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Aufgebügelt: Roman (German Edition)

Aufgebügelt: Roman (German Edition)

Titel: Aufgebügelt: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fröhlich
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Status als Objekt der Begierde, als »guter Fang«, macht das wett. Allein der Gedanke, dass ich ihn präsentieren kann. Er hat was von einem Trophäen-Mann. Er macht was her. Ob dauerhaft, das ist eine andere Frage. Aber geht es bei mir um Dauerhaftigkeit? Ziehe ich dafür so jemanden wie Rakete überhaupt in Betracht? Oder weiß ich insgeheim längst, dass er, wenn überhaupt, nur für ein Abenteuer taugt? Auf meinem Sofa kann ich mir ihn jedenfalls irgendwie nur schwer vorstellen.

    Vor der Trennung war ich nie bei Siegmar und Kati eingeladen. Wir kannten uns, haben uns auf der Straße nett hallo gesagt, aber Freunde waren wir nicht. Kati ist eine Freundin meiner direkten Nachbarin Anita, und bei der haben wir uns ab und an gesehen. Auf einer der berüchtigten Frühstücks-Brunch-Veranstaltungen von Anita hat Kati mal für einigen Wirbel gesorgt, als sie ausgeplaudert hat, dass sie und Siegmar eine offene Beziehung führen und beide regelmäßig zum Brazilian Waxing gehen. Anders ausgedrückt: Sie sind sexuell flexibel, vögeln querbeet, und untenrum tragen sie nichts. Weder er noch sie. Bei der ersten Begegnung mit Siegmar nach dieser Offenbarung, an der Käsetheke im Supermarkt, bin ich auch wirklich knallrot angelaufen. Ich konnte mich nur schwer auf Gouda und Co konzentrieren. Zu wissen, dass er intim rasiert ist, hat mich erschüttert. Wieso tut ein erwachsener Mann so etwas? Einerseits fragt man sich das, andererseits – was sagt das letztlich über einen Menschen aus? Nichts, außer dass er sich in Sachen Schamhaar nach dem aktuellen Trend richtet. Bei Männern soll der Grund auch oft der sein, dass der Penis ohne Wildwuchs rundum größer wirkt. Bitte schön – jeder, wie er mag. Ich hoffe, dass Rakete nicht im Siegmar-Look dasteht, wenn die Unterhose fällt. Aber gut, auf die Funktion hat das Haar ja keinen Einfluss.
    Zurück zu Kati und Siegmar. Sie sind einfach nett zu mir, und das gefällt mir selbstverständlich. Jeder Mensch wird gerne nett behandelt. Sie sind anders als ich, aber das kann ja auch interessant sein. Sie finden außerdem, ich hätte mich zu meinem Vorteil entwickelt, seit Christoph ausgezogen ist. Ich würde mich mehr trauen. Das hat Kati zu mir gesagt, just an dem Tag, an dem ich meinen neuen tiefdunkellila Nagellack ausprobiert habe. Ob das schon ein Zeichen von Sich-was-Trauen ist? Egal. Es war auf jeden Fall schön, mal eine Art Lob zu bekommen.
    Heute Abend wird bei den beiden gegrillt. Grillen ist im Sommer in der Reihenhaussiedlung fast schon Pflichtprogramm. Da wird der Kugelgrill oder der Gasgrill (je nach Ideologie des männlichen Hausbewohners!) im Gärtchen aufgebaut, und der Würstchenduft zieht über die kleinen Buchsbäumchen.
    Beim Thema Grillen fällt mir sofort mein Crocs-Fußpfleger ein. Der hatte irgendwie was. Irgendwas Sexy-Animalisches. Na ja, aber eben nur irgendwas, und das auch nur ein bisschen. Wenn ich an ihn denke, sehe ich vor meinem geistigen Auge sofort Bilder, wie er mit der Hornhautraspel in der Hand raue Fersen bearbeitet. Nicht sehr verlockend.

    Ich mache mir gedanklich eine Liste von dem, was ich heute alles erledigen muss. Heute Vormittag muss ich in die Agentur. Dann einkaufen, Salat für heute Abend machen, Gespräch mit Mark und Christoph führen und natürlich Koffer packen. Ach ja, und noch ein paar klare Worte mit meiner Tochter sprechen. Manchmal lähmt mich allein schon der Gedanke an das, was alles auf meiner To-do-Liste steht.

    Kurz bevor ich das Haus in Richtung Büro verlasse, ruft meine Mutter an. Mist, die hätte eigentlich auch auf meine To-do-Liste gehört.
    »Wenn du dich schon nicht meldest, Andrea, dann rufe eben ich an. Wie geht es dir?«, fragt sie mit einer Stimme, die klingt, als hätte ich eine schwere unheilbare Krankheit.
    »Gut, ich hätte heute auch angerufen«, antworte ich und beschließe, mich, egal was sie sagt, nicht aufzuregen. »Ich muss ins Büro. Gibt’s was Wichtiges, oder können wir später telefonieren?«, frage ich schnell.
    »Ich habe gehört, Christoph ist mit diesem jungen Ding in Paris! Weißt du davon? Was gedenkst du denn in der Sache zu tun?«
    »Ich weiß Bescheid, Mama«, antworte ich, »und ich kann da wohl nichts tun. Soll ich sie aus Frankreich ausweisen lassen? Mit der UN-Eingreiftruppe abholen lassen?«
    »Ironie ist hier völlig fehl am Platze, Andrea. So langsam musst du dir wirklich Sorgen machen. Das nimmt Formen an, die nicht mehr zu korrigieren sind. Wenn du jetzt nicht alles gibst,

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