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Aufgeflogen - Roman

Aufgeflogen - Roman

Titel: Aufgeflogen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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wieder.
     
    Adamu lachte auch, seine weißen Zähne blitzten, seine Augen funkelten. Ja, es klingt wie Klischee, aber genau so sah das aus, wenn der dunkle Mann aus Uganda, der oft so schweigsam war, aus sich herausging, wenn er sprach oder auch sang, wenn er für einen Moment vergessen konnte, dass er in diesem Land als Asylbewerber abgelehnt worden war, dass er untertauchen musste, wenn er nicht abgeschoben werden wollte ineine Heimat, die schon längst nicht mehr seine Heimat war.
    Adamu erzählte nicht viel über die Zeit, bevor er nach Deutschland gekommen war. Isabel sagte mir irgendwann, dass er Kindersoldat gewesen war, dass er viel Schlimmes erlebt hatte, vielleicht auch selbst Menschen auf dem Gewissen hatte. Er war geflohen, hatte sich durchgeschlagen, war endlich im Land seiner Hoffnung angekommen, doch sie glaubten ihm nicht. Wie ließ sich beweisen, dass er schon als Kind gezwungen worden war, in einem fatalen Bürgerkrieg auf andere Menschen zu schießen? Warum waren die Zeichen von Folter an seinem Körper, die Brandnarben von Zigaretten an seinen Armen nicht Beweis genug dafür, dass er in seiner Heimat einer großen Gefahr ausgesetzt war?
    »Wir sind zu viele, die hier leben möchten«, sagte Adamu. »Und ihr wollt, dass euer Land so bleibt, wie es ist.«
     
    Von mir ließ sich Isabel nicht helfen, aber Adamu hatte ihr den Job als Küchenhilfe in der Bergmannstraße besorgt, und er achtete auch darauf, dass sie dort in der Küche gut behandelt wurde. Der Restaurantbesitzer hatte Isabel mit zwei Euro die Stunde abspeisen wollen, aber Adamu hatte nur den Kopf geschüttelt.
    »Das Doppelte.«
    »Du willst mich ruinieren.«
    »Armer deutscher Mann.«
    »Noch ein dummes Wort und du fliegst raus.«
    Adamu hatte den Mund gehalten, war mit dem Zeigefinger über die Narben an seinem Unterarm gefahren und hatte dann weitergearbeitet.
    So hatte Isabel es mir erzählt. Für sie war Adamu ein Held.
     
    Nachdem sie und Mehmet aufgehört hatten zu tanzen, dachte ich, meine Zeit wäre gekommen. Aber Isabel ging auf Adamu zu, zog ihn an der Hand hoch, und wir staunten darüber, wie elegant und cool es aussah, wenn dieser große, kräftige Mann tanzte. Isabel versuchte, einige seiner Bewegungen nachzuahmen, aber es gelang ihr nicht ganz. Sie lachte, Adamu zeigte ihr, wie man in seinem Land tanzte, er begann zu singen, er nahm ein Holzbrettchen vom Tisch und schlug mit einem Messer dagegen. Für diese wenigen Minuten war Adamu Musiker. Nicht Soldat, nicht Geschirrspüler. Aber im Land seiner Träume war für seine Träume kein Platz.
     
    Wer nicht legal in Deutschland lebt, kann auch nicht legal arbeiten. Das hatte ich inzwischen gelernt. Er ist nicht krankenversichert, er bekommt keine Sozialleistungen, kein Arbeitslosengeld, nichts. Er kann auch nicht betteln oder Musik machen, denn wer das tut,fällt der Polizei auf und kommt in Abschiebehaft. Er sollte nicht zu oft seine Sprache auf offener Straße sprechen und er sollte möglichst deutsch und assimiliert aussehen.
    Wer nicht legal in Deutschland lebt, hat keine Rechte. Wenn der Restaurantbesitzer Isabel oder Adamu kein Geld gab, konnten sie es nicht einklagen, ihn nicht anzeigen, sich nirgends beschweren.
    »In Afrika war ich verfolgter Mensch, hier bin ich geduldeter Sklave«, sagte Adamu. Aber er blieb. Denn einmal aus der Heimat geflohen, war eine Rückkehr fast unmöglich.
     
    Tatjana war neu in der Runde bei Mehmets Eltern. Sie hatte Blinis mitgebracht, tauschte mit Mehmets Mutter Rezepte, erzählte von der Weihnachtsbäckerei ihrer Oma. Sie kam aus Georgien, war noch keine Illegale, aber sie stand kurz davor. Sie hatte eine Stelle als Au-pair-Mädchen bei einer Berliner Familie, aber die Zeit war bald zu Ende. Tatjana war klug genug, sich vorher eine neue Wohnung zu suchen, da jetzt mit der Aufenthaltsgenehmigung noch alles in Ordnung war. Auch war sie bereits auf der Suche nach einem neuen Job.
    »Und nach einem deutschen Mann«, sagte sie völlig offen. »Wenn ihr einen netten kennt, der zu haben ist   – bitte Bescheid sagen. Ich will hierbleiben.« Alle Gäste des Festes versprachen, sich nach einem ordentlichendeutschen Mann für Tatjana umzusehen. Sie zwinkerte mir zu.
    »Ich weiß, du bist vergeben. Aber vielleicht hast du einen größeren Bruder oder Cousin?«
    »Wie wär’s mit Ben?«, fragte mich Isabel im Scherz.
    »Dann eher Bens Vater«, antwortete ich. »Den hat gerade seine Frau verlassen.«
    »Ich bin eine gute Trösterin«,

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