Aufgebügelt: Roman (German Edition)
habe ich darauf auch angesprochen.
»Na ja, das sind halt alles Paare. Da ist das doch irgendwie blöd – auch für dich, oder?«, hat sie, ein wenig verlegen, geantwortet.
»Wenn es für mich blöd ist, sag ich es schon. Ich finde es viel blöder, auf einmal nicht mehr eingeladen zu werden«, habe ich gekontert. Das war überraschend mutig von mir. Normalerweise meide ich jede Form von Konfrontation.
Darauf hatte Anita keine gute Antwort: »Ach so, na ja, dann weiß ich ja Bescheid«, hat sie nur gesagt.
Jetzt weiß sie also Bescheid. Und da sie alles rumtratscht, weiß garantiert auch der Rest der Siedlung Bescheid. Geändert hat sich trotzdem nichts. Es gibt einfach Vorbehalte gegen Singlefrauen. Als würde man sich ab einem bestimmten Alter einfach verzweifelt alles krallen, was noch atmet und einen Hauch von Testosteron versprüht. Kein Mann aus meiner Nachbarschaft käme für mich in Frage. So allein kann ich mich gar nicht fühlen, und so viel kann ich gar nicht trinken, dass ich das überhaupt in Betracht ziehen würde – genau das hätte ich am liebsten zu Anita gesagt. Habe es aber runtergeschluckt, weil ich nicht unhöflich sein wollte. Schließlich ist einer der Männer, die ich nicht haben will, ihrer: Friedhelm. Allein der Gedanke!
Kati und Siegmar sind die Einzigen hier, die mich seither eingeladen haben. Abends, zusammen mit anderen. Ich rede natürlich nicht von irgendwelchen Kaffeeklatschnachmittagen oder Frauenfrühstücken. Da bin ich sehr willkommen. Immerhin habe ich eine Trennung hinter mir, und Christoph hat eine neue Freundin. Mit anderen Worten: Ich biete ausreichend Gesprächsstoff. Ich habe etwas gewagt, was die meisten nicht mal in Betracht ziehen. Und ich bin oft ein wenig geknickt, was die anderen darin bestärkt, auszuharren, mit weniger zufrieden zu sein. Ich bin die, die auf die andere Seite gewechselt ist und nun merkt, dass das Gras dort wirklich nicht immer grüner ist. Ich bin ihre personifizierte Warnung. So also sieht die Alternative aus, denken sie und halten das fest, was sie zu haben glauben. Nach dem Motto: Alles ist besser, als allein zu sein.
Ich denke, dass mindestens zwei Drittel meiner Freundinnen und Bekannten nicht glücklich in ihren Beziehungen sind. Und das ist freundlich geschätzt. Aber die Angst vor dem, was sie erwartet, ist anscheinend größer als das Unglück, das sie ertragen. Man kann das feige finden. Oder vernünftig. Je nach Perspektive. Vielleicht auch beides. Je nach eigener Tagesform kann mein Plädoyer da sehr unterschiedlich ausfallen.
Man muss als Frauen aber auch einfach wissen, dass es sein kann, dass da nichts mehr nachkommt, dass man allein bleibt. Unfreiwillig allein. Und das ist für viele das Schlimmste, was sie sich vorstellen können. Eigentlich verwunderlich. Ist es wirklich schlimmer, keinen Mann zu haben, als einen lieblosen, unfreundlichen Mann? Brauchen wir den Mann an unsrer Seite, um uns komplett zu fühlen? Kann das Leben ohne Mann nicht auch wunderbar sein? Oder ist das reine Propaganda? Kann man mit sich selbst glücklich werden, oder ist das sogar die Voraussetzung, um überhaupt glücklich zu sein – auch zu zweit? Tja, dann sollte ich mit dem Glücklichwerden schnellstmöglich anfangen.
Wenn man sich tatsächlich auf die Suche begibt oder auch nur die Augen offen hält, merkt man: Der Markt ist begrenzt, die Auswahl an guten Männern eher mau. Männer haben es in dieser Hinsicht wesentlich leichter. Selbst reichlich ramponierte Exemplare, mit ganz offensichtlichen Macken, gehen gut weg. Sie haben eben nicht viel Konkurrenz. Das sieht bei Frauen anders aus. Da draußen tummeln sich massenhaft gepflegte, gebildete, gutaussehende und unabhängige Frauen im mittleren Alter. Das führt zu einem gewissen Ungleichgewicht. Dazu kommt, dass Frauen sich gerne zumindest auf Augenhöhe liieren. Der Chefarzt und die Krankenschwester – kein Thema. Die Managerin und der Sekretär – eher selten. Noch immer gibt es viele Frauen, die, laut eigener Aussage, gern zu einem Mann aufschauen möchten. Warum eigentlich? Was genau bedeutet das? Muss er mehr Geld, mehr Macht, mehr Intelligenz oder mehr Status haben? Oder bitte gleich alles? Macht das eine Partnerschaft per se stabiler?
Und wieso eigentlich muss ein Mann immer alles besser wissen? Ich suche ja keinen Lehrer. Ich will allerdings auch keine Lehrerin sein. Ein gewisses Maß an Allgemeinbildung ist unverzichtbar. Lieber einer mit Wampe als einer, der nicht in der Lage ist,
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