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Aufruhr in Oxford

Aufruhr in Oxford

Titel: Aufruhr in Oxford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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interessiert.
    Seine Augen waren unter den halbgeschlossenen Lidern hellwach. Er kam ihr vor wie eine Katze vor dem Mauseloch. Oder identifizierte sie ihn im Unterbewußtsein mit seinem Wappen? «Schild: drei springende Mäuse, Silber auf schwarzem Feld; ein Halbmond als Beizeichen; Helmzier: eine Hauskatze …»
    «Natürlich», sagte Miss Hillyard in hartem, sarkastischem Ton, «wenn Sie der Meinung sind, private Verpflichtungen gingen den beruflichen vor …»
    («… zum Sprung geduckt, in natürlichen Farben.») Darauf hatte er also gewartet. Man sah förmlich, wie das seidige Fell sich sträubte.
    «Natürlich sage ich nicht, man solle seinem Beruf aus privaten Gründen untreu sein», erwiderte Miss Lydgate. «Aber wenn man private Verantwortung übernimmt, hat man da doch sicher auch Verpflichtungen. Und wenn der Beruf diesen entgegensteht, sollte man den Beruf vielleicht aufgeben.»
    «Ganz Ihrer Meinung», sagte Miss Hillyard. «Aber meine eigenen privaten Verpflichtungen sind gering an der Zahl, und ich habe womöglich kein Recht, da mitzureden. Was ist denn Ihre Meinung, Mrs. Goodwin?»
    Es trat eine äußerst peinliche Stille ein.
    «Wenn Sie das auf mich persönlich beziehen», antwortete die Sekretärin, indem sie aufstand und die Professorin ansah, «bin ich so sehr Ihrer Meinung, daß ich die Rektorin bereits gebeten habe, meine Kündigung anzunehmen. Nicht wegen irgendwelcher monströser Beschuldigungen, die gegen mich erhoben wurden, sondern weil ich erkannt habe, daß ich unter den gegebenen Umständen meine Arbeit nicht so tun kann, wie ich sollte. Aber Sie sind alle sehr im Irrtum, wenn Sie annehmen, daß der ganze Ärger hier am College etwas mit mir zu tun habe. Ich gehe jetzt, und Sie können über mich erzählen, was Sie wollen – aber ich darf vielleicht sagen, daß jemand, dem es auf die Tatsachen ankommt, sich lieber aus unvoreingenommenen Quellen informieren sollte. Miss Barton zumindest wird mir zustimmen, daß der Geisteszustand ein Faktum ist wie jedes andere.»
    In die entsetzte Stille, die darauf folgte, ließ Lord Peter vier Worte fallen wie Eiswürfel:
    «Gehen Sie bitte nicht.»
    Mrs. Goodwin hielt inne, die Hand schon an der Tür.
    «Es wäre sehr bedauerlich», sagte die Rektorin, «wenn hier etwas persönlich aufgefaßt würde, was in einer allgemeinen Diskussion gesagt wird. Ich bin der Überzeugung, daß Miss Hillyard nichts dergleichen gemeint hat. Natürlich haben manche Menschen bessere Gelegenheit als andere, beide Seiten eines Problems zu sehen. In Ihrem Metier, Lord Peter, müssen solche Loyalitätskonflikte doch häufig vorkommen, nicht?»
    «O ja. Einmal glaubte ich mich vor der hübschen Alternative zu sehen, entweder meinen Bruder oder meine Schwester an den Galgen zu bringen. Zum Glück kam es nicht soweit.»
    «Aber angenommen, es wäre soweit gekommen?» fragte Miss Barton, genußvoll das argumentum ad hominem heftend.
    «Hm, ja – was macht der ideale Detektiv in so einem Fall, Miss Vane?»
    «Das Berufsethos», sagte Harriet, «würde ein abgerungenes Geständnis und dann Gift für zwei in der Bibliothek erfordern.»
    «Sie sehen, wie leicht es ist, wenn man sich an die Regeln hält. Miss Vane hat keinerlei Skrupel. Sie würde mit fester Hand eher meine Existenz auslöschen als meinen Ruf schädigen. Aber die Frage ist nicht immer so einfach. Wie steht es mit dem genialen Künstler, der vor der Wahl steht, entweder seine Familie verhungern zu lassen oder Kitsch zu fabrizieren, um sie zu ernähren?»
    «So ein Mann hat einfach keine Familie zu haben», entschied Miss Hillyard.
    «Armer Teufel! Dann steht er vor der weiteren interessanten Alternative zwischen Enthaltsamkeit und Unmoral. Ich nehme an, Mrs. Goodwin wäre gegen die Enthaltsamkeit, und manch andere wären gegen die Unmoral.»
    «Das tut nichts zur Sache», sagte Miss Pyke. «Sie haben ja schon Frau und Kinder vorausgesetzt. Also – er könnte die Malerei aufgeben. Wenn er wirklich ein Genie ist, wäre das zwar ein Verlust für die Welt. Aber er darf keinen Kitsch malen – das wäre wirklich unmoralisch.»
    «Warum?» fragte Miss Edwards. «Was schaden ein paar Kitschbilder mehr oder weniger?»
    «Natürlich schaden sie», sagte Miss Shaw. Sie verstand einiges von Malerei. «Ein schlechtes Bild von einem guten Maler ist ein Verrat an der Wahrheit – an seiner Wahrheit.»
    «Das ist nur eine relative Wahrheit», widersprach Miss Edwards.
    Die Dekanin und Miss Burrows bissen auf diese

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