Aufgebügelt: Roman (German Edition)
Agentur haben, der Karten für das angesagte und eigentlich schon total ausverkaufte Champions-League-Final-Spiel Bayern gegen Dortmund besorgen kann. Das war das eigentlich Erregende an mir! Potentielle Finalkarten scheinen einiges an Mutti-Muff wettzumachen.
Ich glaube sogar, weder Gesa noch Silke haben das, was sie mir da so nebenbei an den Kopf geworfen haben, irgendwie böse gemeint. Ihre zehn Jahre weniger und ihr Status als Singlefrauen führen halt zu dieser Sichtweise: Wer Kinder hat, ist entweder eine Mutti oder Sylvie van der Vaart.
Dabei beneidet mich zumindest Gesa angeblich. »Ich hätte gerne Kinder. Aber wie soll das jetzt noch klappen? Wo soll ich so schnell einen Mann herkriegen und vor allem einen, der auch Kinder will? Da muss man ja erst mal ’ne Beziehung aufbauen, und dann bin ich schon vierzig und dann wird es echt knapp, und die meisten Männer riechen dieses Ticktack der biologischen Uhr auf Hunderten von Metern und machen sofort die Biege!«
So oder so – irgendwie habe ich jedenfalls diesen Rakete kennengelernt. Rakete, von dem ich, seit ich seine Visitenkarte in meiner Hosentasche gefunden habe, weiß, dass er Tom Kurz heißt. Die Karte ist mir am nächsten Morgen in die Hände gefallen, als ich meine Jeans in die Waschmaschine stopfen wollte und automatisch – ja ich weiß, auch das ein eindeutiges Mutti-Verhalten – noch vorher eine Taschenkontrolle durchgeführt habe.
Auf der Vorderseite der Karte steht: Want more? Genau so – mit Fragezeichen. Auf der Rückseite sein Name, seine Handynummer und seine E-Mail-Adresse. Bezieht sich das »Want more?« auf seine Immobilien oder auf ihn selbst? Und wie ist diese Karte bloß in meine Jeans gekommen? Wahrscheinlich genauso wie seine Zunge in meinen Hals. Ich meine mich sehr dunkel zu entsinnen, dass er mir, nachdem ich seine Hände von meinen Brüsten gezogen habe, die Karte in die Hand gedrückt hat. Dann ist er gegangen. Sehr gelassen und souverän. Und ich habe mit meinem bedüdelten Kopf nur gedacht: Wenn der sich jetzt umdreht, ist das ein Zeichen, dass daraus irgendwie noch mehr wird. Ich liebe Zeichen. Ich bin eine Meisterin im Zeichendeuten.
Er hat sich umgedreht. Jedenfalls in meiner nebulösen Erinnerung.
Want more? Will ich mehr? Da ich mich gar nicht mehr so genau erinnere, wie das mit dem Küssen eigentlich war, bin ich mir auch nicht wirklich sicher. Aber ich bin, ehrlich gesagt, geschmeichelt. Immerhin wird der Mann Rakete genannt, und er hat sich von all den Frauen im Club mich rausgepickt. Auch im Büro habe ich so was wie Anerkennung und Bewunderung gespürt – wenn auch gepaart mit großem Erstaunen. Aber eben auch Anerkennung. Rakete scheint ein absolutes Objekt der Begierde zu sein. Sofort habe ich auch ein bisschen angegeben und das mit den Champions-League-Karten unerwähnt gelassen.
»Er will mich unbedingt wiedersehen!«, habe ich dreist behauptet. Das hat er jetzt so niemals gesagt, daran würde ich mich sicherlich erinnern, aber immerhin hat er mir seine Karte gegeben. Insgeheim wahrscheinlich, um dafür andere Karten zu ergattern. Aber eine Visitenkarte überreicht zu bekommen heißt ja übersetzt: »Melde dich.« Vielleicht gehört es aber auch nur zu seinem Standardprogramm: Knutschen, Hände ausfahren und sehen, was geht – dann, bei Spielstopp, Karte für die Fortsetzung.
Ich war kurz davor, ihn gleich, noch vor der Waschmaschine kniend, anzurufen. Aber so ein Anruf hat seine Tücken. Was soll ich schon sagen? So was wie: »Erinnerst du dich? Also, ich bin die, die du gestern Nacht um halb vier in diesem Hinterhof abgeknutscht hast.« Eine SMS ist da unverfänglicher, habe ich mir überlegt. Beiläufiger und vor allem planbarer. Den Rest des Tages habe ich im Kopf SMS-Texte entworfen.
Es soll locker, unverbindlich, aber auch saucool und auf keinen Fall aufdringlich klingen. Hi, alles klar? – mein erster Einfall ist ein bisschen zu doof und nichtssagend. Außerdem habe ich Angst, dass er keinen Schimmer hat, wer ihm da schreibt. Ein dezenter Hinweis auf die Küsserei und den Abend erscheinen mir deswegen schon angebracht. Wenn der so ein Mega-Fang ist, bekommt er bestimmt häufiger mal eine SMS, und da ist eine kleine Absenderinformation vielleicht ganz nützlich. Man will ja nicht in der Masse untergehen. Während ich die perfekte SMS plane, ziehe ich so viel Informationen wie möglich über Rakete ein.
»Na ja, den Spitznamen hat er von einer Tussi, mit der er mal was hatte. Muss sich wohl
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