Aufgebügelt: Roman (German Edition)
erklärt mir Kati.
Die beiden fasten und laden mich zum Grillen! Geht’s noch bekloppter? Die eine Thüringer für mich hätten sie auch in die Pfanne legen können.
»Habt ihr jetzt wegen mir den Grill angeschmissen?«, erkundige ich mich.
»Klar, aber kein Problem, habe ich gerne gemacht«, betont Siegmar. »Grillen liegt in der Natur des Mannes! Ist meine zweitliebste Beschäftigung!« Er lacht.
Ich frage sicherheitshalber nicht nach, was seine liebste Beschäftigung ist.
»Aber wollen wir das Ganze dann nicht besser verschieben? Wir können doch warten, bis ihr auch wieder esst«, entgegne ich. Ich kann kaum glauben, was hier vor sich geht.
»Das mit dem Fasten haben wir erst beschlossen, als die Einladung schon stand, und wir wollten dich nicht wieder ausladen. Gerade in deiner Situation, da ist man ja oft empfindlich«, versucht mir Kati diese bizarre Situation zu erklären.
In meiner Situation? Ich bin ja nicht erst seit gestern getrennt und auch nicht wirklich eine Aussätzige, die sonst nirgends erwünscht ist.
»Wir setzen uns zu dir und trinken ein bisschen von unserer Gemüsebrühe«, lächelt Siegmar. »Das mit dem Fasten ist super, ich habe schon gar keinen Hunger mehr. Es läuft phantastisch!«, informiert er mich, und als er ausatmet, wabert eine Welle sehr strengen Geruchs zu mir rüber. Das ist ein erheblicher Nachteil des Fastens. Man bekommt einen fiesen Mundgeruch.
»Guck mal, meine Hose sitzt schon viel lockerer!«, zeigt er und zieht den Hosenbund nach vorne, und ich kann seinen Bauch sehen. Kein verführerischer Anblick. Weiß, haarlos, wabbelig, und das, obwohl er nicht dick ist. So sollte kein Männerbauch aussehen. Da ist mir die straffe Kugelvariante lieber. Trotzdem starre ich drauf.
»Und?«, fragt er.
Ich kann keinen Unterschied sehen, wahrscheinlich schon deshalb, weil ich mir seinen Bauch noch nie so genau angeschaut habe.
»Na ja, ich kann das nicht so beurteilen«, antworte ich diplomatisch.
»Das ist schade, aber das könnten wir ja ändern!«, kichert er und Kati lächelt mich vielsagend an.
Langsam bin ich mir sicher, dass mich meine Ahnung doch nicht getrügt hat. Die wollen was von mir! Die denken, ich bin so einsam, dass ich mit ihnen was anfange. Die wollen mir, um es mal positiv zu formulieren, aus meinem sexuellen Notstand raushelfen. Ich muss hier weg. Schnellstmöglich – auf jeden Fall, bevor es peinlich wird. Da hilft nur der bewährte Telefontrick.
»Ich muss mal gerade verschwinden!«, sage ich und husche mit Handy in Richtung Gästetoilette. Ich schreibe sowohl Mark als auch Sabine eine SMS.
An Mark: Rufe mich bitte an und sag, dass dir schlecht ist. Ich erkläre dir alles nachher!
An Sabine: Erlöse mich! Bin bei sexgierigen Nachbarn, die schlimme Dinge mit mir vorhaben. Du weißt schon, der gewaxte Typ mit Frau. Ruf mich an und erfinde irgendwas, damit ich hier weg kann. Schnell, es ist ein Notfall! Noch habe ich die Klamotten an!
Betont entspannt gehe ich zurück in die Höhle der Sexmonster.
»Und wie geht es euch so?«, lenke ich das Gespräch mal in andere Bahnen.
»Gut! So gut, dass auch andere an unserem Glück partizipieren dürfen!«, antwortet Kati, und schon wieder höre ich einen bestimmten Unterton heraus. Nicht schlüpfrig, das wäre übertrieben, aber leicht zweideutig – das trifft es.
Bevor ich antworten kann, klingelt das Handy. Sabine.
»Entschuldigt, da muss ich dran, das ist meine beste Freundin, der geht’s gerade nicht so gut.« Ich kann wirklich eins a lügen. Muss auch auf meine Charakter-Mängelliste: Profi-Lügnerin.
»Ja, Sabine, geht’s dir immer noch schlecht?«, beginne ich das Gespräch, damit Sabine gleich weiß, in welche Richtung das hier geht. Sabine könnte meine Meisterin sein. Die kann sich Geschichten ausdenken, dass man nur so staunt. So auch heute.
»Andrea, ich bin gerade mit dem Notarzt im Höchster Krankenhaus angekommen. Es könnte der Blinddarm sein, Nierensteine oder die Gallenblase. Mir ist furchtbar übel, vielleicht muss ich notoperiert werden. Mein Liebster ist nicht da, ich bin ganz allein. Kannst du kommen?« Sie schluchzt extrem laut. Das war nicht ganz das, was ich wollte. Eine Nummer kleiner hätte es auch getan.
»O Gott!«, sagt Kati bestürzt, während sie mein Gespräch belauscht.
»Ich komme natürlich! Ich bin gerade bei Freunden, aber das geht natürlich vor. Das werden sie verstehen. Ich komme in die Notaufnahme. Bin gleich bei dir, du Arme!«
Siegmar und Kati schauen
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