nun bei Onkel und Tante in Harden.
    Das passte Shukshin sehr gut; Harry war nicht sein eigenes Kind, und er hatte ohnehin nicht viel für Kinder übrig, deshalb hatte er auch nicht vor, den Jungen selbst großzuziehen. Marys Testament bedachte Harry großzügig; das Haus und der Rest ihres Besitzes gingen an den Russen. Soweit Michael Keogh wusste, lebte er dort noch heute; er hatte nicht wieder geheiratet, sondern gab wieder Privatunterricht in Deutsch und Russisch. Er lebte offenbar allein in dem Haus bei Bonnyrigg. Kein einziges Mal hatte er Harry seitdem sehen wollen, hatte noch nicht einmal nach ihm gefragt.
    So dramatisch seine Familiengeschichte auch sein mochte, es war doch nichts besonders Bemerkenswertes an Harry Keoghs Herkunft. Das Einzige, was nachhaltigen Eindruck auf Hannant gemacht hatte, war die Neigung von Keoghs Mutter und Großmutter zum Übersinnlichen, aber selbst das war nicht so außergewöhnlich. Mary Shukshin schien jedenfalls überzeugt davon zu sein, dass Nataschas ›Kräfte‹ an sie vererbt worden waren.
    Und was, wenn sie diese an Harry weitergegeben hatte? Das bot Stoff zum Nachdenken! Zumindest, wenn Hannant an solche Dinge geglaubt hätte.
    Doch das war nicht der Fall.
    An einem Abend drei Wochen später, vier oder fünf Tage nachdem Keogh die Harden Modern Boys’ verlassen hatte, stolperte Hannant über eine letzte Merkwürdigkeit im Zusammenhang mit dem Jungen.
    Oben auf dem Speicher hatte er eine alte Truhe seines Vaters gefunden, in der ein oder zwei Bücher, Bündel alter Unterlagen, staubige Nippsachen und verschiedene Erinnerungsstücke an die Jahre, die der alte Mann als Lehrer gearbeitet hatte, aufbewahrt wurden. Als Hannant auf den Speicher gegangen war, um einen Dachziegel zu befestigen, der sich in einem kurzen Sturm von der Nordsee her gelockert hatte, hatte er die Truhe entdeckt und sich sofort in sie verliebt. Sie war massiv gebaut, und das dunkle Holz, die Messinggriffe und -scharniere schienen uralt zu sein. Sie würde neben den Bücherregalen in Hannants Wohnzimmer sehr hübsch aussehen.
    Nachdem er die Truhe nach unten gewuchtet hatte, leerte er sie aus und stöberte in den alten Fotografien, die seit vielen Jahren niemand mehr gesehen hatte. Er legte einige Dinge zur Seite, die in der Schule vielleicht von Nutzen sein mochten (mehrere alte Lehrbücher beispielsweise), bis er auf ein großes, in Leder gebundenes Notizbuch stieß, das voller Aufzeichnungen in der Handschrift seines Vaters war. Etwas an der Schrift und Gestaltung dieser Aufzeichnungen hielt für einen Moment seine Aufmerksamkeit gefangen ... bis ihm dämmerte, was genau der Grund dafür war.
    Im nächsten Augenblick verspürte er wieder jenen schrecklichen, unerklärlichen Schauder, und er saß zitternd da, mit dem Buch auf dem Schoß. Dann schlug er das Buch zu und brachte es ins Wohnzimmer, wo ein Kohlenfeuer im breiten Kamin loderte. Ohne es noch eines Blickes zu würdigen, warf er das Buch in die Flammen.
    Am gleichen Tag hatte Hannant Keoghs alte Mathehefte von der Schule mitgenommen, um sie an Harmon weiterzureichen. Jetzt nahm er das Neueste dieser Hefte, warf einen Blick hinein und schloss es mit einem Schaudern, um es zu dem alten Buch seines Vaters in den Kamin zu werfen.
    Vor Keoghs – Erwachen? – war seine Arbeit schmuddelig, unordentlich und keinesfalls präzise gewesen. Danach jedoch, während der letzten sechs oder sieben Wochen ...
    Nun, die Hefte waren fort, verzehrt von den Flammen, verloren im Rauch und in der Nacht.
    Man konnte sie jetzt nicht mehr miteinander vergleichen, und das war vermutlich auch gut so. Eine Ähnlichkeit auch nur in Betracht zu ziehen, wäre schon mehr als grotesk. Jetzt konnte Hannant die ganze Sache für immer aus seinem Kopf verbannen. Derartige Gedanken sollten einen vernünftigen Menschen ohnehin nicht beschäftigen.

VIERTES KAPITEL
    Es war der Sommer des Jahres 1972, und Dragosani war nach Rumänien zurückgekehrt. Er sah sehr modisch aus in seinem verwaschenen blauen Hemd, den grauen Schlaghosen in westlichem Schnitt, glänzenden schwarzen Schuhen, die spitz zuliefen (im Gegensatz zu dem fast quadratischen russischen Schuhwerk, das man hier in den Läden fand), und der karierten

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