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Aufgebügelt: Roman (German Edition)

Aufgebügelt: Roman (German Edition)

Titel: Aufgebügelt: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fröhlich
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ich bin ein echt wildes Ding!
    Der Schrebergarten ist picobello. Ein wahrer Vorzeigeschrebergarten. Bastians Mutter umarmt mich wie eine verlorene Tochter.
    »Dass Sie an den Kuchen gedacht haben, ist wirklich so lieb. Ich hab dem Basti gleich gesagt, das ist eine Frau, bei der musst du am Ball bleiben!«
    »Der Ball ist schon so was von im Abseits«, will ich antworten, sage stattdessen aber brav: »War doch eine Kleinigkeit mit dem Kuchen. Hab ich gern gemacht. Danke für die Einladung.«
    Claudia und Gustav Johannes sagen artig »Guten Tag«. Wohlerzogen ist er, der kleine Einstecktuchträgerfreund meiner Tochter, das muss man ihm lassen. Innerhalb von wenigen Minuten werden wir allen Anwesenden präsentiert. »Das ist eine Freundin vom Basti«, werde ich vorgestellt. Ich habe das Gefühl, so einen gewissen Unterton raushören zu können. Sie hat das Wort »eine« irgendwie so merkwürdig betont.
    Die Gäste sind im Schnitt um die siebzig. Rüstige, fidele Rentner. Bis auf einen – der steht mit nacktem Oberkörper, einer Shorts und gelben Crocs, diesen Gummischlappen, am Grill. Ein richtiger Proll, schießt es mir durch den Kopf. Eigentlich ganz gutaussehend, aber ein bisschen zu haarig und ein bisschen zu nackig. Obwohl sein Oberkörper durchaus einen Blick wert ist.
    Vor ebendiesem Grillmeister steht mein Sohn und hat einen Teller in der Hand. Auf dem Teller türmt sich das Fleisch. Er hat noch keinem hallo gesagt, aber schon Portionen aufgetürmt, als hätte er eine 14-tägige Fastenkur hinter sich. Seit Wochen schaufelt der Essen in sich rein, dass einem angst und bange wird.
    Ich nähere mich dem Grillkerl und meinem Sohn: »Sag mal, Mark, geht’s noch? Hast du einen Bandwurm, oder was soll das da auf deinem Teller?«
    Mein Sohn lacht. Er lacht und lacht. Das ist nun auch merkwürdig. Seit wann lacht der über meine Witze? Das ist fast schon bedenklicher als diese Essensberge auf seinem Pappteller.
    »Bevor du hier allen alles wegfrisst, könntest du wenigstens guten Tag sagen!«, versuche ich zu retten, was zu retten ist. Ich kann das Fleisch ja schlecht wieder vom Teller nehmen und auf den Grill zurücklegen.
    »Tag«, sagt mein Sohn und kichert schon wieder, während er sich noch ein Rostbratwürstchen auf den Teller legt. Auch ich begrüße den Grillmeister.
    »Paul. Hallo, nett, Sie zu treffen!«, antwortet er. Er hat eine angenehme Stimme der Mister Freier Oberkörper. »Ich hab einen Garten gleich nebenan. Die Reimers kenn ich schon ewig. Wollen Sie auch ein Würstchen, bevor der junge Mann hier alles verputzt hat?«
    Mein Sohn lacht zur Abwechslung schon wieder.
    »Der junge Mann setzt sich jetzt sofort da vorne an einen Tisch und gibt mir sicher gerne eins von seinen Würstchen ab!«, ermahne ich meinen Sohn. Der wirkt ja so, als hätte er nicht alle Tassen im Schrank! Fressen und kichern. Was ist bloß in meine Kinder gefahren?
    Ich weiß, dass während der Pubertät im Gehirn gravierende Dinge passieren, große Umstrukturierungen, aber bei Mark macht es ja den Eindruck, als wäre er auf den Stand eines Vierjährigen zurückgefallen. Eines allenfalls durchschnittlichen Vierjährigen. Mark trollt sich Richtung Tisch, und der Grillmann grinst und meint: »Boah, ist der breit. Mein lieber Scholli.«
    Was hat der da gerade gesagt? Breit? Meint der jetzt breit wie fett oder breit wie voll?
    »Haben Sie über meinen Sohn gesprochen?«, frage ich ein wenig spitz nach.
    »Ach, das ist Ihr Sohn!«, bekomme ich zur Antwort. »Da sollten Sie vielleicht mal genauer hinsehen!«
    Erst die Bemerkung meiner Tochter und jetzt das. Ich lasse mir in Erziehungsdingen nicht wirklich gerne etwas vorschreiben. Vor allem nicht von fremden Männern, die halbnackt an einem Grill stehen und deren Kernkompetenz sich im Würstchenwenden erschöpft.
    »Vielleicht sollten Sie sich lieber um Ihre Würstchen kümmern!«, reagiere ich leicht patzig. Was für ein Idiot. Ich habe ja auch nicht zur Begrüßung gesagt: »Ziehen Sie sich erst mal was über Ihr Brustfell!«
    Ein Typ, der so auf einer Gartenparty erscheint, sollte den Ball lieber flachhalten. Ohne Würstchen wende ich mich ab und setze mich neben meinen Allesfressersohn. Er hat sich noch einen zweiten Pappteller geholt, darauf Kartoffel-, Nudel- und Gurkensalat getürmt und ein Stück von meinem Käsekuchen.
    »Bist du eine Art menschlicher Cockerspaniel, ein Wesen ohne Essbremse?«, versuche ich witzig zu sein. Mein Sohn lacht. Heute kann ich wirklich mit jedem noch so

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