Aufgebügelt: Roman (German Edition)
Basar. Der Vormittag vergeht im Nu.
»Wir sollten heute Nachmittag eine Tour mit dem Boot machen!«, schlägt Tini vor.
»Gute Idee!«, befindet sogar Rakete. »Lass uns das mal mit den anderen besprechen.«
In Taksim, einem angesagten Stadtteil, treffen wir den Rest der Gruppe. Sie sind extrem gutgelaunt, und die Menge ihrer Einkaufstüten zeigt auch, warum. Selbst Will und Little Ed sind ganz beseelt.
»Heute Abend gehen wir noch mal mit den Kollegen weg. Ihr könnt mitkommen!«, sagt Horst ganz beiläufig, und Will ergänzt mit Blick auf Steffi: »Ich wollte keinen Abend mehr ohne dich verbringen.«
Mir fällt auf, dass sie ein Schraubenarmband trägt. Steter Tropfen höhlt eben doch manchen Stein. Steffi bemerkt meinen Blick.
»Schön, gell? Hat sogar einen kleinen Brilli!«, schwärmt sie.
Also war es mit Sicherheit teurer als das von Conny, und somit scheint das seelische Gleichgewicht von Steffi wiederhergestellt.
Alle haben Lust auf eine Bootstour. Vorher wollen sie allerdings noch eben mal durch die Geschäfte in Taksim ziehen.
»Hier soll man phantastisch einkaufen können!«, begeistert sich Conny.
Das hier ist letztlich ein riesiger Wochenendeinkauf, getarnt als Städtereise. Ich finde die Geschäfte in Taksim eher enttäuschend. Es gibt all das, was es bei uns auch gibt. Von Benetton über Mango bis zu Zara. Ich mag Shoppen, aber in diesen Dimensionen ist mir das wirklich zu viel, und ich empfinde es als öde. Vor allem, wenn man, wie ich, kein Geld mehr hat. Natürlich könnte ich mein Kreditkärtchen zücken, aber auf dem Konto sieht es auch nicht besonders gut aus, und irgendwas wollen meine Kinder und ich diesen Monat ja auch noch essen. Einkaufen zu gehen und zu wissen, dass man nichts kaufen kann oder sollte, ist nicht besonders erquickend.
Ich bin froh, als es Richtung Bootstour geht. Mit großer Geste bezahlt Rakete unsere Tickets. Alle. Mit 3,50 Euro pro Ticket allerdings auch keine wirklich große Investition. Die Bosporus-Bootsfahrt ist wunderschön. Ich liebe das Meer, und man hat einen unvergleichlichen Blick auf die riesige Stadt. Zu wissen, dass man zwischen Europa und Asien hin und her cruist, ist toll. Vor allem, weil alles herrlich friedlich ist und leise. Der Geräuschpegel der Stadt liegt in der Ferne, und bei einem Tee und wunderbarem Sonnenschein genießen wir den Ausblick. Ich könnte Stunden hier verbringen, würde mir liebend gern den Sonnenuntergang vom Boot aus betrachten, aber leider sind wir abends verabredet.
»Es kommen zwei Kollegen vom führenden Maklerbüro in Istanbul, und es ist wirklich eine große Ausnahme, dass Frauen mitdürfen! Ihre eigenen Frauen bleiben selbstverständlich zu Hause«, erklärt uns Will.
Selbstverständlich! Wie gnädig von unseren Herren.
»Wir gehen ins 360Istanbul, das gilt als echter In-Treff, absolut hip!«, begeistert sich Conny.
Na, da bin ich ja da genau richtig. In-Treff! Sofort überlege ich, was ich anziehe. Hipper In-Treff? Was trägt man da? Ich frage die anderen Frauen nach dem Dresscode.
»Sexy und stylish!«, antwortet Steffi und guckt mich einen Hauch mitleidig an. Glaubt die, dass ich das nicht drauf habe? Das wollen wir doch mal sehen!
Bis wir im Hotel sind, ist es schon spät. Die Zeit drängt. Ich bin ganz froh – so kann Rakete nicht auf irgendwelche Ideen kommen. Ich ziehe mein Wickelkleid an. Schwarz, an sich eine Nummer zu eng, aber zum Glück hat das Kleid einen hohen Stretchanteil. Wickelkleider machen ein sexy Dekolleté, und durch die Raffungen sieht man den Speck an den sonstigen Stellen nicht so sehr. Dazu die neuen Mörder-High-Heels und meine neue Tasche. Mir ist klar, dass sie für eine Abendtasche etwa drei Nummern zu groß ist, aber sie sieht trotzdem gut aus, auch wenn ich sie nicht in eine Clutch verwandeln kann. Ich toupiere und spraye meine Haare dermaßen ein, dass wahrscheinlich ein kleines Ozonloch nach mir benannt wird. Aber ich finde, das Ergebnis kann sich sehen lassen. Es sieht gut aus. Elegant und sexy. Besser kann ich es nicht. Rakete mustert mich. Ich drehe mich einmal um die eigene Achse, gar nicht einfach auf Zwölf-Zentimeter-Lackpumps, und frage: »Und?«
Seine Antwort ist nicht ganz so wie erwartet. »Wie alt bist du eigentlich?«, will er wissen.
»Alt genug!«, weise ich ihn dezent zurecht.
Meine Güte. Ein kleines Du-siehst-toll-Aus wäre doch nicht so schwer gewesen. Immerhin, als wir die anderen treffen, macht mir Horst, mein Liebling, ein Kompliment.
»Rasant
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