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Aufgebügelt: Roman (German Edition)

Aufgebügelt: Roman (German Edition)

Titel: Aufgebügelt: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fröhlich
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mich an, als wäre die Person im Spiegel nicht ich. Mit Abstand – so als würde ich eine fremde Frau in der Sauna betrachten. Meine besten Tage sind, jedenfalls figürlich gesehen, vorbei. Meine Oberschenkel haben Cellulitis, und mein Po ist auch nicht frei davon. Der Bauch hängt ein bisschen, die Brüste auch. Meine Arme sind zu dick und nicht gerade straff. Ich wirke insgesamt nicht gerade muskulös. Woher auch? Ich gehöre leider nicht zu den Frauen, die mit Inbrunst sagen: Ich kann ohne Sport nicht leben! Ich kann nämlich sehr gut ohne Sport leben. Mir fehlt diese Disziplin, um morgens vor der Arbeit noch eben mal zehn Kilometer zu joggen. Jetzt bereue ich das. Hätte ich mich doch nur aufgerafft! Meinen Schenkeln hätte es sicher genutzt. Aber zu spät. Es ist, wie es ist, und es könnte schlimmer sein. Schließlich ist Rakete auch keine dreißig mehr. Aber wahrscheinlich hatte er schon die ein oder andere Dreißigjährige im Bett, und im Vergleich wird es da für mich schon ein bisschen eng.
    Ich lege mich vorsichtig aufs Bett, um meine frisch lackierten Fußnägel nicht zu ruinieren, und schnappe mir meinen Laptop. Man kann wirklich alles googeln.
    Ich tippe ein: Wie sieht man beim Sex gut aus?
    Als Erstes springt mir eine Anzeige ins Auge: Dezente Schamlippen – für ein neues Körpergefühl!
    Das macht mich richtig wütend. Ich klicke die Seite an. Die Angebotspalette ist erstaunlich: Schamlippenverkleinerung, Vaginalverjüngung, G-Punkt-Vergrößerung, Hymenrekonstruktion und Venushügel-Sculpting. Was sollen wir denn noch alles renovieren? Ticken die noch richtig? Gibt es jetzt sogar die idealen Schamlippen? Darf man nur noch Sex haben, wenn man zuvor vaginal verjüngt wurde? Sind wir Frauen verrückt geworden? Würden Männer so etwas tun? Lassen die sich ihre Hängeeier anheben? Lassen die sich ihren Penis straffen, oder ist der per se so ein hübsches Körperteil? Das klingt jetzt vielleicht ein wenig voreingenommen, aber mal ehrlich: Welches Unterleibskörperteil an sich hübscher ist, darüber sollte ja wohl kein Zweifel herrschen! Ich gebe zu, mit Fragen wie Venushügel-Sculpting und Vaginalverjüngung habe ich mich bis gerade eben noch nie beschäftigt. Und werde ich in Zukunft auch nicht! Irgendwo ist wirklich mal Schluss! Wann soll ich das denn noch machen? Und vor allem, wie sollte ich das bezahlen?
    Zurück zum Ausgangsthema: Wie sieht man beim Sex irgendwie vorteilhafter, mit anderen Worten weniger fett aus? Um den Bauch zu verbergen, lese ich, muss man sich auf den Rücken legen und eine Art Brücke machen, also das Becken und die Hüften anheben. Immerhin darf man sich dabei mit den Unterarmen abstützen. Ich probiere es aus. Nicht schlecht, der Bauch sieht jedenfalls flacher aus. Um die Beine schlanker wirken zu lassen wird empfohlen, sie in die Luft zu recken. Wer Bauch und Beine gleichzeitig schöner aussehen lassen will, hat damit allerdings ein Problem. Man kann kaum die Beine in die Luft strecken, während man eine Art Brücke macht, außer man arbeitet nebenher im chinesischen Staatszirkus als Artistin, aber dann hat man garantiert einen Körper, der solcherlei Ablenkungsmanöver nicht nötig hat. Generell soll man die Aufmerksamkeit auf Körperteile lenken, die einem selbst gut gefallen. Meine Hände?
    Ich forsche weiter im Internet. Guter Sex – was macht den aus? Leidenschaft, Abwechslung, Hemmungslosigkeit und Aufregung. Na, da wäre ich selbst ja nie drauf gekommen! Kontrollverlust soll sexy sein?
    Probieren Sie es mal mit dem Pistenspiel, um Aufregung in Ihr Liebesleben zu bekommen , schlägt eine Zeitschrift vor. Sie ziehen sich aus und legen mit Ihren Kleidungsstücken eine Spur bis zum Bett, und auf dem haben Sie sich drapiert – nackt natürlich . Das wäre machbar, auch in einem Hotelzimmer.
    Ich beschließe, nicht noch mehr zu lesen, denn je mehr ich über Sex lese, desto ängstlicher werde ich. Der vernünftigste Tipp erscheint mir: Entspannen Sie sich, und vermeiden Sie grelles Licht. Das mit dem Licht werde ich auf jeden Fall machen! Für die Entspannung brauche ich mit Sicherheit den einen oder anderen Drink.

    Um 23:30 Uhr klopft es an meine Tür. Claudia ist zurück.
    »Na, Mäuschen, wie ist es?«, frage ich freundlich. »Geht’s dir besser?«
    »Ne«, knurrt sie nur. »Der hat sich einfach nicht gemeldet! Nicht eine SMS, der war nicht mal online bei WhatsApp!«, jammert sie. Während sie das sagt, zieht sie ihr Handy aus der Hosentasche und schaut drauf.

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