Auferstehung
reichte er eine Remington 4.10 an Martin weiter.
Skeptisch betrachtete der Priester
die Waffe.
»Die ist aber eher klein, oder?
Was ist, wenn wir etwas Größerem als einem Erdhörnchen über den Weg laufen?
Reicht dieses Ding dann?«
»Ich hab ein paar Bleikugeln, die
Sie nehmen können«, grunzte Delmas. »Jason hat mit der Flinte und Bleikugeln
einen Vierender erlegt. Und was alles andere angeht, dem wir begegnen
könnten—achten Sie einfach drauf, auf den Kopf zu zielen.« Er zwinkerte Martin
zu und begann, sein Gewehr zu laden.
»Ja, das hatte ich ohnehin vor«,
gab Martin zurück und nahm von Jason eine Schachtel Munition entgegen. Das
Gewicht der Flinte fühlte sich gut in den Händen an. Die Waffe war ein
Repetiergewehr, und er legte drei Kugeln ein. »Bereit?«, erkundigte sich
Delmas. »So bereit, wie ich je sein werde!«, erklärte Martin und versuchte,
selbstsicher zu klingen. Allerdings spiegelte das Gefühl sich nicht in seinen
Augen wider. Sein großes Gegenüber grinste.
»Glauben Sie mir, Herr Pfarrer, es
besteht kein Grund zur Besorgnis. Wir gehen nur in die Senke dort drüben. Jason
und ich jagen dort ein paarmal die Woche. Wir haben keine andere Wahl. Die
letzten Hühner haben wir gegessen, und die Kühe - tja, von den Kühen habe ich
Ihnen ja schon erzählt. Im Garten wächst dieses Jahr nichts mehr, und ich habe
zu wenig Lebensmittelkonserven. Wenn Sie und Ihr Kumpel etwas essen wollen,
wird es wohl oder übel Wild sein müssen.«
Martin umfasste den Gewehrschaft
und ließ die schmerzenden Finger über die glatte Oberfläche des Walnussimitats
gleiten.
»Tut mir leid, Delmas. Wir sind
Ihnen wirklich dankbar. Ich bin nur etwas nervös, das ist alles.« Er lächelte,
klopfte mit der Hand auf die Waffe und wies auf die Tür. »Nach Ihnen.« Der Mann
aus den Beigen kicherte und deutete auf Jason. »Keine Ausflüge, bis ich zurück
bin, verstanden? Ich möchte, dass du hierbleibst und Mr. Thurmond hilfst, falls
er etwas braucht.«
»Alles klar. Soll ich ein paar
Kartoffeln vorbereiten?« »Sicher«, antwortete Delmas und ging zur Tür hinaus.
»Fang schon mal an, welche zu schälen.« Draußen auf der Veranda blieben sie
stehen.
Delmas drehte sich um und drückte
das bärtige Gesicht gegen die Fliegenschutztür.
»Hey, Jason?«
Erwartungsvoll schaute der Junge
zu ihm.
»Ja, Paps?«
»Ich hab dich lieb, Sohn. Sei
artig.«
»Ich dich auch, Paps.«
Als Jim den Wortwechsel zwischen
Vater und Sohn hörte, musste er schwer schlucken. Er stand auf, schaute zum
Fenster hinaus und beobachtete, wie Martin und Delmas über das Feld gingen,
ihre Gestalten in der Ferne kleiner wurden und schließlich in der Senke
verschwanden.
Jim kroch zurück unter die Decke
und massierte sich die pochende Schulter. Es gelang ihm einfach nicht, das
Gefühl drohenden Unheils abzuschütteln, das ihn befallen hatte. Er hoffte, dass
Martin ein kleines Gebet sprach.
Dann kehrten seine Gedanken zu
Danny zurück, und das Gefühl verstärkte sich.
Jim glitt erneut in unruhigen
Schlaf.
In der Senke herrschte
unnatürliche Stille. Sie umspannte eine Fläche von etwas über zweihundert
Hektar und war von vier Hängen umgeben, die zu ihrer Mitte hin abfielen. Ein
gewundener Bach schlängelte sich hindurch und weiter auf ein Getreidefeld auf
der gegenüberliegenden Seite des Anwesens der Clendenans.
Die Stille fühlte sich
durchdringend und, jedenfalls für Martin, beunruhigend an. Im Geäst tummelten
sich keine Eichhörnchen. Von den Zweigen zwitscherten keine Vögel.
Außer dem gelegentlichen
Platschen, wenn Delmas braunen Tabaksaft ausspuckte, und dem Gurgeln des Baches
war weit und breit kein Laut zu hören.
Nur das Grün ringsum wirkte
lebendig. Entlang der Ufer des Baches wuchs Farn. Dornen, Ranken und Gezweig
behinderte sie bei jedem Schritt. Auf den grauen Steinen, die aus dem Waldboden
ragten, wucherte Moos. Die Steine erinnerten Martin an Grabmale.
Delmas teilte den Blättervorhang
vor ihnen und bahnte sich einen Weg den Hang hinunter. Raschelnd schnellten die
Zweige zurück, und nach kurzem Zögern folgte ihm Martin.
Das Gelände fiel beständig ab. Immer
noch gab es ringsum keine Anzeichen von Leben, und Martin beschlich das
schaurige Gefühl, die Senke hielte den Atem an.
»Ich hebe diesen Ort«, flüsterte
Delmas. »Hier gibt's keine Vertreter oder Rechnungseintreiber, die man
abwimmeln muss. Nur die Luft und den Geruch des Waldes, des feuchten Laubs. Und
wenn der Wind durch die Zweige pfeift... Gott,
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