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Aufgebügelt: Roman (German Edition)

Aufgebügelt: Roman (German Edition)

Titel: Aufgebügelt: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fröhlich
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zehn Minuten einen Salat zu zaubern und mich einigermaßen herzurichten, ist eine kaum lösbare Aufgabe. Ohne Salat zu kommen, wäre mir peinlich. Also muss das Herrichten zurückstehen. Nudelsalat geht schnell. Vor allem, wenn man wie ich noch Nudeln vom Vortag übrig hat. Kaum fange ich hektisch an, in der Küche zu werkeln, taucht Rudi auf. Die Küche betrachtet er mittlerweile als sein Revier.
    »Wo ist denn der Bub hin?«, will er wissen.
    »Der Bub war beleidigt und ist abgerauscht. Und ich hab echt Stress. Ich bin eingeladen, muss noch einen Salat machen, und eigentlich wollte ich mich auch noch umziehen! Und schlechtgelaunt bin ich jetzt auch noch«, fasse ich schnell zusammen.
    Jetzt zählt hier jede Minute. Obwohl es beim Grillen ja nicht auf die Minute ankommt. Aber Kati hat neunzehn Uhr gesagt und nicht ab neunzehn Uhr. Ich hasse es, wenn Gäste einfach ein, zwei Stündchen später eintrudeln. Schon deshalb bin ich selbst auch gerne pünktlich.
    »Andrea, Herzsche, ich mach der den Salat, und du machst dich fertisch. Du siehst aus, als könnste en paar Minütscher für dich gebrauche! Nimm dir des doch net alles so zu Herze.«
    Wenn er nicht mein Schwiegervater und ein paar Jährchen jünger wäre, könnte ich mich, allein für solche Sätze, in ihn verlieben.
    »Geh halt! Ich zauber was aus dem, was mer daham«, sagt er noch mal und streicht mir liebevoll über den Kopf. Nein, Irene, den kannst du definitiv nicht haben! Zeitweise gerne – aber er bleibt hier bei mir wohnen.
    Ein Leben ohne Rudi kann ich mir kaum mehr vorstellen. Dabei war das zu Beginn ganz anders. Ich war nicht heiß drauf, dass mein Schwiegervater bei uns einzieht – und das ist noch höflich ausgedrückt. Ich habe letztlich nur eingewilligt, weil ich dachte, es sei eine vorübergehende Maßnahme, nur solange bis Rudi aus der tiefsten Traurigkeit erwacht. Jetzt ist er schon eine ganze Weile aus dieser Traurigkeit erwacht, und ich genieße seine Wachheit. Das Beste an Rudi ist sein Einfühlungsvermögen, er hat Empathie und ist nicht so krankhaft ichbezogen wie viele andere Männer. Das wird Irene momentan sicher anders sehen. Aber so leid mir das für sie tut, ich bin froh, dass Rudi uns erhalten bleibt. Im Gegensatz zu Rudi steht es bei mir mit Empathie und Ichbezogenheit nicht so gut. Daran könnte ich arbeiten – jetzt allerdings nicht.
    Im Schlafzimmer steigt meine Laune augenblicklich. Vor mir auf dem Bett liegen die Klamotten, die ich für Venedig rausgesucht habe. Die muss ich nur noch – mitsamt der heißen Unterwäsche – in meinen neuen Trolley packen, und dann kann es losgehen.
    Je mehr ich über Christoph und seine Pläne nachdenke, umso mehr freue ich mich auf mein Wochenende. Ich werde es mir hübsch machen, beschließe ich. Was der kann, kann ich auch! Rauschende Nächte und aufregende Tage werden die Hiobsbotschaft von heute wenigstens für zwei Tage vergessen machen. Ich würde am liebsten sofort losfahren.
    Jetzt geht’s aber zum Grillen. Bin gespannt, wer noch kommt. Anita, meine Nachbarin, über die ich Kati kenne, habe ich gefragt, ob sie auch dabei ist, aber sie hat leicht pikiert gesagt, dass sie nicht eingeladen sei. Was mich nicht unbedingt traurig stimmt, denn ihr Mann Friedhelm ist so oder so kein Highlight, und bei Anita kann ich mir eine gewisse Schadenfreude nicht verkneifen. Da spürt sie mal, wie das ist, wenn man plötzlich nicht mehr auf der Einladungsliste steht. Schadenfreude, mangelnde Empathie und Ichbezogenheit – meine eigene Charakter-Mängelliste wächst und wächst. Ich schlüpfe in eine frische Jeans und merke, dass heute Abend noch einiges zu tun ist. Meine Beine sind stoppelig – das hat wirklich nichts mit sexy zu tun. Für heute geht das, aber nach dem Grillen muss ich das dringend noch ändern. Auch die sogenannte Bikinizone braucht noch den letzten Feinschliff. Feinschur wäre passender. Ich für meinen Teil werde den Grillabend früh beenden und mich dann an die Körperarbeit machen.

    Bevor ich das Haus verlasse, klopfe ich bei meinem Sohn an die Zimmertür.
    »Was willst du denn noch?«, fragt er nicht gerade höflich. »Wir haben doch alles besprochen. Ist jetzt Zimmerkontrolle, oder wolltest du checken, ob ich am Rauchen bin? Oder werde ich jetzt sicherheitshalber festgekettet?«
    »Ich wollte einfach noch mal nach dir gucken«, sage ich. »Keine Kontrolle. Unser Gespräch ist irgendwie blöd gelaufen«, zeige ich dann noch Selbstkritik – normalerweise auch nicht meine

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