Aufgebügelt: Roman (German Edition)
eine sehr gewagte Schmeichelei, vor allem nachdem ich eben noch meinen Stress erwähnt habe. Aber sei’s drum, ich nehme jedes Kompliment. Bei der Menge, die ich bekomme, sollte ich nicht zu wählerisch sein. So viel zu spät scheine ich nicht zu sein, denn außer mir ist, wie es aussieht, noch kein Gast da.
»Wo sind denn die anderen?«, frage ich neugierig. »Ich dachte schon, ich wäre spät dran!«
Kati lacht. »Welche anderen?«, antwortet sie. »Wir dachten, wir machen es uns mal im kleinen Kreis gemütlich.«
Eine Grillparty mit drei Leuten! Wofür hat der arme Rudi jetzt zwei Salate gemacht? Das ist irgendwie merkwürdig.
»Wir grillen nur zu dritt? Soll ich Rudi und meinen Kindern noch Bescheid sagen? Es wäre doch schade um die Salate«, schlage ich vor.
»Nee, lass mal, wir wollten dich mal ganz für uns allein haben. Wir haben da so eine Idee – na ja, und für Kinder ist die eher nichts«, antwortet Kati und zwinkert mir zu.
So langsam wird es mir hier ein bisschen unheimlich. Was soll denn das für eine Idee sein? Offene Beziehung, Brazilian Waxing und all die anderen Dinge, von denen Kati mal bei einem Frauenfrühstück erzählt hat, schießen mir durch den Kopf. Sucht sie eine neue Gespielin für ihren Siegmar? Den-untenrum-nichts-Träger? Was für ein gruseliger Gedanke. Ich habe den Impuls, sofort wieder zu gehen.
»Trinken wir erst mal was!« Mit diesen Worten hält sie mir ein Glas hin.
Ich bin verunsichert und weiß nicht so recht, wo das hinführen soll. Was denken die beiden? Vor allem: Was wollen die beiden? Bin ich vielleicht schon ein bisschen paranoid? Vielleicht geht es ihnen ja tatsächlich nur um einen netten harmlosen Abend? Was bilde ich mir ein? Vielleicht wollen sie sich nur um eine arme Alleinstehende kümmern, mir ungeteilte Aufmerksamkeit zukommen lassen. Ich nehme den Drink, der nach sehr viel Hochprozentigem riecht, und setze mich erst mal aufs Sofa. Sie werden schon nicht ohne meine Einwilligung über mich herfallen. Vielleicht bin ich wegen meines kleinen Trips morgen auch gedanklich schon so versext – wer weiß. Man muss ja nicht gleich panisch werden. Es will mir ja nicht jeder an die Wäsche.
»Lass uns essen und trinken und ein bisschen reden, da brauchen wir doch sonst niemanden. Wir mögen es gern ein wenig intimer«, unterbricht da Kati meine Gedanken.
Siegmar hat inzwischen den Grill entzündet. Intimer? Wie – intimer? Ich werde einfach alle Avancen ignorieren. Schon deshalb spare ich mir jeden Kommentar und konzentriere mich auf mein Getränk.
»Magst du ein Würstchen?«, fragt Siegmar.
Selbst diese, an sich absolut harmlose, Frage an einem Grillabend bekommt in meinem Kopf einen zweideutigen Beigeschmack. Ich muss mich zusammenreißen.
»Gerne, Siegmar«, antworte ich deshalb, und er lacht.
Mittlerweile sitzt Kati neben mir auf der Couch und fängt schon wieder an ein bisschen touchy zu werden. Wie beiläufig legt sie mir die Hand auf den Arm.
»Und sag mal, Andrea, wie geht es dir denn so? Was machen die Männer?«
Bei diesen Worten beugt sie sich sehr nah zu mir herüber. So nah, dass ich erkennen kann, dass sie Nasenhaare hat – eine Tatsache, die mich eigentlich nicht interessiert. Ich rücke, so unauffällig wie möglich, ein wenig zur Seite, lächle freundlich, obwohl ich eigentlich aufspringen und flüchten möchte.
»Ja, alles eher noch im Entstehen, aber es läuft nicht schlecht. Also nichts Konkretes, aber einiges an Angeboten«, antworte ich. Das war jetzt ziemlich verklausulierter Mist, aber egal.
»Ich hole mir was vom Salat, okay?«, frage ich und stehe auf. »Wollen wir uns nicht raussetzen? Ist doch noch schön warm, und frische Luft tut doch immer gut!«, plädiere ich für eine etwas öffentlichere Umgebung. Der Nachteil eines Reihenhausgartens – jeder kann sehen, was der andere so treibt – wird hier eindeutig zum Vorteil.
Ich häufe mir ordentlich was von Rudis Brotsalat auf den Teller. Salat ist eigentlich der falsche Ausdruck. Es ist eine Menge fettig angebratenes Brot mit Tomate und einem Hauch Grün. Weil dieser Salat so wenig Salat hat, mag ich ihn besonders gern.
»Bei deiner Figur kannst du dir die Kohlenhydrate, die da drin sind, ja leisten«, schmunzelt Kati, und Siegmar kommt mit einem Würstchen auf mich zu.
»Esst ihr nichts?«, frage ich ein bisschen erstaunt. Ich fühle mich so langsam wirklich komisch. Wollen die mir jetzt beim Essen zuschauen?
»Wir fasten gerade, detoxen, entgiften meine ich«,
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