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Auferstehung

Auferstehung

Titel: Auferstehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Keene
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genauer anzusehen. Es war spärlich eingerichtet:
nur das Bett, ein Nachttisch und eine Kommode leisteten ihm Gesellschaft. An einer Wand hing ein Jesusbild, an einer anderen ein Foto von
Jason, der mit stolzem Grinsen eine Forelle an der Fangleine hielt. Auf der
Kommode stand das gerahmte Bild einer hübschen, aber müde wirkenden Frau. Jim
vermutete, dass es sich um Clendenans Frau handelte.
    Auf dem Nachttisch waren ein Krug
Wasser und Aspirin. Jim nahm vier Tabletten und überprüfte die Wunde, indem er
mit den Fingern den Verband abtastete. Aus der Küche hörte er die Laute
klappernder Töpfe. Er streckte sich, stand auf, zog sich an und ging zum
Fenster.
    Das Bild, das sich ihm draußen
bot, wirkte idyllisch, beschaulich. Eine gefährlich nach links geneigte, mit
verblasstem Rot bemalte Scheune war von einem Hühnerstall, einer Getreidehütte
und mehreren Geräteschuppen aus Holz umgeben. Ein Traktor der Marke John Deere,
der schon bessere Tage gesehen hatte, stand einsam da. Unkraut wucherte die
übergroßen Reifen hinauf. Rechter Hand befand sich eine große Gartenfläche, die
sich nun kahl präsentierte. In der Nähe des Gartens war unter einer mächtigen
Weide ein einzelnes, behelfsmäßig angefertigtes Grabmal zu sehen. Darauf
standen die schlichten Worte:
    BERNICE REGINA
CLENDENAN GELIEBTE EHEFRAU UND MUTTER RUHE IN FRIEDEN
    Das Anwesen erinnerte Jim an den
Ort, an dem er aufgewachsen war — die Shennandoah Mountains in Pocahontas
    County. Er hatte schon lange nicht
mehr an seine Eltern gedacht, wofür er sich plötzlich schämte. Die Stätte
seiner Kindheit hatte er seit Jahren nicht mehr besucht 1 zuletzt, als sie
gestorben waren und die Bank die Farm zum Ausgleich der offenen Schulden
einzog. Es hatte Jim immer betrübt, dass Danny nie seine Großeltern
kennenlernen würde.
    Andererseits war Jim dankbar, dass
sie nicht mehr miterleben mussten, was aus der Welt geworden war. Er hatte
schon zu viele Menschen verloren — Carrie, das Baby, Freunde wie Mike und
Melissa. Den Schmerz, den er damals verspürt hatte, als sie starben, hätte er
nicht noch einmal erfahren wollen.
    Die Tür öffnete sich, und Jason
steckte den Kopf herein. Jim fragte sich, weshalb er den Jungen für älter als
Danny gehalten hatte. Nun konnte er deutlich erkennen, dass sie etwa gleich alt
waren. Tatsächlich wies der Junge eine fast gespenstische Ähnlichkeit mit
seinem Sohn auf. Warum war ihm das zuvor nicht aufgefallen?
    »Ich wollte Sie nicht stören, Mr.
Thurmond, aber ich dachte, Sie sind vielleicht hungrig.«
    »Du hast mich nicht gestört.«
Herzlich lächelte Jim den Jungen an. »Und bitte, nenn mich Jim. Du bist Jason,
richtig?«
    »Ja, Mr. ... ich meine, Jim.«
    »Sind Martin und dein Vater schon
zurück?«
    Der Junge schüttelte den Kopf.
»Nein, aber ich schätze, sie werden nicht mehr lange fort sein. Vor ein paar
Minuten habe ich Schüsse gehört.«
    »Ja, dadurch bin ich aufgewacht.
Ich frage mich, was sie wohl erwischt haben.«
    »Oh, in der Senke tummelt sich
alles Mögliche an Viehzeug! Ich habe schon Kaninchen, Fasane, Murmeltiere,
Eichhörnchen, Wild und sogar den einen oder anderen Truthahn geschossen. Nur
einen Bären hab ich letztes Jahr verfehlt.«
    »Das ist ganz schön beachtlich für
ein junges Bürschchen wie dich«, rief Jim aus. »Dein Dad muss stolz auf dich
sein.«
    »Ich bin kein kleines Bürschchen«,
widersprach der Junge und streckte stolz die Brust vor. »Im Dezember werde ich
zwölf.«
    »Zwölf?« Jim musterte ihn
eingehend, und nun sah er es. Jason ähnelte Danny überhaupt nicht. Was war
nur los mit ihm? Verlor er etwa den Verstand?
    Jason hatte ihn etwas gefragt,
während er darüber nachgrübelte. Nun sah der Junge ihn fragend an.
    »Tut mir leid«, entschuldigte Jim
sich. »Ich bin noch ein bisschen benommen. Was hast du gesagt?«
    »Ich sagte, es gibt Tomatensuppe,
wenn Sie welche möchten. Damit können Sie sich über Wasser halten, bis die
beiden zurückkommen. Danach gibt's Fleisch und Kartoffeln.«
    »Ich denke, ein Teller
Tomatensuppe wäre jetzt genau richtig.«
    Er folgte dem Jungen durch das
Wohnzimmer in die Küche. Bernices Gegenwart war noch im ganzen Haus zu spüren,
am stärksten aber in der Küche: Von den bestickten Topflappen bis zur dazu
passenden Toasterabdeckung wies alles ihr unverkennbar weibliches Flair auf.
    »Du vermisst deine Mutter
bestimmt.« Jim bedauerte den Satz in dem Augenblick, in dem er seinen Mund
verließ, doch es war bereits zu spät.
    »Ja«, gab

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